Neverwinter Nights 2
Neverwinter Nights 2
23.02.2020
Klassisch gut
Wenn mich mal jemand fragen sollte, ob ich ein gutes, klassisches Rollenspiel empfehlen könnte – was zwar keiner tut, aber einfach mal gesetzt dem Fall, dass – wäre meine direkte Antwort wohl „Neverwinter Nights 2“. Denn kaum ein anderes Game, was ich gespielt habe, schreit einem so direkt Dungeons & Dragons ins Gesicht. Von der klassischen Heldenreise über die Party mit unterschiedlichen Charakteren, Klassen und Völkern bis hin zum pausierbaren Kampfsystem und der Fantasy-Welt bietet das Werk der Story-Veteranen von Obsidian Entertainment (Fallout: New Vegas, Star Wars: Knights of the Old Republic 2, Pillars of Eternity, uvm.) genau das, was Pen and Paper am PC bedeutet.
Klar, mittlerweile gibt es noch deutlich bessere Beispiele, aber für diese Review springen wir ja auch 14 Jahre zurück, da darf man auch mal unkritischer sein. Zum Spiel will ich eigentlich gar nicht zu viel sagen, damals hat es mich mehrere Tage an die Mattscheibe gefesselt und mit seiner wendungsreichen und gefühlt ewig weitergehenden Story begeistert. Den Vorgänger von 2002 habe ich übrigens nicht gespielt, aber fand mich auch so gut in der Welt um Neverwinter zurecht.
Nun aber zum Neverwinter Nights 2 OST. Der stammt von den Komponisten Dave Fraser und Neil Goldberg und ist entgegen des ausufernden Spiels mit seinen 19 Tracks recht überschaubar. Die sind dafür durch die Bank auf einem guten, bis sehr guten Niveau. Recht ungewöhnlich, da gerade die klassischen Rollenspiele mit ihren Ambient-Tracks die Gesamtnote häufig gen Keller steuern. In diesem Fall haben wir eine angenehme Mischung aus ruhigeren/neutraleren Titeln, die sich mit rasanten, actiongeladenen Versionen abwechseln. Insgesamt hält sich die Musik die Waage und schafft meiner Meinung nach den Spagat zwischen düsteren, bedrohlichen Motiven, die eher ins Thrillerhafte gehen, und orchestralen, hoffnungsvollen Melodien, die das Fantasy-Genre unterstreichen.
Zum Beispiel Neverwinter City, das die titelgebende Stadt Neverwinter als hellen, lebendigen und gleichsam erhabenen Ort charakterisiert, der rein akustisch Assoziationen an Stormwind aus World of Warcraft weckt oder durch seine Vocals fast schon engelhaft weiße Kulissen à la Minas Tirith aus Der Herr der Ringe vor dem geistigen Ohr entstehen lässt. Diese Fassade wird bei Nacht in Tracks wie Back Alley oder Ammon Jerro’s First Murder dann wieder aufgebrochen. Bedrohliche Streicher und der für diesen Soundtrack charakteristische Klang einer Glocke künden von lauernder Gefahr, es entsteht das Bild einer nächtlichen, verlassenen und nebelverhangenen Straße. Nicht alles was glänzt, ist Gold, und die trügerische Harmonie gerät in Schieflage.
Zusätzlich bietet der Soundtrack großartige Actionpieces, die besonders in den eigentlich recht behäbigen, weil auf Pen and Paper-Konzept basierenden, Kämpfen für Stimmung sorgen. Tatsächlich schaffen es die Komponisten den Stil von Jeremy Soule, der den Vorgänger orchestriert hat, sehr gut zu treffen, wodurch Tracks wie Back Alley (Combat) oder Dock District (Combat) Souls Tracks wie Rakghoul Attack aus Kotor oder Daedra in Flight (Oblivion) ähneln. Was aber für mich heraussticht, ist der King of Shadow (Combat) Track, der in seiner Anmutung fast schon an Hard Style erinnert und weniger an Klassik. Abgerundet wird das Paket mit Variationen des Main Themes (Ilfan Ruins, Neverwinter City (Interior) und weiteren Side Themes wie Village oder das Githyanki-Thema – für mich eine klare Hörempfehlung. Das Spiel kann man aber vermutlich für aktuelle Platzhirsche wie Pillars of Eternity links liegen lassen.
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.
- Neverwinter Nights 2 – Track 03 – Docks Battle





