The Witcher 2: Assassins of Kings
The Witcher 2:
Assassins of Kings
01.11.2025
Die Vorhut
Irgendwie ist es seltsam, dass ich das erste The Witcher gut fand und The Witcher 3 in meiner persönlichen Hall of Fame als eines der besten Spiele aller Zeiten einsortiere, aber nie wirklich mit The Witcher 2 warm wurde. Vermutlich war es das Timing, hatte ich das Spiel doch übersprungen und erst später nachgeholt – allein, um die ganzen Anspielungen aus Teil 3 zu verstehen. Trotzdem habe ich es nicht bis übers Ende des ersten Kapitels geschafft. Zu meiner Verteidigung: Entweder ist mein Spielstand kaputtgegangen oder es gab ein anderes technisches Problem, ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall war ich in irgendeinem Hügelgrab (im Spiel) und der Abbruch war technisch motiviert.
Sei es wie es ist, habe ich kaum Berührungspunkte mit The Witcher 2: Assassins of Kings gehabt, und das, obwohl mich mein Bruder bis heute dafür verurteilt. Denn immerhin konnte man etwa in der Mitte des Spiels eine Entscheidung treffen, die dafür sorgte, dass wir bis zum Schluss zwei grundsätzlich verschiedene Geschichten erleben! Ein echtes Rollenspiel also, dessen 88er-Metacritic-Score sowie ein User-Score von 8.2 bis heute überdurchschnittlich sind. Tja, Chance verpasst. Aber vielleicht kommt ja nach dem Remake des ersten Teils auch eines für Teil 2?
Während sich die Geschichte erneut um den namensgebenden Hexer Geralt dreht, gab es zumindest an der Komponistenfront leichte Änderungen. Anders als beim Vorgänger wird Adam Skorupa (Iron Harvest, Painkiller) dieses Mal nicht von Paweł Błaszczak (Dead Island, Dying Light) begleitet, sondern von Krzysztof Wierzynkiewicz. Mit dem sollte er später erneut bei Iron Harvest zusammenarbeiten und einen durchaus vorzeigbaren Score erschaffen, nicht aber bei Teil 3.
Für The Witcher 2 schrieben sie neun Jahre zuvor jedoch erst einmal 23 Tracks für den OST (bzw. 50 für die Enhanced Edition), die wie schon der erste Serienteil in den Gewässern klassischer Fantasykost fischten. Im Gegensatz dazu merkt man jedoch, dass sich sowohl Technik als auch Budget weiterentwickelt haben. Wo Geralts Debutbegleitung durch ihre geringe Tiefe austauschbar wirkt, fühlt sich der Score zum zweiten Spiel etwas wertiger an – wenn auch nicht viel. Denn auch die Konkurrenz der 2010er-Jahre hatte mit Dragon Age oder Gothic 3 gezeigt, wie imposant das Fantasy-Genre klingen konnte.

Dagegen wirkt The Witcher 2 erneut blass und kann nur stellenweise aus der Austauschbarkeit ausbrechen: Through the Underworld, The Lone Survivor, Into the Fields, Vergen by Night und Dreary Stronghold sind handzahme Fantasyware, wie wir sie als Hintergrundberieselung aus Spielen wie Overlord, Two Worlds 2 oder Risen kennen. Into the Fields und An Army Lying in Wait lassen durch die Bläser immer mal wieder kurz Reminiszenzen an Der Herr der Ringe durchscheinen, doch diese bleiben zu flüchtig.
Was man schnell bemerkt, ist das Fehlen der düsteren, moll-artigen Töne, die das Hörerlebnis des ersten Teils noch maßgeblich prägten und ihm eine Art ‚slawischer‘ Folklore verpassten. The Witcher 2 fühlt sich ‚klassischer‘ an, mehr im Stil westlicher(er) Rollenspiele, auch wenn Stücke wie A Quiet Corner das Sehnsuchtsvolle des Witcher-Themes kitzeln. Das taucht über den Score verteilt immer wieder auf und gibt Stücken wie Ragicide und Into the Fields ein Gefühl von Zusammengehörigkeit – I like.
An der Actionfront haben sich dagegen zwei Lager gebildet: Schnelle, Bouzouki-artige Gitarrenklänge in The Path of a Kingslayer, The Assassin Looms und Howl of the White Wolf, die ein wenig Assassin’s Creed– oder Prince of Persia-Feeling heraufbeschwören; und die E-Gitarren-Front. Richtig gehört: Serienuntypisch shredden Skorupa und Wierzynkiewicz in diesem Score, was The Wild Hunt oder For a Higher Cause eine gewisse Nähe zu asiatischen RPGs wie Final Fantasy verleiht – interessant, aber auch ein wenig random.

Was mir indes am besten gefällt, sind die drei Stücke Assassin of Kings, A Nearly Peaceful Place und The Path of a Kingslayer. Das Main Theme Assassin of Kings ist ein wuchtiger Einstieg, einem Fantasy-Epos gleich, der Erinnerungen an orchesterstarke Scores wie den zu SpellForce 3 oder eben dem späteren The Witcher 3 weckt. Die dazugehörigen Vocals, die langsam ins Gefilde der Wehklage abdriften, passen hervorragend, während das Leitmotiv wunderbar eingeführt wird.
A Nearly Peaceful Place ist das komplette Gegenteil: Irgendwo zwischen tieftraurig und hoffnungsfroh wiegt uns das Flötenstück zu Beginn in bester Der Herr der Ringe-Tradition, bevor eine Sängerin eine Weise anstimmt. Dann übernimmt das Leitmotiv, fast schon widerspenstig, und leitet eine Tonalitätsverschiebung ins Optimistische ein. Ein wenig erinnert es mich an den nicht minder sehnsüchtigen Score aus Heroes of Might and Magic IV oder eben Peaceful Moments aus dem ersten The Witcher. Souls in Ruin ist das Gleiche dann nochmal in einer reduzierten, weniger optimistischen Variante.
Als letztes Teil des Triumvirates ist The Path of a Kingslayer zu nennen, dessen kompromisslose Kombination aus E-Gitarren Riffs und wuchtigen Trommeln zielsicher die Prince of Persia: Warrior Within-Nische ansteuert. Und dann sind wir eigentlich auch schon durch. Ist der The Witcher 2-Soundtrack also besser als der vom ersten? Ja, wenngleich auch er nur bedingt aus der nunmehr höherklassigen Masse an Konkurrenz heraussticht. Vom (bisherigen) Serienopus The Witcher 3 bleibt er folgerichtig noch weit entfernt.
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.
- Titel bereits im OST enthalten.






