Game Review,  MaybeGames

Fahrenheit

Erscheinungsdatum: 2005
Entwickler: Quantic Dream
Genre: Interaktives Drama
Spieldauer: 15 Stunden


Abgedrehter Mystikthriller, der zu schnell zu bescheuert wird

Dies ist die Game-Review. Hier geht’s zur Music-Review.

Meinen ersten Kontakt mit Fahrenheit (bzw. Indigo Prophecy, wie es im Original heißt), hatte ich mit der Demo, die einer Ausgabe der Gamestar beilag – toll, gleich doppelt Nostalgie in einem Satz! In der rund 10-minütigen Kostprobe spielen wir den Anfang des Thrillers und beobachten einen der Protagonisten, Lucas Kane, der von fremden Mächten gesteuert einen Mann auf der Toilette eines typischen, amerikanischen Diner ersticht. Kaum ist die Gräueltat begangen, kommt Lucas wieder zu sich. Seine Laune, eines der Spielelemente, geht verständlicherweise in den Keller, aber das ist jetzt das kleinste Problem. Er muss die Mordwaffe loswerden, die Leiche verstecken und herausfinden, wer oder was ihn zu dem Mord an einem völlig Fremden getrieben hat.

Die Atmosphäre ist dicht und bedrohlich, die Charaktere agieren glaubhaft. Dabei bleibt das Spiel von Quantic Dream angenehm konsequent: Lassen wir Lucas nicht das Blut von seinen Händen waschen, erweckt er Aufmerksamkeit beim Verlassen des Restaurants. Versteckt er die Tatwaffe nicht, wird sie schneller von den Detectives gefunden. Und hier kommt auch schon der andere Storytwist: Neben Lucas spielen wir noch zwei weitere Protagonisten, Carla Valenti und Tyler Miles von der Mordkommission. Wir verkörpern also Jäger und Gejagter, wobei das Spiel es uns nicht zu einfach macht. Beispielsweise blendet das Game aus, wenn Lucas das Messer versteckt, damit wir in der Rolle der Detektive nicht sofort wissen, wo wir zu suchen haben.

Klischee? Okay!

Beim Charakterdesign wurde nicht in die Klischee-Kiste gegriffen, sondern direkt mit einem Kopfsprung versenkt. Da haben wir zum einen den ewig hippen und Reggae-hörenden Tyler, der im Präsidium mit Papiermüll-Basketball spielt und der selbst beim Gehen Funk versprüht – weil er eben farbig ist. Oder Carla, die italienische Detektivin, die direkt einer amerikanischen Crime-Serie à la Law & Order entsprungen sein könnte. Auch abseits der Hauptcharaktere treten die bekannten Stereotypen auf: der Bruder, der als gläubige Pastor auf Lucas Tat aus einer geistlichen Sicht blickt, oder die schrullige, alte Frau, die als blindes Medium unsere Zukunft orakelt. Die Dynamik unter den Charakteren, besonders zwischen den beiden Detektiven, macht Spaß und ist einer der größten Pluspunkte des Spiels, besonders, da die Beziehungen durch unsere Entscheidungen größtenteils glaubhaft beeinflusst werden.

Da hört’s dann aber leider auch auf mit dem Positiven. Zwar baut das Spiel immer wieder Spannung auf, indem es uns unter Zeitdruck Entscheidungen treffen lässt, leider reicht das nicht aus, um das Tempo vom Anfang aufrecht zu erhalten. Besonders durch die Flashback-Sequenzen in Lucas Kindheit wird, in Kombination mit dem mäßigen Gameplay, der Flow der Story eingeschränkt und die häufigen Quicktime-Events, die schnell zu Trial-and-Error ausarten können, sorgen dafür, dass das Erzähltempo zusätzlich gedrosselt wird. Der andere große Kritikpunkt ist aber leider für mich auch die wirre Story, die ich hier natürlich nicht spoilern werden. Ich muss aber anmerken, dass ab einem gewissen Punkt Erinnerungen an die verkorkste Serie Heroes wach werden, bis sich die Geschichte mit bescheuerten Twists und Matrix-artigen Tropen schließlich völlig in die Absurdität schießt.

Fazit

Halten wir also fest: eine spannende Prämisse, in der wir sowohl den Täter als auch seine Häscher spielen. Check. Eine temporeiche Geschichte, die stark anfängt, aber schnell an Drive verliert. Check. Und ein Gameplay, was okay funktioniert, an vielen Stellen aber an der schlechten Steuerung krankt. Leider auch check. Was bleibt, ist ein guter Ansatz mit einer mangelhaften Umsetzung. Für mich taugt das super als Appetitanreger auf die anderen QuanticDream-Spiele, die ich wegen Konsolenexklusivität bisher noch nicht spielen konnte – bis jetzt. Denn die sind mittlerweile auch auf dem PC erschienen, was bedeutet, dass ich die endlich nachholen kann. Und wenn sie meine Kritikpunkte an Fahrenheit angepackt haben, dann freue ich mich schon, wenn ich endlich Heavy Rain, Beyond: Two Souls und Detroit: Become Human zocken kann. Alle Infos zum Soundtrack gibt’s übrigens hier: Music Review Fahrenheit.

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