Sid Meier’s Civilization VI

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  • Original Soundtrack
  • Extended Edition

Erscheinungsdatum: 2016

Art: Original Soundtrack (OST) / Extended Edition

Komponist(en): Geoff Knorr

Trackzahl: 38 / 77

Wertung

Eine musikgewordene Zeitreise

Hier geht’s zur Music-Review von
DLC Civilizations (2016) | Rise and Fall (2018) | Gathering Storm (2019) | New Frontier Pass (2020).

Nachdem ich nun mehrere Stunden damit verbracht habe, mir Videos auf YouTube anzuschauen, in denen die finale Staffel von Game of Thrones zerrissen wurde, was meinen Hass auf dieses unwürdige Ende nur noch weiter gesteigert hat, möchte ich mich nun etwas Erfreulichem widmen: Sid Meier’s Civilization VI. Ich spreche an dieser Stelle mal nicht übers Gameplay, denn das Spiel verdient eine eigene Review, die ich bei Zeiten mal liefern werde. Mir geht’s hier vor allem um den Soundtrack.

Ich bin erst mit Teil 5 in diese altehrwürdigen Serie an Rundenstrategie eingestiegen. Eines, wenn nicht sogar das Highlight, stellt dabei der Soundtrack der Civilization-Reihe da. Gleich zu Beginn werden wir mit einem triumphalen Main Theme (Sogno di Volare (The Dream of Flight)) empfangen, eine Lobeshymne auf den menschlichen Endeckungsdrang, die mich immer wieder aufs neue begeistert. Das Stück stammt von Christopher Tin, der auch schon das Theme Baba Yetu für den Vorgänger geschrieben hat. Ich weiß, der Track mag vielen vielleicht sogar zu pathetisch sein – aber darum geht’s ja gerade. Wir erheben eine Zivilisation aus den simplen Anfängen in der Antike bis hin zur weltumspannenden Supermacht. Da darf es auch ruhig im wahrsten Sinne epochal klingen.

Gleichsam ist der Soundtrack der Civ-Spiele aber auch ein Musterbeispiel für hervorragend umgesetzte, thematisch passende Hintergrundmusik. Da es sowohl um längst vergangene Zivilisationen geht, als auch aktuelle, wird akribisch darauf geachtet, dem Spieler nichts kulturell Unpassendes vorzusetzen – sowohl inhaltlich, als auch auditiv. So gibt es keine fraktionsübergreifende Musik, sondern individuelle Themen, die den Charakter einer jeden Zivilisation beschreibt.

Ob dies Soundtrack-Komponist Geoff Knorr gelungen ist, kann ich mangels Wissen an traditionelle skythischen Weisen natürlich nur bedingt beurteilen. Aber für Deutschland wurde beispielsweise das Volkslieder Ich habe die Nacht geträumet von 1775 adaptiert, das meiner Meinung nach den Geist Deutschlands, das es in dieser Form ja auch erst seit ca. 150 Jahren gibt, wunderbar einfängt, ohne dass es komplett in eine historisch bedingte militärische oder das-sind-die-Bösen-Richtung geht, sondern fast schon etwas Wagnerhaftes erhält.

Generell muss die Arbeit hervorgehoben werden, die in die Restauration der Musik von Kulturen, die vor langer Zeit untergegangen sind, geflossen ist. In einem Behind-the-Scenes-Video zum Vorgänger, Sid Meier’s Civilization V, erzählt Knorr, dass für die Kompositionen teils antike Fragmente und Aufzeichnungen genutzt wurden, um die Musik unserer Vorfahren zu rekonstruieren. Ein riesiger Aufwand, wenn man im Vergleich auch einfach etwas komponieren könnte, was tribal oder urzeitlich klingt. So hat man wenigstens eine entfernte Ahnung davon, wie die Musik der Sumer geklungen haben könnte, die ca. 4500 vor Christus in der Region des persischen Golfs lebten. Und auch, wie eine moderne Adaption dieser antiken Melodie klingen würde.

Richtig gehört, nicht nur hat jede Zivilisation ein eigenes Thema, was häufig einem Volkslied entnommen wurde, wie beispielsweise die berühmte Kalinka für Russland. Nein, zusätzlich wurden auch vier Versionen komponiert, für jeweils eine Ära. Jede Version symbolisiert den Geist dieser Zeit und das Wachstum eure Zivilisation. Je weiter ihr durch die Epochen voranschreitet, umso komplexer wird die Musik, aus einer einfachen Melodie eine Symphonie aus mehreren instrumentalen Ebenen. So wird Scarborough Fair der Briten in der Antike noch von einem einsamen Streicher gespielt, während im Mittelalter Schellen und Trommeln dem Thema einen feudalen Anstrich verpassen. In der industriellen Zeit erlebt das Stück dann eine bis dahin ungeahnte Dynamik und Dramatik, bauscht sich auf und explodiert beinahe orgasmisch im Leitthema. Im Atomzeitalter kommen dann Synthies und zusätzliche Effekte dazu, die dem Ganzen einen futuristischen, oder zumindest modernen Anstrich verpassen.

Für mich persönlich sind, wie man an der Beschreibung vielleicht gemerkt hat, gerade die Stücke zum Industriezeitalter die hörenwertesten – natürlich muss das aber jeder für sich entscheiden. Fürs Reinhören sollte man aber viel Zeit mitbringen: Im Hautspiel sind es 19 Zivilisationen à 4 Tracks, das kann also schon mal etwas dauern. Von denen haben mir die Motive von Arabia, China, England (absoluter Liebling), Germany (Platz 2), Japan, Norway (Platz 3), Sythia und Sumeria am meisten zugesagt. Nun drängt sich ja fast die Frage auf, ob sich diese Lieder vielleicht Stereotypen bedienen, musikalische Trope bestimmte Länder? Manche ja, aber wäre das ein Problem? Meiner Meinung nach nicht, schließlich gehört zum Selbstverständnis und zur Identität einer Nation nicht zuletzt auch das musikalische Selbstverständnis, das nicht zuletzt in der Nationalhymne mitklingt? Und ist dann eine adäquate Anpassung von Volksweisen nicht der perfekte Weg, um dieser Kultur Ausdruck zu verleihen?

Vielleicht problematisiere ich gerade etwas, das eigentlich kein Problem ist. Ich habe noch nicht gehört, dass es Beschwerden über die Musik von Sid Meier’s Civilization gab, aber bei real existierenden Vorbildern ist bei der Abbildung in Videospielen ja immer etwas Vorsicht geboten – looking at you Call of Duty. Abschließend die Frage: Kann ich den Soundtrack von Sid Meier’s Civilization VI empfehlen? Definitives „Ja“, voll und uneingeschränkt. Wer es simpel mag, kann sich an den einfachen antiken Melodien erfreuen, wer auf epische Aufarbeitungen nationaler Identitäten steht, kann den Zeitstrahl weiter in die Moderne ablaufen. Ach, und vielleicht sogar das Spiel dabei spielen – das ist nämlich ähnlich gut!

Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

  • Original Soundtrack
  • Extended Edition

Sid Meiers Civilization VI

*Track im Original Soundtrack enthalten


DLC Civilizations

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  • Original Soundtrack

Erscheinungsdatum: 20162019

Art: Original Soundtrack (OST)

Komponist(en): Geoff Knorr

Trackzahl: 28

Wertung

Noch vor den ersten Addons und dem New Frontier Pass veröffentlichte Entwickler Firaxis Games von 2016 bis 2019 sieben einzelne Nationen als DLCs. Die hatten zwar keine größeren spielerischen Änderungen im Gepäck, dafür allerdings die aus dem Hauptspiel gewohnt hochklassige musikalische Begleitung. Meine Favoriten sind hierbei wie gewohnt die Atomic-Versionen, mein Highlight Macedon – Tino Mori / Buvčansko.

  • Polen – Hej ide w las
  • Australien – Waltzing Matilda
  • Persien – Kereshme / Reng-e Shalakhu
  • Makedonien – Tino Mori / Buvčansko
  • Nubien – Allah Musau
  • Khmer – Khmer Rourm Sam Mawgee
  • Indonesien – Rejang Dewa / Bapang Selisir
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Rise and Fall

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Erscheinungsdatum: 2018

Art: Original Soundtrack (OST)

Komponist(en): Geoff Knorr

Trackzahl: 33

Wertung

Das erste große Addon zu Sid Meier’s Civilization VI, Rise and Fall, bringt neben ein paar tollen spielerischen Features wie Gouverneuren, großen Zeitaltern und einem Loyalitätssystem auch neun neue Völker und Kulturen mit: die Mongolen, die Zulu, Georgien, Korea, Niederlande, Schottland, Indien sowie die nativen amerikanischen Stämme der Cree und Mapuche – es geht also einmal rund um die Welt. Die Erweiterung bleibt dem Hauptspiel hierbei in sämtlichen Facetten treu und führt nicht nur im Gameplay durch alle Zeitalter, sondern auch musikalisch. Die Qualität der Musik, die für die Neuankömmlinge komponiert wurde, steht der des Hauptspiels in keiner Weise nach und fängt, soweit ich das als deutsche Kartoffel beurteilen kann, den Spirit der jeweiligen Volksgruppen gut ein.

Wie schon in Sid Meier’s Civilization VI spendiert Komponist Geoff Knorr jeder Fraktion vier Tracks, die jeweils einer Epoche zugeordnet werden: der Antike, dem Mittelalter, dem Industriezeitalter sowie der Moderne. Während die antiken Tracks simpel und unraffiniert anmuten, klingen die späteren Interpretationen der jeweiligen, historischen Vorbilder epochaler, ohne dabei die kulturelle Essenz zu verlieren. Stattdessen mag man es viel eher Variationen nennen mit einem vokalen Fokus in der Antike, Streicherorientierung im Mittelalter, Bläsern im Industriezeitalter und schließlich orchestralem Bombast in der Moderne.

Dabei ist es für mich keine Selbstverständlichkeit, dass das Endstadium zwangsläufig auch die ‚beste‘, ‚schönste‘ oder hörenswerteste Version darstellt. Gerade bei alten Kulturen wie den Mongolen stehen volkstümliche Stilmittel besonders in der Antike im Zentrum der Komposition. Beispiele hierfür sind die Kehlkopfgesänge, eine spezielle Gesangstechnik, die wir auch schon aus Age of Empires IV oder Star Wars Jedi: Fallen Order kennen und zu der ich nur bei akuter Verstopfung in der Lage wäre. Die werden in der Moderne nur noch zitiert, was zwar stilvoll gemacht wurde, dennoch etwas in dem Bombast untergeht.

  • Cree – The Drums of Poundmaker
  • Georgien – Tsaiqvanes Tamar Kali / Shen Khar Venakhi
  • Korea – Arirang
  • Mapuche – Traditional Mapuche
  • Mongolen – Pastor Song / Khoomii Improvisation / Urtin Duu
  • Niederlande – Gaillarde / L’esmerillonne
  • Schottland – Scotland the Brave / Bonnie Dundee
  • Zulu – Uthe Ubhuti Asizomlanda / Shaka Mamba; Bayisa / Halala

Wem hier was meisten zusagt, mag ich nicht beurteilen. Meine favorisierte Version der georgischen Gesänge ist beispielsweise die der Industriezeit, während mich – mit Verlaub – das Gejaule von Stammesmännern der Cree in der Antike eher an eine Mischung aus Motor-Anlassen meets Huskyrudel erinnert. Weiteres Beispiel gefällig? Gerne! Das koreanische Volkslied Arirang, das ca. 600 Jahre alt ist (Quelle Wikipedia), wirkt in seiner Industrievariante wie aus einem Hollywoodfilm der 50er Jahre, während es in der antiken Version zwischen Kirschbaum-Melancholie und Drumsolo pendelt.

Gaillarde L’esmerillone, ein Stück aus dem Frühbarock, macht in seiner intendierten sowie späteren Zeit viel Spaß, kann aber auch als simple Flötenmusik in der Antike überzeugen. Gleichzeitig mutet es bei den Zulu im Atomzeitalter zunächst merkwürdig an, ein traditionell afrikanisches Lied mit Autotune zu hören, aber was soll ich sagen? Es funktioniert. Jenseits dessen wage ich die These, dass die Tracks, die, wie bereits erwähnt, auf real existierenden oder rekonstruierten Vorbildern basieren, am schönsten in dem Stil bzw. der Epoche klingen, für die sie geschrieben wurden. Nun möchte ich ungerne mein Fazit des Hauptspieles wiederholen, tue es aber dennoch: Einfach mal reinhören, es ist bestimmt was für jeden dabei.

Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

  • Original Soundtrack

Gathering Storm

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  • Original Soundtrack

Erscheinungsdatum: 2019

Art: Original Soundtrack (OST)

Komponist(en): Geoff Knorr

Trackzahl: 33

Wertung

Im zweiten Addon Gathering Storm geht’s – wie der Name schon andeutet – primär um die Natur, Naturkatastrophen und wie der Mensch damit umgeht … und sie auch verschuldet. Schließlich darf sich am Ende derjenige, der Jahrhunderte lang Kohle in die Atmosphäre ballert, nicht wundern, dass ihm die Küstenstädte absaufen. Das mögen Konservative und Öllobbyisten anders sehen, aber vielleicht ist es denen dann ein kleiner Trost, dass sich auch unsere Kontrahenten mit uns das Boot teilen.

Von denen führt die Erweiterung wieder acht neue ein, womit die Auswahl der spielbaren Fraktionen auf mittlerweile 37 Nationen ansteigt! Inhaltlich möchte ich gar nicht tiefer ins Detail gehen, denn es zeichnet sich ein erfreuliches Muster bei den Addons ab: Klasse Erweiterung mit sinnvollen Inhalten und neuen Fraktionen, die ihrerseits erneut eine hervorragende musikalische Aufbereitung ihrer nationalen Identität erhalten haben. Einzig das Theme Gathering Storm kann meiner Meinung nach nicht an die Qualitäten von Sogno di Volare (The Dream of Flight) und Rise and Fall anschließen.

Im Gegensatz zu den vorherigen Alben gefällt mir bei dieser Erweiterung derweil meistens die neumodische Variante am besten, selbst bei solchen Vertretern wie den Inka, deren Reich vor gut 450 Jahren zugrunde ging. Es hat einfach etwas, der Entwicklung beispielsweise des Haka der Maori von seiner archaischen Form hin zu einem epischen Orchesterstück im Atomzeitalter beizuwohnen. Bevor ich jetzt jedoch wieder jede Zivilisation beleuchte, belasse ich es mit einer kleinen Übersicht über die Neuankömmlinge und benenne kurz die (Volks-)Lieder, denen ihre Themes nachempfunden wurden:

  • Kanada – Vive la Canadienne / The Crooked Stovepipe / O Canada
  • Ungarn – Hej Dunáról fúj a szél / Cinege, cinege
  • Inka – Siempre Macho
  • Mali – Mali Sadio / Masana Seesay
  • Maori – Pokarekare Ana / Ka Mate
  • Osmanen – Ey büt-i nev eda olmusum müptela / Yelkenler Bicilecek
  • Phönizier – Hurrian Hymn
  • Schweden – Helan Går / Slängpolska efter Byss-Calle / Polska efter Pelle-Fors

Falls also eine Fraktion dabei ist, die euch besonders interessiert oder ihr einfach nur mehr vom (sehr guten) Gleichen hören wollt, go for it!

Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

  • Original Soundtrack

New Frontier Pass

  • Infos
  • Original Soundtrack

Erscheinungsdatum: 2020

Art: Original Soundtrack (OST)

Komponist(en): Geoff Knorr

Trackzahl: 32

Wertung

Unter dem Titel New Frontier Pass wurde eine Reihe von DLCs zusammengefasst, die von 2020 bis 2021 erschienen und neben neuen Spielmodi und kleineren Änderungen auch neue Völker parat hielten: die Maya, Großkolumbien, Äthiopien, Byzanz, die Gaga – die Gagaga – die Gallier (kleiner Scherz), Babylon, Vietnam und Portugal. Während bei den meisten Fraktionen wieder auf originale Melodien zurückgegriffen werden konnte, musste bei Babylonien und den Galliern mangels Vorlage etwas getrickst werden.

  • Portugal – Fado Menor
  • Maya – Rabinal Achí / Xtoles / Bolonchon
  • Großkolumbien – Velo Que Bonito / Reír Llorando / Pajarillo
  • Äthiopien – Tizita / Bati
  • Byzantinien – Ti ipermaho / Kontakion to the Mother of God
  • Gallien – La Brabançonne
  • Babylonien – Babylon
  • Vietnam – Lý kéo chài / Trống Cơm / Giăng Câu

So handelt es sich bei den Gaul-Tracks um eine Eigenkomposition, die mit der belgischen Nationalhymne La Brabançonne ergänzt wurde. Bei Babylon wurde hingegen gänzlich neu komponiert – und das klingt dann so, wie sich Leute von heute das Imperium vorgestellt haben. Generell ist die Musik auf gewohnt hohem Niveau und macht einfach Spaß. Klare Empfehlung!

  • Original Soundtrack

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