Medieval 2: Total War

💗 Nostalgiewarnung

Medieval 2:
Total War

06.12.2025

Original Soundtrack (OST) [22 Tracks]
Gamerip [53 Tracks]

Komponisten: James Vincent, Jeff van Dyck, Richard Vaughan

Genres: Action, Bläser, Dramatisch, Militärisch, Mittelalter, Percussions, Rhythmisch, Streicher, Tragisch, Traurig, Treibend

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Eure Majestät

Die gestrige Ankündigung von Total War: Medieval 3 ist nicht der Grund, weswegen ich heute diese Review schreibe … auch wenn es ein schöner Zufall ist und sie mich voller Erwartungen zurücklässt. Vielmehr juckt es mich schon seit Wochen, nein Monaten in den Fingern, eine ausführliche Rezension zur Musik des besten Mittelalterstrategiespiels aller Zeiten zu schreiben. Denn das hat auch den (meiner Meinung nach) besten Mittelalter-Score, weshalb das dazugehörige Album Platz 1 in meiner Top 10 Mittelalter-Scores belegte – doch ich greife vor!

Nachdem ich den Vorgänger Rome: Total War abgöttisch geliebt hatte, war die Ankündigung von Medieval 2 wie die Erfüllung all meiner Träume. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich den Preview-Artikel der GameStar verschlang und jedes Detail in mich aufsog: Ganz Europa und sogar Teile Amerikas könnten erobert werden! Es gäbe neue Agenten wie Prinzessinnen, der Papst sollte eine Rolle spielen. Aber das, was für mich am stärksten hängenblieb, war die Tatsache, dass Städte in zwei Arten ausgebaut werden konnten: zur Ritterburg mit wenigen zivilen Gebäuden, dafür jedoch einer starken Festung, oder als Metropole mit einer einfachen Mauer und hohen Einkünften. Bis heute habe ich das dazugehörige Artwork im Kopf.

Spiele der Total War-Reihe

Anders als dieser Tage üblich wurden die Versprechungen der Entwickler dankenswerterweise eingehalten und Medieval 2 war fantastisch. Klar, ein paar Bugs hier und da – nichts, was die später per CD installierten Patches nicht fixen konnten. Größere Probleme wie die berüchtigt schlechte KI waren zu jener Zeit eher die Regel, weshalb sich auch dies verzeihen ließ. Generell gab es nichts, was meine Freude an dem Spiel hätte trüben können. Na ja, bis auf die Hardwareanforderungen, die mich dazu zwangen, die Einheitenanzahl nach unten zu schrauben – denn das hatte sogar balancetechnische Probleme in den Belagerungen.

Das genaue Warum zu erklären würde zu lange dauern, aber sagen wir mal, dass die Verteidigungstürme unendlich Munition besaßen und die KI gerne den Weg des geringsten Widerstands nahm. Waren Mauer oder Tor einmal durchbrochen, gab es eine Route, die konsequent erstürmt wurde. Und wie man aus 300 weiß, braucht es nur eine geringe Anzahl Verteidiger, um eine riesige Anzahl Angreifer zu zermürben. Wenn man also von Haus aus viele Soldaten in einer Einheit hat, braucht es weniger Verteidigertruppen insgesamt, um besagte Engstelle zu halten und die Türme die Arbeit machen zu lassen.

Egal, das ist auch gar nicht meine liebste Erinnerung an Medieval 2. Die geht tatsächlich an eine Multiplayerschlacht, die an sich schon ein Highlight war, weil’s eben Multiplayer im Jahr 2006 respektive 2007 war. Aber nicht gegen irgendjemanden, sondern einen Freund von mir, genannt Marvin. Der war und ist bis heute ein Min-Maxer vom Herrn, der natürlich die Franzosen in die Schlacht führte, die mit ihrer Mischung aus Gendarmes-Kavallerie, abgesessenen Nobelrittern und Aventurier-Armbrustschützen eine der besten Einheitenkombination aufs Schlachtfeld führten. Da ich mir keinerlei Chancen gegen den 3,5 Jahre älteren Kumpel meines Bruders ausrechnete (der später übrigens per Stipendium zum Arzt aufsteigen sollte), wollte ich etwas ausprobieren.

Kurz zuvor hatte ich in meiner Singleplayer-Kampagne von den türkischen Janitscharen ordentlich auf den Sack bekommen, und da dachte ich mir: If you can’t beat them, join them. Gesagt, getan. Es wurde also eine Full-Stack-Armee, bestehend nur aus erfahrenen und bestausgerüsteten Janitscharen in den Kampf geschickt. Doppelklick auf Marvins Armee, die sich sogar strategisch auf einen Hügel zurückgezogen hatte, mit seinen Fernkämpfern in der hinteren Reihe und Kavallerie an den Flanken – und was soll ich sagen? Das war das letzte Mal, dass wir Medieval 2 gegeneinander gespielt haben.

Aber für mich war die Total War-Reihe ohnehin immer primär eine Einzelspielererfahrung, konnte ich während meiner Partien doch dem fantastischen Soundtrack lauschen, zu dem ich jetzt endlich komme. Komponiert wurde der, wie für die Reihe üblich, von Jeff van Dyck, der dieses Mal Unterstützung von Richard Vaughan und James Vincent erhielt. Van Dyck, der die Reihe bis zum Shogun 2-Addon Fall of the Samurai begleiten sollte, liefert für Medieval 2 Meisterklasse ab und beschwört eine Mittelalterfantasie herauf, die zwar trotz Einbezug klassisch zeitgenössischer Instrumente nicht historisch akkurat sein dürfte, aber was kümmert das, wenn das Ergebnis so viel Bock macht?

Um dies zu erreichen, baut der Komponist auf dem Konzept des Vorgängers auf und teilt die 22 Stücke des Original Soundtracks bzw. die zusätzlichen 31 Tracks des Gamerips in die Bereiche beiläufiges Hintergrundgedudel für die Strategiekarte und gnadenlose Action in den Schlachten. Erfahrungsgemäß gefällt mir Letzteres besser, doch auch die Musik, die uns beim Verschieben unserer Truppen und der Planung unseres nächsten Kreuzzuges begleitet, kann durch ihre sanften (Lilly) wie bedrohlichen (Devil’s Harp) Harfentöne, Gitarren- (Field of Blood,Olivia) und Flötenklänge (Peter the Piper) oder düsteres Cembalo (Grey Meadow) unterhalten. Das erinnert an Spiele wie Beasts & Bumpkins oder entfernt an die Stronghold-Reihe, bleibt jedoch handzahmer und melodienarmer.

Dem gegenüber steht mit Amen ein stilvolles Theme, dessen Mönchschöre mit kirchlichen Gesängen („Hallelujah“ und „Hosianna“ intonierend) Mittelalterfeeling par excellence aufkommen lassen. Der Tracks vollbringt das Kunststück, bei einer Länge von 3:19 Minuten diverse Emotionen miteinander zu verweben. Es wirkt zu gleichen Teilen zurückhaltend und bedächtig – bedrohlich und lauernd – hoffnungsfroh und fatalistisch, und wird zu guter Letzt abgerundet durch den Einsatz der Flöte, Gitarre und dem später einsetzenden Gesang eines einzelnen Jungen.

Dies lässt sich mit dem kirchlichen Element erklären, welches ins Spiel und damit auch in van Dycks Komposition in Form der Orgel, Kirchenglocken und Choräle Einzug hält: Diese dunkle, bedrückende Macht, die die Geschehnisse jener Zeitepoche maßgeblich mitbestimmte, hängt im Score häufig als musikalisches Damoklesschwert über den Tracks. Sie begleitet uns, leitet uns und erfüllt uns während der Schlachten mit Feuereifer. Sie ist die Determination, die unsere Einheiten und uns lenkt. Aber nicht wie bei Star Wars: Republic Commando, in dem uns der Männerchor in Vode An brüderlichen Zusammenhalt beschwört. Die Musik von Medieval 2 verspricht nie Erlösung, sondern verlangt stattdessen unsererseits die Bitte um Vergebung.

Puh, das war tiefschürfend. Zurück zu den Tracks! Going Home, das tragisch traurige Did They Have to Die Here Today? oder das panischeNothing Left sind Beispiele für klassisch hochwertige Total War-Kost, während in Song for Toomba Erinnerungen an das erste Assassin’s Creed wachwerden. Andere Stücke wie Bladegrass, Secret Sandals, Octli, Call of the Sheep oderSpirit Fingers, die vor der Schlacht laufen, sind dagegen im Dark-Ambient-Genre verortet, die wir aus Fantasyspielen wie Enclave kennen.

Nun würde ich gerne jeden der Titel mit allen musikalischen Eigenheiten und musikalischen Akzenten en détail besprechen, das könnte sich aber etwas ziehen. Trotzdem möchte ich mir die Zeit nehmen und jedem meiner Lieblinge und erwähnenswerten Werke aus OST und Gamerip eine ‚kürzere‘ Einordnung geben. Wer darauf keine Lust hat, dem empfehle ich jetzt schon mal, einfach in den Score zu hören und sich selbst zu überzeugen! Also, let’s go:

  • Duke of Death: Schon der zweite Track, Duke of Death, macht deutlich, wohin die Reise im Nachfolger geht: Schnelle, treibende Percussions, unterstützt durch die Streicher, lassen zunächst Rome-Feeling aufkommen. Dieses wird aber durch die mittelalterlichen Einflüsse wie Cembalo und Zither kontrastiert, bevor eine schnelle Flötenmelodie uns in die Schlacht treibt. Ein klasse Sog, der uns mitten ins Geschehen zieht!
  • Solenka: Hier denke ich immer an das wuchtig-rhythmische Trommeln an Bord einer Galeere, wie ich es schon bei String Attack! fürs erste Age of Empires beschrieben habe. Nur ist die Musik dieses Mal keine Ruderbank, die sich gleichmäßig vor- und zurückbewegt; sie ist der Herold einer unaufhaltsamen Armee, einer göttlichen Macht, die, von Chören begleitet, vom unausweichlichen Untergang des Feindes kündet. Unnachgiebig und durch die Glockenschläge verstärkt ist Solenka die glorifizierte Grausamkeit der Kreuzzüge.
  • This Is It: In die gleiche Kerbe schlägt auch dieser Track. Hier aber durch die Orgel und Chöre dominiert, ist This Is It pragmatischer, aber ebenso dramatisch. Die Kirche mag Blut verlangen, doch wir sind hier wegen unseres Pflichtgefühls.
  • High Winds: Die andere Richtung, quasi den Orient zum Okzident, stellt High Winds dar. Das schreit uns durch seine Instrumentalisierung schon stereotyp „Naher Osten!“ ins Gesicht, macht aber wegen seiner schnellen Rhythmen und dem An- und Abschwellen des Orchesters nicht minder Spaß als die Dramatik der westlichen Gegenstücke.
  • Crack Your Head with a Tabla: War High Winds schon klassisch orientalisch, wird’s mit einem meiner absoluten Favorites fast schon lächerlich: Crack Your Head with a Tabla macht einfach Spaß! Es ist schnell, es ist wild, es ist treibend und gleichsam melodisch. Kompromisslose Action, die Schlachten im heißen Wüstensand vor unserem Auge beschwört, aber genauso gut das Treiben eines geschäftigen Basars begleiten könnte – während einer Verfolgungsjagd!
  • Mare Nostrum: militärisch, treibend, systematisch. Dieser Track zeigt die kalte Effizienz unserer Truppen, die für unseren Ruhm Blut vergießt. Diese Kälte wird durch den Einsatz der Flöte und Akustikgitarre kontrastiert, die kurze Hoffnung auf Frieden versprechen, bevor die Armee vorrückt.
  • Lifted to the Hotplate: Klassisches Schlachtenchaos, das in dieser Form eher an den Vorgänger erinnert. In der Kategorie der guten Tracks ist dieser hier wegen seiner relativen Gleichförmigkeit einer der schwächeren.
  • Destiny: Das, was wir hören, bevor wir in die Schlacht ziehen. Destiny ist, wie der Name richtig besagt, unser Schicksal. Der Kampf steht bevor, er ist unausweichlich – außer wir klicken auf „Rückzug“… Aber zwecks Narrativ ignorieren wir diesen Umstand jetzt mal. Wie schon bei beim Vorgänger gibt sich in We Are All One übrigens die Frau des Komponisten, Angela van Dyck, die Ehre und intoniert eine Version mit Text für die Credits.
  • Crusaders: Während Solenka das Erhabene und This Is It das Unausweichliche symbolisieren, ist Crusaders das Ergebnis. Hektik, Dramatik, ein Auf und Ab – kennen wir schon aus Rome, ist hier aber nicht minder gut umgesetzt und für mich besser als Lifted to the Hotplate.

Und damit hätten wir den Original Soundtrack grundsätzlich und folglich abgeschlossen, gäbe es da nicht noch den Gamerip, der neben viel Füllwerk auch vier nicht minder spannende Tracks umfasst, die im OST leider fehlen. Allen voran das fantastische Time and Again. Das beschrieb ich in meiner Top-Liste als „Interpretation der christlichen Litanei Kyrie eleison, zu Deutsch Herr, erbarme dich (unser), […][dessen] Ruf nach Gnade in einer todesverachtenden, bedrückenden Marschmelodie mit dem Pendelschlag einer Standuhr [vermengt wird].“ Oder anders: Uhrenticken trifft Kloster trifft meinen Geschmack.

Es bildet nach dem Intro die akustische Kulisse für unseren Erstkontakt mit Medieval 2, nämlich dem Hauptmenü. Und wer die schattenrissigen Soldaten, die dort gesichtslos von links nach rechts über den Bildschirm marschieren, an sich hat vorbeiziehen sehen, dem wird es ob dieser perversen Mischung aus Gottespreisung bei gleichzeitig völligem Fehlen jedweder Barmherzigkeit sicher einen Schauer über den Rücken gejagt haben … oder zumindest dem Lektor dieser Zeilen …

Dem gegenüber stehen mit The Widow und Duty traurige wie gleichsam hoffnungsfrohe Weisen, die das Schicksal der Hinterbliebenen nur erahnen lassen. Abschließend ist Death Lullaby mit seinen Kastagnetten, Bläsern und Auf- und Abschwellen einfach ein schöner Action-Banger. Und mit diesen Worten möchte ich diese Review nun auch offiziell beschließen. Wer bis hierhin gelesen hat: Danke! Und wer bis hierhin gelesen und den Score noch nicht angehört hat: bitte anhören!

Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

Original Soundtrack (OST)
Original Soundtrack (OST)
Medieval II: Total War
(22 Tracks)
01
Amen Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★ 3:19
02
Duke of Death Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★★ 5:22
03
Going Home Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★ 1:00
04
Lilly Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★ 3:02
05
Song for Toomba Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★ 3:52
06
Bladegrass Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★ 3:23
07
Solenka Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★★ 3:44
08
Nothing Left Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★ 4:41
09
Did They Have to Die Here Today? Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★ 1:09
10
This Is It Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★★ 3:13
11
High Winds Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★★ 3:21
12
Crack Your Head with a Tabla Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★★ 4:25
13
Secret Sandals Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★ 2:43
14
Mare Nostrum Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★★ 3:32
15
Lifted to the Hotplate Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★★ 3:29
16
Grab Your Castanets Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★ 0:58
17
Octli Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
3:11
18
Lakota Lambada Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★ 3:21
19
Inca Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★ 3:29
20
Battle of Tollan Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★ 4:15
21
Destiny Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★★ 2:06
22
Crusaders Jeff van Dyck, Richard Vaughan, James Vincent
★★★★★ 4:10
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Gamerip
Gamerip
Medieval II: Total War [Gamerip]
(53 Tracks)
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