Murder by Numbers
Murder by Numbers
21.06.2025
Mörderisch mathematisch
Wenn ein britisches Entwicklerstudio eine Visual Novel im Anime-Stil produziert, dann klingt das zunächst etwas unkonventionell. Zieht man dann noch die eigentliche Geschichte um eine amerikanische Schauspielerin hinzu, die nach ihrem Karriereende als TV-Detektivin nun plötzlich als echte Ermittlerin tätig und zusätzlich dazu von einem fliegenden Gute-Laune-Roboter mit Gedächtnisverlust begleitet wird, dann verfestigt sich ein Gedanke: What the fuck? Es hilft auch nicht, wenn der Gameplay-Mix aus dem Absuchen von Standbildern, dem Reden mit Zeugen und Verdächtigen und dem Lösen von Nonogrammen besteht.
So geschehen bei Murder by Numbers, dem 2020 für PC, Switch und Stadia erschienenen Spiel von Mediatonic. Die Entwickler hatten scheinbar bei der Produktion ihres 2014 releasten Remake der Tauben-Dating-Simulation Hatoful Boyfriend zu lange am Verpackungskleber geschnüffelt und wollten mal etwas eigenes machen. Das äußerte sich dann in besagtem Detektivspiel und dem ebenfalls 2020 erschienenen Fall Guys … aber darum soll es hier nicht gehen. Trotz des Spielkonzepts und des absoluten Unter-dem-Radar-Faktors habe ich Murder by Numbers damals gespielt und sogar für meinen Gönner Jacko gestreamt! Die Videos dazu gibt es zum Glück nicht mehr, immerhin kamen meine Stimmbänder beim an Batman angelehnten Detective Cross recht schnell an ihre Leistungsgrenzen.
Aber es hat Spaß gemacht – und das zählt. Die Geschichte um Honor, deren Vater, der selbst bei der Polizei war, dessen Tod und die Schuldgefühle seines alten Partners; das Mysterium um Roboter SCOUTs fehlendes Gedächtnis, hinter dem noch viel mehr zu stecken scheint; all das stammt aus dem großen Buch der Klischees. Der narrative Kulisse des Spiels dient im Grunde nur als Überbau für das Lösen besagter Nonogramme – und das reicht mir. Die Sucht konnte ich zum Glück mittlerweile ablegen, aktuell hänge ich dafür an Kreuzworträtseln.
Egal, kommen wir fix zum soliden Soundtrack. Dessen 30 Stücke dauern in Summe knappe zwei Stunden und haken alle Checkboxen für eine thematisch passende Komposition ab. Masakazu Sugimori, der unter anderem die Scores für Viewtiful Joe (2003) und das erste Spiel der Ace Attorney-Reihe, Phoenix Wright: Ace Attorney (2005), schrieb, liefert hier absolut solide Arbeit ab.
Wie für Spiele diese Art üblich lässt sich der Score ins entspannte Hintergrundgedudel, quirkige Spitzen und dramatische Action unterscheiden. Dafür setzt Sugimori auf eine Mischung aus Gute-Laune-Disco (Honor’s Theme, K.C. / Artiste Extraordinaire, Puzzle / The Digital Detective), ruhigeren Kombinationen aus Streichern und Klavier fürs Mystery-Feeling (Turning Tide, Scouring the Scene, A Dark Turn), Swing und Jazz im Film noire-Stil für die Gesetzesvertreter (Detective Cross / Justice Takes Time, Mistakes We Can’t Erase) sowie Actionmusik Marke Metal Gear für die narrativen Spitzen (Crisis, We’ve Got Them!).
Da diese Stücke immer Beiwerk sind und Momente nur verstärken sollen, statt sie allein zu tragen, gibt es wenig Wandel in der Tonalität innerhalb der jeweiligen Tracks, sondern primär ein Immergleich und Wiederholung. Fürs Spiel ist das super, für ohne Spiel weniger. Selbst berührende Einlagen wie Memories of Dad, The Only Way Is Forward oder One Story Ends, Another Begins bleiben hinter vergleichbaren Werken. Immerhin schafft es der Intro-Song Honor’s Theme [Vocal Version] aufgrund seines TV-Charakters und meinen Erinnerungen ans Spiel, mir eine Fünf-Sterne-Wertung zu entlocken. Der Score ist also primär etwas für Fans des Genres oder des Spiels, ich vergebe 3,5 Punkte.
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.





