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To the Moon

Erscheinungsdatum: 2011
Art: Original Soundtrack (OST)
Komponist(en): Kan Gao
Trackzahl: 31


Versteckte Perle

2011, als die ersten Indie-Games aus dem Schattendasein traten und anfingen, den großen Produktionen Konkurrenz zu machen, war auch ein kleines Ein-Mann-Projekt namens To the Moon unter ihnen. Programmiert wurde das Spiel von Kan Gao, der dafür den RPG-Maker nutzte, weshalb der Look gerade Fans früher japanischer Rollenspiele begeistern dürfte. Ich selber habe das Spiel tatsächlich nur gespielt, weil es mir als Geschenk in die Bibliothek gespült wurde – danke dafür, Jacko!

Ich ging also ohne Erwartungen an das Spiel heran und war etwas überrascht ob der Story. Die handelt nicht etwa von Weltrettung und Monsterbekämpfungen, sondern von dem Angestellten-Duo Dr. Eva Rosalene und Dr. Neil Watts, die wir bei ihrem Auftrag steuern, einem Mann namens Johnny Wyles neue Erinnerungen einzupflanzen. Denn der liegt im Sterben und ihr Arbeitgeber bietet eben solchen Leuten an, quasi als letzten Service, ein wenig an ihrem Gedächtnis herumzudoktorn. So ist To the Moon eher ein psychologisches Drama, das in die geistigen Tiefen des Menschen einsteigt und uns mit einem zwinkernden und einem tränenden Auge durch die verschiedenen Lebensabschnitte von Johnny führt.

Wir haben es also viel weniger mit einem richtigen Spiel zu tun, als vielmehr mit einem grafischen Textadventure. Das hatte mich zwar zunächst abgeturnt, allerdings ist die Geschichte wirklich interessant geschrieben und bewegend. Das liegt zum einen an dem angenehmen Kontrast aus Tragik und Humor, wie beispielsweise dem trotteligen Forscherduo, das Johnnys Erinnerungen erlebt, kommentiert und sich an der Aufklärung der Frage um das Mysterium festbeißt, warum ihr Auftraggeber sich so sehr wünscht, den Mond zu sehen. Zum anderen aber auch an dem tollen Soundtrack, um den es jetzt geht. Kurz vorher möchte ich mich aber noch den über 50.000 positiven Kritiken auf Steam anschließen und sagen: kann man mal spielen, dauert auch nur knapp vier Stunden – oder man schaut sich ein Let’s Play an.

Der Soundtrack stammt ebenfalls von Kan Gao, der sich für drei Tracks Unterstützung von Laura Shigihara geholt hat, die wir beispielsweise schon vom fantastischen Plants vs. Zombies-OST kennen. Hier spielt sie indes die zweite Geige, denn die restlichen 28 Stücke von Gao sind durch die Bank auf hohem Niveau, tendenziell allerdings eher etwas für Klavierliebhaber und Romantiker.

Als jemand, der das Spiel durchgespielt hat und die Geschichte rund um Johnnys Wunsch, zum Mond zu fliegen, kennt, berührt mich die Musik vielleicht anders als Nichtkenner. Aber auch Uneingeweihten könnten das bedrückend schöne Born a Stranger oder das verträumte For River – Piano [Johnny’s Version] eine Träne entlocken. Gao driftet jedoch nicht ins Pathetische ab, sondern navigiert den schmalen Grat einer Rom-Com meisterlich. Beispiel hierfür ist direkt das Main Theme To the Moon, das gleichsam gefühlvoll und verspielt daherkommt, antreibt und ebenso zum Treibenlassen einlädt.

Als Kontrast in der Musik nutzt Gao die beiden Forscher, deren Musik eher amüsant daherkommt: Between a Squirrel and a Tree ist mit seiner Kombination aus Pizzicato-Klängen und Oboe augenzwinkernd neugierig, während man bei Bestest Detectives in the World unweigerlich an den neunmalklugen Schüler denkt, der gerade oberlehrerhaft den Finger erhoben hat. Und selbst das Too Bad so Sad ist trotz seiner Dauer von gerade einmal neun Sekunden aufgrund der überzogenen Theatralik unweigerlich komisch.

Hinzukommen an Professor Layton oder Trine erinnernde Mystery-Tracks wie Spiral of Secrets und Uncharted Realms, Feel-Good-Musik bei Take Me Anywhere und World’s Smallest Ferris Wheel sowie wirkungsvoll bedrohliche Action-Tracks (Teddy, Beta-B), die fast schon als Hommage an große japanische Rollenspiele Marke Final Fantasy durchgehen könnten.

Das Herz des Soundtracks bleiben derweil die tief emotionalen Stücke, die die Geschichte rund um Johnny und seine Sehnsucht auf ein ganz neues Level heben. Das Theme um River, Johnnys Liebe, ist in all seinen Variationen wunderschön. Having Lived und Lament of a Stranger sind bitter melancholisch, Moongazer und Anya by the Stars dagegen verträumt, und bei Once Upon a Memory wird sogar mal die Gitarre rausgeholt – schön!

Das Einzige, was man an dem OST bemängeln kann, sind die Tracks an sich, die nicht nur alle recht kurz sind – was an sich kein Problem wäre – sondern oft auch unvermittelt enden. Meine Überprüfung hat zwar gezeigt, dass es sich hier nicht um einen technischen Defekt handelt, trotzdem hat man häufiger das Gefühl, dass ein Fade-Out sicher nicht geschadet hätte. So bleiben die Stücke zwar angenehm snappy und eingängig, richtig rund wirkt es jedoch nicht. Schade!

Aber das soll es auch mit der Kritik gewesen sein, denn To the Moon braucht nicht viele Worte. Es schafft es, in vier Stunden eine Story zu erzählen, die einem nähergeht als mancher Hollywoodstreifen. Das Ganze nur von einer Person, die darüber hinaus auch einen der besten Indie-Scores komponiert hat – großartig. Umso trauriger, dass es To the Moon trotzdem nicht in meine Top 10 der besten Indie-Scores geschafft hat. Wer stattdessen darin gelandet ist, könnt hier dort nachlesen.


Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

Nr.TitelInterpret(en)Bewertung
01To the MoonKan Gao44/5
02Between a Squirrel and a TreeKan Gao44/5
03Spiral of SecretsKan Gao44/5
04For River - Piano [Sarah & Tommy's Version]Kan Gao44/5
05Bestest Detectives in the WorldKan Gao44/5
06Too Bad so SadKan Gao11/5
07TeddyKan Gao55/5
08Uncharted RealmsKan Gao44/5
09Having LivedKan Gao44/5
10MoonwisherKan Gao55/5
11Born a StrangerKan Gao55/5
12For River - Piano [Johnny's Version]Kan Gao55/5
13Lament of a StrangerKan Gao44/5
14Everything's Alright (Music Box)Laura Shigihara44/5
15MoongazerKan Gao44/5
16Anya by the StarsKan Gao44/5
17Take Me AnywhereKan Gao44/5
18WarningKan Gao11/5
19Beta-BKan Gao55/5
20World's Smallest Ferris WheelKan Gao44/5
21Once Upon a MemoryKan Gao44/5
22Once Upon a Memory [Piano]Kan Gao44/5
23Everything's AlrightLaura Shigihara44/5
24Everything's Alright (Reprise)Laura Shigihara44/5
25TomorrowKan Gao55/5
26LaunchKan Gao55/5
27To the Moon - Piano [Ending Version]Kan Gao44/5
28Eva's RingtoneKan Gao11/5
29Trailer Theme, Part 1Kan Gao44/5
30Trailer Theme, Part 2 (feat. Laura Shigihara)Kan Gao44/5
31Trailer Theme, Part 2 [Instrumental]Kan Gao44/5

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