Sacred 2: Fallen Angel
Sacred 2:
Fallen Angel
09.06.2024
Geweiht weg
Da ich selbst nie Diablo gespielt hatte, dafür aber Genre-Vetter wie Dungeon Siege, Titan Quest und eben Sacred, war ich ziemlich gehypt, als der Nachfolger Sacred 2: Fallen Angel erschien. Nicht nur sah es verboten gut aus, es versprach größer, komfortabler und alles in allem besser als der Serienbegründer zu sein. Doch obwohl ich sehr viel Spaß mit dem Game hatte, war die deutsche Antwort vom Entwickler Ascaron nie auf dem Niveau eines Blizzard-Titels.
Nicht nur war Sacred 2 ein ziemliches Bugfest, als es auf den Markt kam, ihm fehlte ein wenig der Charme des Vorgängers. Klar waren mit Sprechern wie Thomas Fritsch (Scar aus Der König der Löwen), Sandra Schwittau (Bart von den Simpsons), Michael Pan (Data aus Star Trek: Die nächste Generation) und Raimund Krone (Worf, ebenfalls aus Star Trek: TNG) ein Ensemble aus meiner Kindheit am Mikrophon versammelt, aber der skurrile Charme von Teil 1 („Schlagt ihm den Kopf ab, ich brauch’n neuen Aschenbecher!“) konnte es mit seinem bemühten Humor nicht erreichen.
Trotzdem – und deshalb der Einschub zu Beginn – hatte ich sehr, sehr viel Spaß mit diesem Kleinod. Denn die Bugs waren, anders als bei Gothic 3, nicht nur Grund für Frust, sondern auch Erheiterung: So spielte ich einen Inquisitor, der als Imperator-Verschnitt aus Star Wars mit Blitzen um sich warf und sich sogar verdoppeln konnte. Ein Programmierfehler brachte mir dann sehr schnell das Prinzip von exponentiellem Wachstum bei, als meine Klone plötzlich ebenfalls zaubern konnten und so begannen, sich munter zu verdoppeln. Das zwang meinen PC zwar recht schnell in die Knie, machte die Gefechte indes deutlich einfacher.
Zudem konnte ich Sacred 2 gemeinsam mit meinem Kumpel Jacko zocken, was zu einigen durchdaddelten Nächten führte, in denen wir die Welt Ancaria in Wald-, Sumpf- und Wüstengebieten von diversem Monstervolk befreiten. Und legendär bleibt natürlich auch der Gastauftritt der Krefelder Metal-Band Blind Guardian, die den erfolgreichen Abschluss ihrer Questreihe mit einem Gastauftritt und dem Song Sacred belohnten. So etwas gibt es bei den (heutigen) AAA-Blockbustern einfach nicht.
Damit haben wir direkt den Bogen zum OST geschlagen, der mit seinen 18 Tracks für die Zeit vergleichsweise umfangreich daherkommt. Qualitativ gibt es ebenso wenig zu meckern. Was hören wir? Typisches Fantasygedudel in Orchestergüte, das recht unaufdringlich im Hintergrund auf Harfe (Highelves Day Suite) oder Gitarre klampft (Humans Town, Humans Day Suite). Wer für den Soundtrack verantwortlich ist, wollt ihr wissen? Hervorragende Frage, die das Internet auf die unterschiedlichsten Arten beantwortet.
Webseiten wie das Sacred-Wiki oder MobyGames benennen Dag Winderlich (Komponist vom ersten Sacred) und Stefan Ruthenberg sowie den Freelancer Pedro Macedo de Oliveira Camacho. Discogs wirft dagegen mit dem großen Namen Dynamedion um sich. Eine definitive Antwort habe ich leider nirgendwo gefunden. Vielleicht arbeitete einer der Komponisten für die deutsche Kreativschmiede, vielleicht waren sie auch nur an der Orchesterproduktion beteiligt. Who knows? Who cares?
Wichtig ist doch erst mal nur, ob die Musik was taugt – und das tut sie. Zumindest, wenn man auf der Suche nach unspektakulärer Hintergrundberieselung ist. Die bildet der Sacred 2: Fallen Angel-Soundtrack perfekt ab, indem er die unterschiedlichen Landschaften in die etwas spannenderen Capital– / Town– / Camp-Tracks und die plätschernderen Day Suites unterteilt. Mal hochgestochener (Higheleves Capital), mal tribalartig (Dryads Town, Orcs Camp) und immer mit diesem klassischen Fantasy-Anstrich bringt der Score absolut nichts Weltbewegendes auf die Strecke. Wem das reicht, der wird hier glücklich.
Meiner Meinung nach wurde hier, wie schon beim Vorgänger, viel Potenzial verschenkt. Motive wurden nicht durchgezogen, Ausrufezeichen fehlen. Ein paar der Melodien wie in Island Day sind ganz nett anzuhören, versinken aber in der großen Belanglosigkeit der Gesamtkomposition. Wo der Vorgänger mit seinem Retrocharme zumindest noch etwas die Nostalgienerven kitzelt, sorgt die hohe Soundqualität beim Nachfolger dagegen dafür, dass die musikalische Ideenlosigkeit im Vergleich zu zeitgenössischen Alben sichtbar wird. Spiele wie Torchlight oder Diablo II bleiben da einfach im Ohr. Bis auf das Gastspiel der Blinden Wächter ist hier leider nichts Bemerkenswertes dabei. Schade!
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.





