SpellForce 3
SpellForce 3
05.04.2025
Würdige Fortsetzung
Das hybride Spielprinzip aus Rollenspiel und Echtzeitstrategie ist nach wie vor einzigartig und funktioniert auch im dritten Teil sehr gut. Hier wurde der Fokus indes etwas umgeschichtet: Statt einer größeren Heldentruppe und reduziertem Basenbau haben wir nun eine kleinere Party mit stärkerem Ressourcen- und Arbeitermanagement. Zusätzlich wurde der Rollenspielaspekt verschlankt und statt Mana gab es nur noch Cooldowns.
Für mich als jemand, dem die Story und Charaktere immer wichtiger waren und für den der Strategiepart eher ein nettes Gimmick darstellte, um meinen Helden das Leben zu erleichtern, ist diese Designentscheidung ein Schritt in die falsche Richtung. Vielleicht liegt mir aber auch Strategie Marke Age of Empires / Warcraft mehr als diese Mischung aus Company of Heroes / Northguard und Konsorten. Weil das Geschmacksache ist, kann ich hier aber gut mit meiner Kritik hinter Berg halten. Bei den (deutschen) Synchronsprechern gibt es derweil nichts zu motzen, hier ist alles auf Klasseniveau.
Was mich dagegen gestört hat, war das Erkunden der Welt Eo und die eigentliche Story. Die ist an sich interessant und gut erzählt, spielt als Prequel jedoch vor den Geschehnissen der Vorgänger. Als einfaches Tool, damit auch Serienneulinge verstehen, worum es geht, sorgte der Zeitsprung derweil meiner Meinung nach für eine Art Belanglosigkeit. Denn das, was SpellForce so besonders gemacht hat, war die Welt, mit ihren zerklüfteten und nur durch Portale verbundenen Inseln, die, dem Gang durchs Stargate-gleich, uns immer Neues offenbarten. In SpellForce 3 bereisen wir dagegen eine zusammenhängende Welt vor der kataklysmischen Convocation, was sich eher wie ein Neverwinter Nights oder (nicht zuletzt durch den Artstyle) Diablo IV anfühlt.
Dadurch erscheint dieser Ableger wie ein Rollenspiel unter vielen. Schlecht ist SF3 deshalb nicht und Neueinsteiger dürften sicherlich ihren Spaß haben; für mich als Serienfan ist aber so gut wie nichts von der Geschichte um die Magier und die Seuche des ‚Blutbrands‘ hängen geblieben. Tatsächlich kamen erst beim Nachlesen ein paar Erinnerungen hoch – Erinnerungen an einige recht spaßige Stunden, die jedoch meine kindliche Freude von früher nicht replizieren konnten. Gut, damals war ich eben erst 14, doch die Hoffnung war da. Trotzdem keine Sorge, ein Verriss wird diese Review nicht, kann ich doch nun froh verkünden, dass zumindest der Soundtrack dem der Vorgänger in nichts nachsteht.
Wobei, so ganz korrekt ist das nicht. Schließlich reden wir bei der Musik zu SpellForce 2: Shadow Wars von einem der besten Fantasy-Rollenspiel-Scores aller Zeiten, der im besten Sinne der Epik von Howard Shores Arbeit für die Der Herr der Ringe-Filme nacheifert. SpellForce 3 erreicht diese dynamische Reichweite aus wuchtigem Schlachtendrama und Herzschmerzmelodien zwar weniger, trotzdem spielt es in der oberen Liga der stimmungsvollen Musikbegleitungen … doch von vorn.
Der Original Soundtrack umfasst 50 Tracks und versorgt uns knappe drei Stunden mit herrlichem Fantasy-Allerlei. Komponist Bastian Kieslinger, der als Audio Director und Sound Designer bei Grimlore Games tätig ist, weiß, wie ein guter Score funktioniert. Leider findet sich im Netz kaum etwas über den Deutschen. Lediglich folgende Biografie konnte ich der Seite music-week.com entnehmen:
[Bastian Kieslinger absolvierte] das Gamedesign Bachelor und Master Studium [sic] an der Mediadesign Hochschule München, jeweils mit Auszeichnung als Jahrgangsbester. Schon während des Studiums arbeitete Bastian an Musik und Sound Design für verschiedene Projekte von Wolpertinger Games (Phobos, Poopocalypse, Ravensburger Puzzle), Brightside Games (Zeit²), Realmforge (Dungeons) und Coreplay (Chaos Chronicles). […] Eine Auswahl seiner Arbeit zum Reinhören gibt es auf seiner SoundCloud.
Abseits seiner Soundcloud-Tracks erweist es sich als schwierig, in weitere seiner Kompositionen reinzuschnuppern. Ich kann deshalb nur vermuten, dass er in den kindlichen Dungeons-Spielen der Realmforge Studios zum ersten Mal seine Fantasy-Ader ausleben konnte und sie nun in SpellForce 3 zum Erblühen bringt. Oder Spritzen? Diese Metapher funktioniert irgendwie nicht so optimal … egal. Was dagegen gut funktioniert (eine Überleitung aus dem Himmel!) ist das Hauptmotiv des Scores. Das hören wir im ersten Track und bekommen innerhalb von wenigen Sekunden ins Gesicht geballert, dass Kieslinger es ernst meint.
Bastion beginnt mit einer Ouvertüre aus Streichern, die schnell durch einsetzende Trommeln und einen Männerchor abgelöst werden, wie wir ihn aus Sykrims Dragonborn-Theme kennen: Kurze Rufe in einer erdachten Sprache, die, gestützt durch die Bläser, anschwellen und bei Sekunde 51 kurz innehalten. Ein Moment, ein Augenblick, ein Plateau. Dann entlädt sich das Orchester in seiner ganzen Gewalt zu einer Symphonie aus Heroik und unnachgiebiger Schönheit. In dieser Schlachtenhymne trifft das Runes of Magic-Theme auf Overwatch, Pathos auf Perfekt. Es gibt nichts, was ich kritisieren kann, keine Note wirkt überflüssig oder fehl am Platz.
Eine Minute ist vergangen, Bastion wird müde, der Ansturm ist vorbei. Das Ritardando zwingt das Stück ins Schritttempo, die Streicher und zarten weiblichen Vocals begleiten uns. Die Schlacht wurde geschlagen, der Kampf liegt hinter uns – doch wir sind noch nicht am Ende. In typischer Hollywood-Manier blicken wir auf die Szenerie, verlassen den Boden und fliegen gen Himmel, als sich das Orchester ein letztes Mal erhebt: Katharsis, beflügelt, befreit. Es ist geschafft … was ein Einstieg! Das Theme wird uns als Zitat auch in anderen Tracks wie Face the Light begegnen, nie jedoch in dieser Gewalt.
Dieses hohe Niveau erreicht Kieslinger in diesem Ausmaß leider nicht mehr, was sein Schaffen von den Werken seiner Kollegen in den Vorgängern unterscheidet, aber er hat noch einige Banger im Köcher: Greykeep ist das Theme für die Zitadelle der Menschen und erhält als solches, wie bei Heroes of Might and Magic V oder dem korrespondierenden Hawkeyrie aus SpellForce 2, engelsgleiche Qualitäten. Diese erwecken, durch entschlossene Bläser und Percussions unterfüttert, eine standhafte, ja wehrhafte Herrschaftlichkeit.
Viele weitere Stücke schwimmen im Fahrwasser toller Vorlagen wie von Dragon Age: Inquisition oder den späteren Final Fantasy-Teilen und transportieren gekonnt die klassische Heldengeschichte. Düstere oder bedrückende Töne finden wir trotz der Geschichte wenig, womit Kieslinger dem Stil der Vorgänger folgt. Das behutsame Klavier in Rest oder Mulandir, der Chor in Don’t Cry, Sister Forest, die Arie in Bitter Still oder das melancholische Fields of the Past – wie schon die Stücke von Sillescu und Langer (bzw. ihren respektiven Vorbildern aus Der Herr der Ringe) sind sie alle Zeichen eines Scores, der die Schönheit in der Traurigkeit sieht, nicht ihre unausweichliche Bedrückung.
Weitere Highlights umfassen für mich das hoffnungsvolle Angar Arandir sowie das dramatische March of Destiny, das mich ein wenig an das später erschienene Baldur’s Gate 3 erinnert. Black Blizzard lässt indes dezente Fluch der Karibik-Vibes aufkommen und Red Morass wirkt wie ein fatalistisches Supreme Commander im Fantasy-Gewand. Viele der restlichen Tracks rangieren auf gleichsam hohem Niveau, Speerspitze bilden für mich dennoch diese insgesamt sieben Tracks (siehe Liste).
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.





