Dungeon Siege

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Infos
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Original Soundtrack
Erscheinungsdatum: 2002
Art: Original Soundtrack (OST)
Komponist(en): Jeremy Soule
Trackzahl: 41
Wertung
Unterirdisch gelagert
Hier geht’s zur Music-Review von
Legends of Aranna (2003).
Es war eine LAN-Party, eine der ersten, die mein Bruder bei seinem Kumpel Marvin besucht hatte und zu der ich als kleiner Bruder natürlich nicht mit durfte. Dort wurde neben diversen Shootern alles ins Laufwerk geschoben, was remotely multiplayertauglich war. So eben auch Dungeon Siege, das einer der LAN-Teilnehmer – nennen wir ihn mal Herrn T – mitgebracht hatte.
Da wir uns in Dungeon Siege in bester Pen & Paper-Manier als Gruppe ins Abenteuer stürzen, übernimmt im Einzelspieler der Computer die Kontrolle über die Begleiter*innen. Ein Multiplayermodus ist entsprechend einfach umzusetzen, jedoch ist das Spiel mit einer durchschnittlichen Spieldauer von 30 Stunden mehr etwas für langfristigere Zockereien, als ein zeit- und räumlich begrenztes Gaming-Intermezzo.
Nun hatte dieses Rollenspiel aber einen toller Kniff, den wir heutzutage meist nur noch aus MMORPGs kennen: /follow. Mit diesem Command läuft beispielsweise in WoW unser Charakter stumpf der ausgewählten Person hinterher. Praktisch, wenn man kurz vom PC muss und das digitale Alter Ego sowieso in die gleiche Richtung unterwegs ist wie der Vordermann. Dungeon Siege ging derweil noch einen Schritt weiter! Denn nicht nur laufen unsere Recken durch besagten Befehl einer Person hinterher, nein, der Computer übernimmt auch die Kontrolle und setzt Waffen, Fähigkeiten und Tränke ein – und das nicht mal schlecht.
Und so begab es sich der Erzählung nach, dass die Schar, die Herrn T hinterherlief, nach ein paar holperigen ersten Minuten plötzlich viel koordinierter und wie an seinen Versen zu haften schien. Es sollen auch Sätze wie „Wow Jungs, ihr seid jetzt richtig gut!“, gefallen sein. Was Herrn T dabei nicht auffiel, war die Tatsache, dass seine Mitstreiter schon lange nach unten zum Essen gegangen waren und er, völlig versunken im Spiel, eine Privatparty feierte. Es wäre fast traurig, wenn es nicht so lustig wäre. Aus diesem Grund hat sich der Ausdruck „/follow“ tief in mein Gedächtnis eingebrannt und die Geschichte erheitert mich, meinen Bruder und sogar Herrn T bis heute.
Kommen wir zum Soundtrack. Der stammt, wie gefühlt die Hälfte aller Scores aus den frühen 2000ern, vom in Ungnade gefallenen Amerikaner Jeremy Soule (mehr dazu in Über Cancel Culture) und schlägt in die gleiche Kerbe wie der von Neverwinter Nights. Tatsächlich ist die Kerbe so ähnlich, dass ich kurz mein damaliges Fazit bemühe:
Auch wenn […] der Score zu Neverwinter Nights den 32. Eintrag seiner beeindrucken Videografie darstellt, wirkt die Musik hier noch etwas zu formelhaft. Jede*r Künstler*in hat natürlich seinen oder ihren Stil, doch die Elemente wie ferne Trommeln, die mit düsteren Bläsern und Streichern Suspense aufbauen, habe ich so vorher schon in besser gehört – ob nun wegen bewegenderer Melodien oder aufgrund nostalgischer Verklärung kann ich nicht sagen. Für mich sticht bei Neverwinter Nights kaum etwas aus der Masse.
Über Neverwinter Nights
Ersetzen wir Neverwinter Nights durch Dungeon Siege, könnte ich mir viel Schreib- und euch Leseaufwand sparen – aber das wäre ja zu einfach. Schließlich ist das Album keine Kopie, sondern unterscheidet sich in ein paar essenziellen Punkten. Zum einen in der Anzahl der Tracks: Die fällt beim Dungeons & Dragons-Rollenspiel mit 66 Stücken zwar üppiger aus, dafür sind die 41 Tracks aus Dungeon Sieges deutlich länger und der Score mit zwei Stunden Runtime sogar eine halbe Stunde ergiebiger. Allerdings handelt es sich laut dem Fan-Wiki auch nur auf dem Papier um einen OST, weil dieser nie offiziell veröffentlicht wurde.
Tatsächlich wurden in dieser mir vorliegenden Version viele kurze Stücke zusammengeschnitten, was ich zum einen scheiße und zum anderen schade finde. Denn nicht nur sind die individuellen Lieder dadurch teilweise bis zu neun Minuten lang (hasse ich), sondern vermischen auch Motive und Gefühlswelten. So kann wie bei Fortress Kroth auf einen heroischen Ansturm eine Harfenweise und dann langweiliges Ambientrauschen folgen, was die Gesamtwertung natürlich nach unten zieht. Umgekehrt sehe ich mich aber auch nicht in der Verantwortung, jeden Track einzeln aufzudröseln und von Timecodes zu sprechen, wenn das hier am Ende die inoffizielle ‚offizielle‘ Darreichungsform ist.
Der andere Punkt, der Dungeon Siege von Neverwinter Nights unterscheidet, ist die Tatsache, dass es Erstgenannter schafft, noch langweiliger zu sein. Ich weiß nicht, was es ist. Liegt es an mir? Kann ich mir Spielemusik der 2000er nur mit nostalgischer Verklärung geben oder ist dieser Score einfach nicht ‚so gut‘? Dafür würde jedenfalls das Fehlen von Highlights sprechen. Insgesamt fällt dieses Album noch stärker in die Kategorie Ambient-Resterampe – was schade ist.
Das ist besonders für mich als Kenner von Soules anderen Arbeiten enttäuschend, weil immer wieder Versatzstücke aus anderen Alben auftauchen: die Streicher aus Star Trek: New Worlds (Glacem, Subterranean River), die Bläser aus Supreme Commander (Goblin Caves), die Percussions aus The Elder Scrolls / Guild Wars (Dragon’s Lair), die Action aus Knights of the Old Republic (Commander Gom) oder das magische Gefühl von Harry Potter (Flooded Dungeon, The King, King Konreid) – sie alle erinnern mich an Brillanz, die mir hier fehlt.
Nostalgiewarnung
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Original Soundtrack
Legends of Aranna

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Infos
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Original Soundtrack
Erscheinungsdatum: 2003
Art: Original Soundtrack (OST)
Komponist(en): Jeremy Soule
Trackzahl: 17
Wertung
Kurz gesagt: ja. Auch Legends of Aranna, die Standalone-Erweiterung, die Ende 2003, also anderthalb Jahre nach Dungeon Siege erschien, ist keiner von Soules großen Würfen und bleibt somit ebenfalls hinter meinen Erwartungen. Wie schon das Hauptspiel gibt es auf für den Score von Aranna nur einen Eintrag im Fan-Wiki, weshalb ich zwar die Formulierung OST (also Original Soundtrack) verwende, es sich allerdings nicht um einen offiziell veröffentlichten Soundtrack handelt.
Klingt verwirrend? Gut! Denn zusätzlich dazu, dass sich die Tracks wieder aus unterschiedlichen Fragmenten zusammensetzen, fehlt in dem Wiki-Album der Track The Dead. Den gibt’s dafür in diesem YouTube-Video zu hören und, ausgehend von der Länge der Stücke, ist er auch nicht irgendwo fälschlicherweise hinzugezählt worden … deshalb taucht er jetzt in meiner Liste auf. So faul ich auch bin, da greift meine Pedanterie.
Wo war ich? Ach ja, Musik. Die ist im Großen und Ganzen mit der des Hauptspiels gleichzusetzen, auch wenn dankenswerterweise keines der Stücke die Fünf-Minuten-Marke reißt. Wirklich erwähnenswert sind wohl nur die netten Action-Pieces Arhok und The Haunted Ruins, das ominöse The Skull of Cicatrix, das gefühlvolle The Ultreans sowie der Easter-Egg-Track The Secret Disco Theme, der mit seinem 60er Club-Feeling dezent aus der Reihe boogiet. Für seine Zeit sicherlich ein vorzeigbarer Score, reicht die Qualität heute leider kaum noch an die gewohnten Standards. Wie ein Wein, der etwas zu lange im Keller gelegen hat.
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Original Soundtrack