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Beasts and Bumpkins

Erscheinungsdatum: 1997
Art: Gamerip
Komponist(en): James Hannigan
Trackzahl: 7


Intermezzo

Hand aufs Herz: Würde ich diesen Soundtrack hier auflisten, wenn ich das Beasts and Bumpkins damals nicht gespielt hätte? Höchst vermutlich nicht. Schreibe ich jetzt trotzdem eine unnötige Review über den Gamerip dieses Kleinods, für den sich eh niemand interessiert? Absolut! Aber worum geht es überhaupt?

Kurz gesagt ist B&B eine Art Göttersimulation, in der wir im Stil von Die Siedler eine kleine Siedlung ausbauen – wobei, weniger wie Die Siedler und mehr wie Banished. Denn auch wenn der Stil putzig aussieht und sich das Spiel nicht allzu ernst nimmt, ist die Simulation teils bockschwer und stellte mich schon in meinen Kindheitstagen vor gravierende Entscheidungen: Soll ich mit meiner kleinen Milizbande dem Friedhof einen Besuch abstatten, um die Zombiewellen zu schwächen? Oder brauche ich mehr Baumeister, um meine Infrastruktur schneller hochzuziehen? Wer kümmert sich um die Toten, die in den Straßen liegen und die anderen Dörfler mit Krankheit und Pestilenz verseuchen?

Dabei war es doch eigentlich nur mein Anliegen, die kleine Siedlung wachsen zu lassen, den Generationen beim Kommen und Gehen zuzusehen und währenddessen die Karte zu entdecken – das wollte Beasts and Bumpkins aber nicht. Beasts and Bumpkins wollte, dass ich mit einem gesunden Wachstum die Bevölkerung vermehrte, das Missionsziel erfüllte und wenn das endlich geschafft war, warf es mich ins nächste, schwierigere Szenario. Gnadenlos und stellenweise unfair schwer, ging dem Erfolg einer Mission immer ein Tanz auf dem Personalvulkan voran, wo entschieden werden musste, wer lebt, wer stirbt, und wer sich um den Fortbestand der Zivilisation kümmert.

Richtig gehört, hier wird gebumst. Anders als bei Ubisofts Knuddelkumpan hat dieses Spiel den Biounterricht nicht geschwänzt, sondern weiß, dass für den reproduktiven Akt ein Männchen und ein Weibchen notwendig sind. Diese künden ihre Intentionen zum Einbruch der Nacht an (‚Ich weiß, worauf ich Lust hätte…‘ – ‚Jooo, weiter so!‘), man verzieht sich ins kuschelige Nest, es erfolgt ein Plop-Geräusch und am nächsten Morgen wird das Kind von Muttern in der Wiege beschaut, während Vattern arbeiten geht.

Wie gesagt nimmt das Spiel sich kaum ernst. Die Soundeffekte sind fast schon comichaft und die Voice-Lines, wenn auch nicht abwechslungsreich, unterhaltsam. Hinzukommen die Porträts der Dorfbewohner, die herrlich schrullig wirken und bei dem der Normalo-Einheimische mich immer an den Vater meines Kumpels Paul erinnert hat … hach, Kindheitserinnerungen.

Die kommen im Übrigen nicht hoch, wenn ich die Musik vom preisgekrönten Komponisten James Hannigan höre – denn es gibt sie nicht. Also schon, nur halt nicht während der Partien. Tatsächlich baut Beasts and Bumpkins akustisch vollständig auf die Geräuschkulisse der Geschehnisse auf dem Bildschirm: Das Sägen und Steineklopfen der Bauarbeiter, das Eierlegen der Hühner, das Muhen der Kühe und das schaurige ‚Nachtisch!‘-Gemurmel der Zombies, die sich des Nachts an unser Dorf heranschleichen.

Hannigans Talent, der unter anderem auch die Musik für die letzten vier Harry Potter-Spiele und Command & Conquer: Red Alert 3 beisteuerte, wird nur bei den Briefingbildschirm zu Beginn der verschiedenen Szenarien gefordert. Die sieben Tracks des Gamerips sind dementsprechend kurz (meist nur eine Minute) und entgegen dem eigentlichen Game weniger überzogen, dafür aber recht stereotyp:

Meiner kleinen Recherche nach handelt es sich authentische Lieder aus dem Mittelalter, die im Stil eines Knights & Merchants oder Stronghold mit Harfen, Lauten und Flöten aristokratische Hofstimmung aufkommen lassen. Zumindest weiß ich bei drei Stücken, dass es um historische Werke handelt: „The Three Ravens“ war ein englisches Volkslied von 1611, „Jack and Joan“ ein Gedicht von Thomas Campion aus 1613, und „Say loue if euer thou didst finde“ ein Werk des Renaissance-Komponisten John Dowland (1603).

Weil in diesen Stücken gesungen wird, konnte ich zumindest die Lyrics nachgoogeln. Bei „Beasts and Bumpkins 2“ summt die Opernsängerin dagegen nur, und die Tracks „Beasts and Bumpkins 1“, „Beasts and Bumpkins 3“ und „Beasts and Bumpkins 7“ sind reine Akustikstücke. Stört mich das? Nicht im Geringsten. Die Tracks passen für mich sehr gut zum Spiel, selbst wenn sie Randakteure sind und nur bei den Zwischenbildschirmen auftreten.

Ob dem Spiel ein richtiger Soundtrack gutgetan hätte? Keine Ahnung. Vermutlich hätten sich dann die Zitate nicht so in mein Gedächtnis eingebrannt. Trotzdem hätte ein bisschen mehr Berieselung in ähnlicher Qualität vermutlich nicht geschadet. Ist der Gamerip also zu empfehlen? Für Genre- und Historienfans vielleicht, aber ansonsten eher weniger.


Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

Nr.TitelInterpret(en)Bewertung
01Beasts and Bumpkins 1James Hannigan44/5
02Beasts and Bumpkins 2James Hannigan33/5
03Beasts and Bumpkins 3James Hannigan44/5
04The Three RavensThomas Ravenscroft33/5
05Jack and JoanThomas Campion33/5
06Say loue if euer thou didst findeJohn Dowland33/5
07Beasts and Bumpkins 7James Hannigan44/5

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