Neverwinter Nights

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Erscheinungsdatum: 2002

Art: Original Soundtrack (OST)

Komponist(en): Jeremy Soule

Trackzahl: 66

Wertung

Überraschend überraschungsarm

Hier geht’s zur Music-Review von
Der Schatten von Undernzit (2003) | Die Horden des Unterreichs (2003).

Vor viereinhalb Jahren schrieb ich mit Neverwinter Nights 2 meine 22. von insgesamt mittlerweile 334 Review auf dieser Seite – Addons eingerechnet. Seither hat sich so einiges getan. Damals vermerkte ich noch, dass ich bei der Frage nach einem guten, klassischen Rollenspiel wohl Neverwinter Nights 2 empfehlen würde. Gutes Spiel, keine Frage, aber heutzutage würde die Empfehlung wohl eher auf Baldur’s Gate 3 fallen, den 2023 erschienenen Genreprimus und das Vorzeigebeispiel für spaßiges Pen & Paper am PC.

Trotzdem kitzelt es mich ein wenig in den Fingern, mal wieder in die Neverwinter-Reihe hineinzuschauen; bin ich doch vor gut drei Jahren rollenspieltechnisch von Das Schwarze Auge kommend über Cthulhu zu Star Wars und schließlich bei Dungeons & Dragons gelandet. Und nicht zuletzt oben benanntes Baldur’s Gate 3 hat mein Wissen dahingegend nochmal vertieft. Im Gegensatz zu damals verstehe ich jetzt das Prinzip von Zauberslots, kurzen und langen Rasten sowie Ritualen. Denn als ich zu jener Zeit Neverwinter Nights 2 zockte, war das Gerede von Rettungswürfen und das Fehlen eines Manabalkens ultimativ verwirrend für mich – man lernt eben doch nie aus.

Eine weitere Feststellung, die mich beim Verfassen der Review zu jener Zeit etwas überraschte, war, dass der Score von Dave Fraser und Neil Goldberg komponiert wurde. Jahre zuvor hatte ich mich beim Kuratieren des OSTs wohl verlesen und war fest davon überzeugt, dass die Musik von Jeremy Soule stammte. Tatsächlich war der aber nur für den Vorgänger Neverwinter Nights sowie das zweite der beiden Addons, Die Horden des Unterreichs (engl. Hordes of the Underdark), verantwortlich.

Bevor wir dort einsteigen zunächst noch kurz zu den Rahmenparametern: Das Album gibt es mittlerweile als Teil der 2018er Enhanced Edition käuflich zu erwerben und beinhaltet insgesamt 86 Tracks, darunter auch die aus den beiden Addons Der Schatten von Undernzit (engl. Shadows of Undrentide) und das oben erwähnte Die Horden des Unterreichs. Um meinem Ordnungswahn nachzukommen, habe ich die Alben aufgeteilt, weshalb das Hauptspiel nur auf eine Zahl von 66 Stücken kommt, inklusive der drei Bonus-Themes Kingmaker, Shadow Guard und Witch’s Wake. Nun aber zum Komponisten.

Von den meisten wird Soule wohl für seine überragenden Kreationen in der Elder Scrolls-Reihe gefeiert, andere werden sich an den Vorwürfen von sexuellen Übergriffen gegen ihn reiben. Meinen Standpunkt dazu könnt ihr im Über Cancel Culture nachlesen. Als jemand, der mit Soules früheren Arbeiten für die ersten Harry Potter-Spiele und Star Wars: Knights of the Old Republic vertraut ist, findet sich für mich vieles wieder, was ich in dieser Form schon in seinen anderen Werken gehört habe.

Beispielsweise verfolgt Prison Fight eine ähnliche Instrumentalisierung wie Battle at Davik’s Estate aus Kotor, das seinerseits ein wenig wie Draco aus Harry Potter und die Kammer des Schreckens klingt. Oder Snake Cult Estate, das in Richtung einer Mischung aus Stealth Search und The Jedi Academy driftet. Aerin Gend oder Source Stone Battle brechen dann dankenswerterweise etwas aus dem Trott aus und erinnern eher an das spätere Morrowind.

Ungeachtet dessen bewegt sich der Score durch eine Klaviatur an unterschiedlichen Emotionen, mal bedächtig wie in Charwood, dann wieder friedlich (Temple of Tyr, Castle Never), heroisch (Siege of Fort Ilkard) und actiongeladen (Solomon’s Ambush). Ein Leitmotiv fehlt indes. Auch gibt es wenig Experimente. Dennoch ist dem Score wegen seiner Gleichförmigkeit eine unbestreitbare Stringenz inhärent, was ihn zwar einerseits angenehm geschlossen erscheinen lässt, uns aufgrund des Mangels an akustischen Highlights allerdings ebenfalls mit einem Achselzucken zurücklässt.

Da helfen auch so kleine Nuggets wie das verspielte Cutlass Inn nicht, dessen Gitarre etwas Abwechslung ins Immergleich des Donnergrollens bringt. Oder das herumhüpfende Wink and Tickle Bordello. Tatsächlich wird von mir nur einmal die Bestnote gezückt, und das bei Klauth’s Demise. Das kommt als klassischer Kampftrack recht generisch daher, aber der In-die-Fresse-Pathos funktioniert.

Zum Fazit: Auch wenn Soules Schaffen schon Ende der 90er begann und der Score zu Neverwinter Nights den 32. Eintrag seiner beeindrucken Videografie darstellt, wirkt die Musik hier noch etwas zu formelhaft. Jede*r Künstler*in hat natürlich seinen oder ihren Stil, doch die Elemente wie ferne Trommeln, die mit düsteren Bläsern und Streichern Suspense aufbauen, habe ich so vorher schon in besser gehört – ob nun wegen bewegenderer Melodien oder aufgrund nostalgischer Verklärung kann ich nicht sagen. Für mich sticht bei Neverwinter Nights kaum etwas aus der Masse.

Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

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Der Schatten von Undernzit

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Erscheinungsdatum: 2003

Art: Original Soundtrack (OST)

Komponist(en): Kemal Amarasingham; Simon Amarasingham

Trackzahl: 5

Wertung

Das Erweiterungspaket fügt eine neue Kampagne und neue Funktionen hinzu, darunter neue Charakterklassen, Kreaturen, Fähigkeiten und Zaubersprüche sowie weitere Feinheiten, wie z. B. die Möglichkeit, auf das Inventar der Gefolgsleute zuzugreifen und es zu verändern.

Wikipedia

Die Inhaltsangabe zum ersten Neverwinter Nights Addon Der Schatten von Undernzit liest sich so herrlich archaisch, dass ich schon wieder wehmütig an eine Zeit zurückdenke, als Spiele abgeschlossen waren und durch Erweiterungen eben erweitert wurden. Heutzutage bekommt man ja erst durch Season-Pässe und Abomodelle ja erst irgendwann das vollständige Spiel *cries in Millenial*.

Nach Weinen ist mir beim fünf Track starken OST zwar nicht zumute, schließlich war der Score zum Hauptspiel schon keine Offenbarung. Trotzdem ist es irgendwie bemerkenswert, dass statt Jeremy Soule einer der beiden Amarasingham-Brüder (Arx Fatalis) komponierte. Einer der beiden? Wie so häufig sind sich die Quellen nicht einig: Das Internet behauptet, es war Kemal Amarisingham, die Tags der Files sprechen von Simon – salomonisch nenne ich beide.

Die Stücke sind spektakulär unspektakulär an sich und nur deshalb erwähnenswert, weil sie anders klingen als das, was Soule uns präsentiert. Auf der einen Seite lebensfroher, auf der anderen Seite oldschooliger wirkt das Album wie ein unabsichtlicher Throwback in die Zeit der Dungeon Crawler. Ist es schlechter als das Hauptspiel? Ein wenig schon, weil es eben ganz anders ist und wie ein Fremdkörper wirkt. Aber das ist Geschmackssache.

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Die Horden des Unterreichs

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Erscheinungsdatum: 2003

Art: Original Soundtrack (OST)

Komponist(en): Jeremy Soule

Trackzahl: 15

Wertung

Als hätte Soule meine Kritik am OST des Hauptspiels vernommen, setzt er im zweiten und abschließenden Addon Die Horden des Unterreichs nicht mehr auf eine Mischung aus düsteren Actionpieces und ruhigeren Stücken, die im drögen Einheitsbrei untergehen, sondern dreht das Verhältnis um. Ich möchte an dieser Stelle kurz eine Rezension von der Steam-Produktseite des Soundtracks zitieren:

Dies ist mit Sicherheit eine der besten Arbeiten von Jeremy Soule, en par mit den Soundtracks von Oblivion und Skyrim. Der Mann wurde mit der Aufgabe betraut, einen Soundtrack zu einem Fantasy-Spiel zu kreieren, das im Wesentlichen ein Baukasten ist. Er hätte das Ganze auch einfach nur nachplappern können, um den offenen Charakter von Neverwinter Nights als Ganzes zu imitieren, aber genau das hat er nicht getan. Soule ist ein wahrer Experte für atmosphärische Tracks, die die Szene untermalen und ein zurückhaltendes Klima in den im Wesentlichen digitalen, geometrischen Korridoren schaffen.

Die Kampf- und Dungeon-Tracks hingegen sind nicht wirklich seine Stärke… aber das ist wahrscheinlich auch nicht der Grund, warum man sich dieses Album zulegt.

Groover über Neverwinter Nights: Enhanced Edition Official Soundtrack

Obgleich sich der Nutzer auf das gesamte Album der Enhanced Edition bezieht, unterstreicht es meinen Punkt in diesem Fall doch ganz treffend. Die Horden des Unterreichs beginnt stark und setzt – zumindest zu Beginn – den Fokus deutlich mehr auf Setpieces, die eine eigene Identität besitzen. Wo es im Hauptspiel schwierig ist, bemerkenswerte Melodien zu erkennen, fühlt sich im Addon so gut wie jedes Stück einzigartig an.

Besonders schön finde ich, dass Soule größtenteils aus der Vergleichbarkeit mit dem zuvor benannten Knights of the Old Republic und Harry Potter und die Kammer des Schreckens ausbricht. Zugegeben klingt Queen of the Shattered Mirror sehr nach dem The Sith-Motiv, dem entgegen steht mit Waterdeep, City of Splendors derweil ein berührend wie magisches Stück, das ein wenig an Jesper Kyds spätere Arbeit für Assassin’s Creed II erinnert. Oder Zorvak’mur, in dem die Supreme Commander Ideen durchscheinen. Lith My’athar birgt dagegen den abenteuerlustigen Charme eines Guild Wars 2, weshalb der Track direkt weit oben bei mir einsteigt. Insgesamt legt der Komponist mit dem OST eine Renaissance hin, die den vergleichsweise austauschbaren Score des Hauptspiel um die richtigen Nuancen erweitert.

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