Techno-Dämmerung

Als jemand, der zum Release von Tiberian Dawn (zu deutsch Der Tiberiumkonflikt) zarte drei Lebensjahre bemaß und folglich noch nicht einmal wusste, wie man einen Computer anschaltet, fand ich meinen Einstand in die Command & Conquer-Reihe erst Jahre später mit Command & Conquer 2: Tiberian Sun – gut, dafür war ich zwar immer noch viel zu jung, aber die Faszination Echtzeitstrategie ließ mich schon damals nicht los. So gut wie jedem Zocker sollte C&C etwas sagen. Selbst wenn man es nie selbst besessen hat, irgendeine Berührung mit der Marke hatte so gut wie jeder. Sei es der Kampf zwischen GDI und Nod mit Glatzen-Per Kane, oder die alternative Zeitlinie mit zeitreisendem Einstein und Stalin.

Auch wenn sie heute etwas in Vergessenheit geraten und durch Electronic Arts zu Tode geschunden worden ist, hatte ich mit so gut wie jedem Teil meine Freude. Allerdings habe ich mich selbst trotz Remaster nie an den Urvater getraut, weshalb ich keine Verbindung zu dem Spiel besitze und dem dazugehörigen Soundtrack jungfräulich lauschen durfte.

Spiele der Command & Conquer-Reihe

Command & Conquer: Der Tiberiumkonflikt (1995)

Command & Conquer: Alarmstufe Rot (1996)

Command & Conquer: Tiberian Sun (1999)

Der wurde damals von Rockröhre Frank Klepacki komponiert und umfasst 25 Tracks. Auch wenn er nicht deckungsgleich mit dem Original ist, werde ich übrigens auch den Score des 2020 erschienenen Remaster hier auflisten. Scheinbar wurden allerdings Überstunden geschoben, da er mit 46 Tracks mehr als doppelt so viele wie die 95er-Version ins Feld führt. Kann aber auch daran liegen, dass Stücke aus dem Addon The Covert Operations enthalten sind. Beim Inhalt sind sich die beiden dagegen sehr ähnlich:

Schon nach wenigen Sekunden in den ersten Tracks wird klar, dass ich in Tiberian Sun eine Fortführung von Klepackis Arbeit erlebt habe. Denn die E-Gitarren-Riffs und Synthie-Beats kenne ich schon aus dem Nachfolger. Als echtes Kind der 90er versucht der Score dabei die Strömungen der Dekade zu verbinden, was zu einer irren Mischung aus Synthies (No Mercy), trancartigem Groove (Re-con), Techno und eben Metal-Rock (Prepare for Battle) führt. Weil das alleine aber nicht schon abgedreht genug ist, wurden Samples von Einheitensprüchen und Cutscenes mit verwurstet. Das kann gut, aber ebenso schnell trashig klingen.

Dazu eine Anekdote: Ungefähr zur gleichen Zeit, als das Game rauskam, habe ich noch mit Spielzeugautos gespielt. Mein Liebling war ein Polizeiwagen, der mit vier Knöpfen ausgestattet war, die bei Betätigung einen Spruch abspielten, beispielsweise „Banküberfall!“ Nun wurde dieser Spruch jedes Mal abgespielt, wenn ich auf den Knopf gedrückt habe. Jedes Mal. Sofort. Und bei mehrfachem Drücken auch mehrfach. Ihr wisst, wohin das führt.

Ähnlich also wie Klepacki habe ich bereits im zarten Alter von drei Jahren gelernt, wie sich die verschiedensten Variationen mit so einfachen Worten wie „Banküberfall“ zu einer rhythmischen, wenn auch sehr nervigen Aneinanderreihung von Silben verarbeiten lassen  – bei mir sehr zum Leidwesen meiner Eltern. Aber hätten Sie die Musik von Klepacki gehört, vielleicht hätten sie mein Talent erkannt! Jenseits dieser geschmackvollen Geschmacksverirrungen gibt es immer wieder Tracks, die eher an Age of Empires (Prepare for Battle) oder Detective Conan (Rain in the Night) erinnern. Diese Experimente können merkwürdig wirken, gleichzeitig darf man aber auch nicht vergessen, dass es sich hier immer noch um Hintergrundmusik für ein Strategiespiel handelt, die eher begleiten statt treiben soll.

Was Klepacki hier zusammengezimmert hat, ist ein Grundstein für die späteren Teile und wegweisend, sollte aber auch deutlich als Erzeugnis seiner Zeit benannt sein. Wem der Stil von damals zusagt, wird hier Spaß haben und Kennern wohlige Nostalgieschübe verpassen. Ich bleibe da beim Nachfolger, der etwas stringenter bleibt.