The Darkness

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Erscheinungsdatum: 2007

Art: Gamerip / Songs

Komponist(en): Gustaf Grefberg

Trackzahl: 58 / 29

Wertung

Hoffnung trifft Horror

Der französische Moralist Joseph Joubert (1754-1824) sagte einst: „Une goutte de lumière vaut mieux à donner ou à recevoir qu’un océan d’obscurités“, was zu Deutsch so viel bedeutet wie „Es ist besser, einen Tropfen Licht zu geben oder zu empfangen, als einen Ozean von Dunkelheit.“ Diesen klugen Spruch hätte sich Jackie Estacado, der Protagonist des 2007 erschienenen Ego-Shooters The Darkness, wohl mal besser zu Herzen genommen.  

Denn wie der Name bereits vermuten lässt, bietet der einem bösen Dämon, der namensgebenden Dunkelheit, seinen Körper als Wirt an und verfügt dadurch in bester Doc-Ock-Manier über übermenschliche Kräfte und zwei mitteilungsbedürftige wie verfressene Tentakel. Gut, zu seiner Verteidigung muss man Jackie wohl lassen, dass er von seinem ‚Onkel‘ Paulie am Abend seines 21. Geburtstags ermordet wird, weil dieser um seine Position als Don fürchtet. Wenn man die Wahl zwischen Tod und Rachefeldzug hat, würden vermutlich die meisten Betroffenen Option Zwei wählen.

Mehr muss man über die Story des Nischentitels vermutlich nicht wissen, der damals exklusiv für die Xbox 360 und PlayStation 3 erschien. Da ich als armer PC-Spieler nur den Nachfolger von 2012 zocken konnte, kann ich nur davon berichten. Gameplaytechnisch war The Darkness II ein okayer Shooter mit gelegentlichen Rätselpassagen, in denen wir Lichtquellen ausknipsen oder per Tentakelsteuerung Lüftungsschächte erkunden. Seinem Cliffhanger zum Trotz fand die Reihe mit dem zweiten Teil trotzdem ein vorzeitiges Ende, was vielleicht auch daran lag, dass beide Spiele (wie für die Zeit üblich) aufgrund ihres hohen Gewaltgrads in Deutschland nur geschnitten erschienen.

Insofern habe ich keine Nostalgiebrille beim Schreiben dieses Textes auf, obwohl die The Darkness-Reihe mit ihrer Prämisse etwas in mir anspricht, was ich bereits in meiner Overlord-Review ausführlich beschrieben habe: die Möglichkeit, so richtig schön ‚böse‘ zu sein. Schließlich sind Videospiele als Medium genau dafür da; Dinge zu tun, die man im echten Leben besser lässt. Hierzu eine kurze Anmerkung: Ich möchte hier keine Drecksgames / Amoksimulatoren wie Hatred legitimieren, denn die haben mit Spaß ungefähr so viel zu tun wie Call of Duty mit authentischer Kriegssimulation. Aber Spiele können schockieren – wie Kunst halt … wenn sie gut gemacht ist.

Genug davon, lasst uns kurz über den Soundtrack sprechen. ‚Kurz‘ ist in dem Zusammenhang ein kleiner Euphemismus. Mangels eines Original Soundtracks habe ich mir einen fünfstündigen Gamerip rausgesucht, der mit 58 Tracks daherkommt. Warum ich mir das antue? Weil mit Gustaf Grefberg ein recht fähiger Komponist am Werk war! An dieser Stelle möchte ich ein weiteres Zitat in diesem Text verbauen. Dieses Mal stammt es allerdings nicht von einem Philosophen, sondern einem Forennutzer der Seite neogaf.com. Dessen Thread läuft unter dem, wie ich finde, sehr passenden Titel „The Darkness: Before Mick Gordon and Doom there was Gustaf Grefberg.“

Wem nun beide Namen nichts sagen, muss sich keine Sorge machen, bedienen beide Komponisten doch eher ‚nischige‘ Spiele mit maximal einem halben Fuß im Mainstream. Doch während besonders die neuen Doom-Spiele schon aufgrund ihres historischen Erbes eine gewisse Bekanntheit besitzen, standen die Spiele von Grefberg seltener im Rampenlicht … oder zumindest nicht wegen ihrer Musik. Dabei sind die Scores zu Brothers: A Tale of Two Sons, Wolfenstein: The New Order oder It Takes Two allesamt nicht schlecht. Und auch den Soundtrack des Schwedens für das mittelprächtige Enclave habe ich auf dieser Webseite bereits gelobt.

Was der Nutzer FF:Enhanced_Reality mit seinem Titel jedoch eigentlich sagen möchte, ist, dass im Videospielsektor früher eher Grefberg für seine Hard-Rock- / Metal-Töne bekannt war, bevor dann 2016 Mick Gordons E-Gitarren-Orgasmus die Lebenserwartung vieler heimischer Lautsprecheranlagen halbierte. Im Falle von The Darkness vermischt der Komponist seinen Fantasy-Fußabdruck mit kompromisslosem Rock-Radau.

Damit diese Mischung gelingt, etabliert Grefberg ein Main Theme (The Darkness Theme (Menu Theme 1)), das sich durch den ganzen Score zieht und genau den richtigen Tenor setzt: Es ist düster, melancholisch und erinnert durch den Einsatz von Windspiel und Vocals, kontrastiert von tiefen Bläsern, ein wenig an die Horrorfilme von damals. Unterstrichen wird dieser Effekt noch, wenn das Motiv sich plötzlich zu epochalen Höhen bewegt und verstärkt durch Trommel und Bläser fast schon Dracula-esque Züge annimmt (Embrace the Darkness, The Otherworld 2 (Menu Theme 5)).

Doch das ist nicht gemeint, wenn der Vergleich zu Gordons Schaffen gezogen wird. Abseits der Fantasy-Anleihen, die dem Thema der besitzergreifenden Dunkelheit, des manifestierten Bösen, erst das Taktile verleiht, beweist Grefberg seinen Sinn fürs Actionorientierte. Wie schon bei seiner Arbeit für The Chronicles of Riddick: Escape from Butcher Bay, zeigt der Komponist immer wieder, dass sein Herz auch fürs Headbangen zu schlagen scheint:

Stücke wie The Night of My 21st Birthday (Intro) oder Angelus [Unused] sind schnell, dramatisch, atemlos. Sie jagen uns förmlich vor sich her; Embrace the Darkness ist dagegen ein Rock-Ouvertüre fürs Epische. Generell sind es gerade die Combat Suites (New York, Grinders Lane, Turkish Baths, Deval’s, Gun Hill Combat Suite), die ihren Genre-Ursprung nicht verleugnen können. Krönendes Highlight des Metal-Orgie ist aber das zwölfminütige Final Showdown (Paulie’s Mansion), das das Adrenalin ordentlich nach oben ballert.

Wie für einen Gamerip üblich, sind die Tracks derweil unterschiedlich aufgeteilt und zum Teil sehr lang (bis zu 20 Minuten!), weshalb ein genaues Benennen der bemerkenswerten Stellen oder Einordnen bestimmter Stimmungen recht schwerfällt. Beispiel Save Chen: Das wirkt durch seine Simplizität zunächst wie aus Disciples: Sacred Lands entwendet, dreht später allerdings den Verstärker auf Anschlag. Da hilft es auch nicht, dass der Soundtrack neben den Testosteronsteigerern auch ruhigere Klänge bietet.

Die Subway Themes wirken mit ihrer bedächtigen Kombination aus Geige und Harfe antithetisch zum Vibe des restlichen Scores, während Jenny’s Apartment, St Mary’s Orphanage, Jenny’s Theme (Menu Theme 4) und Ending (Saying Goodbye) mit ihrer gefühlvoller Klavier-Streicher-Kombination fast schon kitschig anmuten. In die musikalische Stereotypen-Kiste wird derweil in den Tracks Chinatown, German Bunker und Assault on Bunker gegriffen. Anders als bei Doom wird hier also insgesamt nicht nur permanent Action, sondern ebenso Varianz geboten.

Damit wären wir auch schon durch, gäbe es nicht noch die lizensierten Lieder. Im Gamerip tauchen die kurz vor Ende in Form der Hip-Hop-Ghettobeats Ain’t No Thang, I Like It, It’s the SBG Vibe, Old Skool und ST Got It Going on sowie dem rockigen Credits auf, allesamt mangels Informationen ohne Interpret*innen. Zusätzlich dazu gibt es derweil noch einen Licensed Soundtrack, der den Fanwikis gamicus.fandom.com und vgost.fandom.com zufolge aus 29 Tracks unterschiedlicher Bands besteht.

Hier geben sich Liedermacher*innen wie The 21st Impact, Down and Away oder Man Machine Industry die Klinke in die Hand, was wunderbar zum unkomplizierten Rachfeldzug des Spiels passt. Fans von unverständlichem Gebrüll und beneidenswerter Haarpracht werden sicherlich ihre Freude mit Liedern wie Once Bitten, Twice Shy (Blinded Colony), Die Toten Core (F.K.Ü.) oder Cruci-Fiction in Space (Marilyn Manson) haben, ich bin da eher bei den ‚gemäßigteren‘ Vertretern wie Open Casket [Edit] (Closer), Pure and White (Joy Serene) und Going Down (Sparzanza) verortet.

Halten wir fest: Der Soundtrack (Gamerip und Lizenzstücke) drückt genau die richtigen Knöpfe für das Spiel und kombiniert geschickt klassische Videospielbegleitung mit modernem Rock/Metal. Wo beispielsweise ein, was das Gameplay anbelangt, vergleichbares Prey aus dem Vorjahr den konventionellen Weg geht, beschreitet Gustaf Grefberg erfolgreich den Pfad des Experimentellen. Zwar erreicht der Score zu keinem Zeitpunkt das Brachial-Level eines Doom, besitzt dafür aber eine eigene Identität, die den Grat zwischen Horror und Hoffnung balanciert und Spielern wie Nichtspielern im Gedächtnis bleiben dürfte. Trotz fehlendem OST gibt’s besonders fürs Theme von meiner Seite eine Empfehlung!

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