Assassin’s Creed: Brotherhood
Assassin’s Creed:
Brotherhood
11.02.2025
Da Vinci Creed
Denn als popkulturelles Medium unterliegt das Videospiel den Gesetzmäßigkeiten des Trend-Begriffs ebenso wie Filme, Mode und die Kunst im Allgemeinen. Im Bereich der Games gab es beispielsweise die Phase, in der jede*r Shooter-Protagonist*in plötzlich mit Pfeil und Bogen unterwegs daherkamen. Oder Spiele nur noch Game as a Service und/oder Open-World waren. Bei Assassin’s Creed war es das Genre der Tower-Defense-Spiele, das überraschend (und einmalig) Einzug hielt.
Meiner Erinnerung nach war Brotherhoods einziges Manko die Map-Begrenzungen innerhalb Roms, die aus der Renaissance-Metropole eine künstlich beschnittene Spielwiese machten. Aus technischer Sicht und mit Blick auf den narrativen Fokus des Spiels ist diese Entscheidung wohl verständlich, immerhin befreien wir die Hauptstadt Bezirk für Bezirk vom Einfluss der Borgias. Doch die späteren Assassinen-Abenteuer Unity (Paris), Syndicate (London) und zuletzt Mirage (Bagdad) haben gezeigt, dass ein einzelnes Setpiece auch ohne artifizielle Limitierungen funktionieren kann. Genug davon. Lasst mich nicht weiter ein 15 Jahre altes Spiel kritisieren, zumal es heute wohl immer noch spaßig sein dürfte und, wie viele der alten Teile, ein Remake oder Remaster mehr als verdient hätte.
Stattdessen leite ich über zur Soundtrack-Review. Wie schon bei den beiden Hauptspielen war erneut Jesper Kyd für die Musik zuständig und setzte dort an, wo er bei Assassin’s Creed II aufgehört hatte – zumindest stilistisch. Es erwartet uns eine interessante Mischung aus Streichern, Gitarre und hallenden Percussions, die in Kombination mit den Vocals dem Score eine Eindringlichkeit verleihen, wie es nur Kyds Kompositionen vermögen.
Der Brotherhood-OST fällt mit 20 Tracks hierbei deutlich weniger umfangreich als der 35-Track-Score des Hauptspiels aus. Da hilft auch die Codex / Collector’s Edition kaum. Die bringt zwar ihrerseits 22 Stücke auf die Waage, davon sind allerdings nur drei Songs (Rome Countryside, Legacy of the Borgia Family, End Fight [Bonus]) neu. Im Gegenzug fehlt Apple Chamber und Infiltrating the Borgia Castle ist inhaltsgleich mit Flags of Rome aus dem OST – you win some, you lose some.
Dabei möchte man meinen, dass mehr Assassin’s Creed II, dem ich damals 4/5 Sternen attestiert habe, doch eigentlich etwas Gutes ist? Theoretisch schon, doch Kyd liefert keine nahtlose Fortsetzung ab, sondern schwenkt seine Kreation mehr in Richtung Thriller. Das mag der Geschichte um die Widersacher-Familie geschuldet sein, die ihren dunklen Einfluss über die Stadt ausbreitet, und deren Themes, wie beispielsweise Borgia Occupation oder Borgia – The Rulers of Rome, auf der Suche nach dem Schulterschluss mit Left 4 Dead düster bedrohlich daher-mollen. Einzige nennenswerte Ausnahme stellt City of Rome dar, dessen reges musikalisches Treiben im Vergleich zum restlichen OST fast schon fröhlich scheint und den jugendlichen Spirit des Hauptspiels am meisten widerspiegelt.
Generell sind die weiblichen, opernhaften Stimmen in Brotherhood eher Klagegeister als beseelte Engel, weshalb Tracks wie Cesare Borgia, Flags of Rome, Brotherhood of the Assassins oder Countdown häufig einer Lamento ähneln als dem beinah unbeschwerten Renaissance-Feeling des Hauptspiels. Dem gegenüber steht der Männerchor bei Villa Under Attack und Battle in Spain, der als Hauptbestandteil des Themes die brachiale Unnachgiebigkeit unseres Erzrivalen Cesare in Szene singt.
Doch Kyd taucht nur kurz in den Horror-esquen Klangpfuhl und bewegt sich ansonsten in Richtung von Thriller-Action Marke The Da Vinci Code – Sakrileg (The Pantheon, Countdown, Desmond Miles) oder Spielereihen wie Tomb Raider (Echoes of the Roman Ruins) und God of War (Master Assassin, The Pantheon, Roman Underworld). Ein Abstecher ins Sci-Fi-Artige der Animus-Welt bieten uns indes VR Room und Apple Chamber.
Meine persönlichen Highlights bleiben derweil zum einen das chaotische The Brotherhood Escapes, welches, Chariot Chase aus AC II nicht unähnlich, die halsbrecherische Flucht unseres Protagonisten und seiner Kompatrioten vor unserem inneren Auge erscheinen lässt. Zum anderen Countdown, dessen unnachgiebig tickende Uhr und rhythmisches Trommeln ein fieses Gefühl des Verfolgtwerden erzeugen. Dazu diese gehauchten Stimmen, der Break in der Mitte und das Durcheinander – das passt einfach.
Von den drei Tracks der Codex / Collector’s Edition sagt mir dagegen das unscheinbar beginnende Rome Countryside zu, das langsam seine Traurigkeit in Form einer Arie verliert und zum Ende hin mit gefühlvollen Streicher Witcher-esque Landschaften heraufbeschwört. Auch das experimentelle End Fight [Bonus] ist wohl eine Erwähnung wert: Hier treffen E-Gitarren auf Ave Maria und Synthies, wie es nur ein Assassin’s Creed schafft.
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.
- Titel bereits im OST enthalten.
- Assassin’s Creed: Brotherhood – Track 04 – Flags of Rome





