Alarmstufe gelb

Anfänglich sollte der zweite Teil der Command & Conquer-Reihe, Alarmstufe Rot (engl. Red Alert), mit der Geschichte des Vorgängers Tiberian Dawn verknüpft sein. Deshalb hieß das Spiel ursprünglich auch Command & Conquer – Teil 2: Alarmstufe Rot. Doch Westwood hatte andere Pläne und spaltete die Strategiereihe in zwei alternative Richtungen auf. Anders als bei Blizzards nur namentlich verwandten StarCraft– und Warcraft-Spielen, waren die Storystränge von Command & Conquer dabei immer recht nah beieinander – klar, sollten ja im selben Universum spielen.

Während sich die Tiberium-Serie um den namensgebenden Kristall und den Kampf von GDI und Nod dreht, spielt Alarmstufe Rot in einem abgedrehten Paralleluniversum, bei dem Zeitreisen und mit Raketen bewaffnete Delfine noch das Normalste sind. Da Alarmstufe Rot hierzulande aufgrund seiner Gastauftritte von Hitler sowie den teils blutigen Cutscenes nur geschnitten auf den Markt kam und ich trotzdem noch zu jung dafür war, hatte ich nie wirklich Berührungspunkte mit dem Kampf von Sowjetunion und Alliierten. Fremd fühlt es sich aber nicht an, denn prinzipiell tun wir in beiden Spielen das Gleiche: Basisbau, Rohstoffsammeln, Einheitenrekrutierung, Gegnerzerlegung.

Spiele der Command & Conquer-Reihe

Command & Conquer: Der Tiberiumkonflikt (1995)

Command & Conquer: Alarmstufe Rot (1996)

Command & Conquer: Tiberian Sun (1999)

Da hören die Ähnlichkeiten indes noch nicht auf, denn auch musikalisch gleichen sich die C&C-Brüder. Hier wie dort ist Rockmeister Frank Klepacki am Werk, der schon bei Tiberian Dawn den Ton der Serie setzte und ihn in Alarmstufe Rot nahtlos fortführt: Harte E-Gitarren, ein wuchtiges Schlagzeug und Synthies bekommen wir in dem Score, der je nach Release 16 bis 22 Tracks bietet, en masse serviert.

An vorderster Front steht dabei Hell March, quasi das Theme der Alarmstufe Rot-Reihe, das die gerade genannten Elemente clever mit Marschgeräuschen und dem Appellruf „Die Waffen, legt an!“ (ja, wirklich in Deutsch), kombiniert. Sofort sind wir in einer verqueren, schießeisengeilen Welt, in der unser Kopf befehlshörig abwechselnd Vor- und Rückwärtsgang einlegt. Fun Fact: Wikipedia zufolge war der Track eigentlich als Theme der Bruderschaft von Nod im Tiberian Dawn Addon The Covert Operations gedacht … so kann’s gehen.

Nachdem C&C herauskam, verschwendeten wir keine Zeit damit, Covert Ops auf den Markt zu werfen. Ich schrieb einige weitere Themes im Ambient-Stil, um die sie mich gebeten hatten, und dann begann ich an diesem Heavy-Metal-Song zu basteln, den ich für das nächste große C&C-Spiel auf Nod abstimmen wollte. Brett Sperry kam in mein Büro und sagte: „Hast du etwas, das ich für das neue C&C hören kann?“ Ich spielte es ihm vor. Er fragte: „Wie heißt es denn?“ Ich sagte „Hell March“. Er sagte: „Das ist der Titelsong für unser nächstes Spiel.“

Komponist Frank Klepacki über Hell March

Nach diesem Highlight fällt der Score dann für mich Nicht-Nostalgiker ein wenig in die Kategorie ‚nett‘. Vieles davon habe ich so oder so ähnlich schon in den anderen C&C-Teilen gehört, wo es mich dank rosa Brille mehr catcht als hier. Ausnahmen sind das im Track Smash versteckte Surf No Mercy, das im Stil eines Surf-Rock-Tracks die versteckte Easter-Egg-Kampagne gegen riesige Ameisen begleitet oder die Raren-Stücke, die etwas Abwechslung in die ‚Monotonie‘ bringen. Trotzdem mag ich die hier gebotene Mixtur aus schräbbeligem Rock und trancigem Electro, weil sie mich zum Teil an Emergency 2 und Mortal Kombat erinnert.

Im Übrigen erhielt der Score im Releasejahr von den Spielemagazinen PC Gamer und Gamesclice die Auszeichnung ‚Bester Videospiel Soundtrack‘. Deshalb hier nochmal der Vermerk: Schlecht ist er nicht, nur eben … alt. Zudem wurde der Score im Zuge der 2020er Remastered Collection, wie schon Tiberian Dawn, noch einmal neu eingespielt. Neben ein paar Stücken, die es damals wohl nicht in den OST des Hautpspiels und der Addons geschafft haben, gibts aber auch bei den 51 Tracks quasi ’nur‘ das Bekannte in besserer Qualität. Nice to have, aber kein Dealmaker. Trotz Neuauflage bleibt der Score also, wie so häufig, ein Kind seiner Zeit.