Harry Potter: Quidditch-Weltmeisterschaft
Außer Besen nichts gewesen
- Fehler 1: Dass ein Spiel mit dem Fang des Schnatzes beendet wird und dem Fängerteam 150 Punkte verschafft, wird schon seit jeher von vielen Fans kritisiert, weil das bedeutet, dass das eigentliche Match erst dann relevant wird, wenn ein massiver Vorsprung besteht.
- Fehler 2 wurde in der Antwort auch direkt beantwortet, denn natürlich weichen wir klassisch den schwarzen Klatschern aus und jagen als Sucher den Schnatz respektive als Jäger den Quaffel.
- Fehler 3: Mit hoher Sicherheit wurde das Quidditchspielen aus Hogwarts Legacy entfernt, um den Franchisehungrigen noch etwas Geld abzuknöpfen – welch Überraschung!
Und der letzte und wohl wichtigste Fehler ist die Behauptung, dass Harry Potter: Quidditch Champions das Erste seiner Art ist. Tatsächlich konnten wir dem Besensport schon vor über zwanzig Jahren frönen, in einem kleinen, kindgerechten Spiel namens Harry Potter: Quidditch-Weltmeisterschaft. Das landete glücklicherweise damals unterm Weihnachtsbaum und verschaffte mir zahllose spaßerfüllte Stunden, die retrospektiv betrachtet wohl meinem zarten Alter von elf geschuldet waren.
Das Spiel war selbstverständlich keine Hardcore-Simulation, sondern ein arcadiges Flugspektakel, das wohl am stärksten unter der schwachen KI und dem repetitiven Gameplay litt. Da man als Kind aber problemlos stundenlang etwas wenig Abwechslungsreiches macht, solange besagtes Etwas von ausreichend blinkenden Lichten und lauten Geräuschen begleitet wird, war mir das natürlich herzlich egal. Und Content-technisch war Quidditch-Weltmeisterschaft ein echtes Brett:
So konnten wir als Tutorial eines der vier Hogwarts-Häuser zum Quidditch-Pokal führen und mussten nicht, wie in den Film-Umsetzungen, nur in Form von Harry spielen. Wenn uns dieses Meisterstück gelang, ging es weiter mit die namensgebende Weltmeisterschaft, wo die Mannschaften aus neun Nationen um den Titel rangen. Insgesamt also 13 Teams mit 10 Spielfeldern, bestehend aus bekannten und weniger bekannten Charakteren aus der Buchvorlage und einem Haufen Unlockables, die, wie für die damalige Zeit üblich, natürlich schon im Spiel waren und nicht erst noch nachgekauft werden musste … good times.
Insgesamt war Harry Potter: Quidditch-Weltmeisterschaft ein solides Spiel, das mit einem Metascore von 68 allerdings nur zwei Punkte vor dem vom kürzlich erschienenen Harry Potter: Quidditch Champions liegt. Gerechtfertigt? Keine Ahnung. Aber da beim Nutzer*innen-Score eine größere Differenz liegt (7.1 zu 5.4), gehe ich davon aus, dass viele es mir gleichtun und etwas (zu) nostalgisch auf das damalige Zocken zurückblicken.
Belassen wir’s spieletechnisch dabei und wenden uns dem Soundtrack zu. Der stammt, wie alle Scores der ersten fünf Potter-Spiele, von Jeremy Soule und umfasst 15 Tracks bzw. 16, wenn wir den Bonus-Track dazurechnen. Und das sollten wir, denn bei Quidditch World Cup (Trailer)[Bonus] handelt es sich nicht nur um das Theme, das uns im Hauptmenü begrüßt, sondern tatsächlich um Giuseppe Verdis Messa da Requiem (Dies Irae) – und dafür war ich nicht bereit.
Wer das Stück kennt, der weiß um die Musikgewalt, die einem entgegenstöst. Ich habe keine Ahnung, ob es Soules Ansinnen war, der Champions League mit einem klassischen Werk nachzueifern, oder irgendein EA-Executive das Lied drin haben wollte. Auf jeden Fall erschlug mich das Stück damals fast, besonders, da ich etwas in Richtung der anderen Potter-Spiele erwartete. Aber ich war gleichsam hooked. Diese Orchestergewalt verstärkte meine kindliche Sportfantasie, und Quidditch war nicht mehr nur ein lustiger Sport, es war ein Statement! Schon faszinierend, was Musik so alles ausmacht.
Der ‚restliche‘ Score ist da wieder etwas gewohnter, auch wenn Soule hier ebenso mit Konventionen bricht. Gezwungenermaßen, wohl gemerkt, bilden neun der Stücke doch real existierende Nationen wie Australien, Frankreich, Deutschland oder Spanien ab. Folglich macht er das, was beispielsweise die Civilizations-Reihe gemeistert hat, und versucht stereotype Klänge in die einzelnen Themes zu weben. Das führt zu den wohl austauschbarsten Kreationen des Komponisten, der für gewöhnlich im Fantasy-Genre brilliert.
Die Tracks sind derweil nicht schlecht, doch erreichen meiner Meinung nach nicht die gewohnte Klasse, die wir aus Soules anderen Werken gewohnt sind. Spanish Anthem klingt wie aus einem Super Mario entnommen, bei USA Anthem hält die Parade Einzug und auch Japanese Anthem erhält volle Punkte beim Kung Fu Panda-Lookalike Contest.
Abseits der Landes-Themen gibt es noch Stücke wie The Magic Anthem, das am ehesten in Richtung der vorherigen Harry Potter-Spiele geht. Andere Lieder wie The Magic Match scheinen dagegen Gustav Holsts Die Planeten, Op. 32, vor allem Mars, der Kriegsbringer, nachempfunden zu sein. Mit Blick auf das Trailer-Theme stellt sich hier die Frage, ob Soule für dieses Album besonders auf Inspiration aus der Klassik gesetzt hat?
Nostalgiewarnung
Nr. | Titel | Interpret(en) | Bewertung |
---|---|---|---|
01 | The Magic Anthem | Jeremy Soule | |
02 | The Magic Match | Jeremy Soule | |
03 | Australian Anthem | Jeremy Soule | |
04 | Bulgarian Anthem | Jeremy Soule | |
05 | English Anthem | Jeremy Soule | |
06 | French Anthem | Jeremy Soule | |
07 | German Anthem | Jeremy Soule | |
08 | Japanese Anthem | Jeremy Soule | |
09 | Nordic Anthem | Jeremy Soule | |
10 | Spanish Anthem | Jeremy Soule | |
11 | USA Anthem | Jeremy Soule | |
12 | International Match | Jeremy Soule | |
13 | Field Anthem | Jeremy Soule | |
14 | Field Match | Jeremy Soule | |
15 | The Challenges* | Jeremy Soule | |
16 | Quidditch World Cup (Trailer)[Bonus] / Dies Irae | Giuseppe Verdi |
*Track als Slug Chase / Broom Lesson im Harry Potter und die Kammer des Schreckens-Soundtrack enthalten