Dispatch

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Bewertung: 2 / 5
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Dispatch

19. Dezember 2025

Komponist*in: Andrew Arcadi

Original Soundtrack (OST)

Falsch verbunden

Ich habe letztens nochmal meinen Pile of Shame aufgeräumt und musste mit Erschrecken feststellen, dass ich schon 63 Spiele auf meiner Liste habe, die ich irgendwann, irgendwo, irgendwie mal spielen will. Leider ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Zahl dreistellig wird, als dass ich etwas von dem Berg abtragen kann – buh hu. Eines der Spiele auf dieser Liste, das ich mir aber fest vorgenommen habe, zu spielen, ist Dispatch.

„Dispatch“ lässt sich in diesem Fall mit „Leitzentrale“ übersetzen und handelt von einem der besten Genres: Superhelden! Denn im Adventure-Game von den 2018 gegründeten AdHoc Studios verkörpern wir Robert Robertson III, aka Mecha Man. Dessen Tage als aktiver Weltenretter gehören allerdings nach der Zerstörung seines Exosuits der Vergangenheit an und Robert wird zum Schreibtischtäter in der Zentrale, von wo aus er seine Kollegen im Kampf gegen die Schrecken und Schurken der Stadt koordiniert.

Klingt an sich schon superspannend, doch da hört es noch nicht auf. Denn neben dem hochkarätigen (englischen) Sprechercast, bestehend aus dem Mitgliedern der Pen-&-Paper-Bande von Critical Role, zählen unter anderem noch Promis wie Aaron Paul (Breaking Bad) und Jeffrey Wright sowie der irische YouTuber jacksepticeye und der Kanadier Joel Haver zum Lineup. Letzterer ist mir primär für seine Videospielparodien im 80er-VHS-Look bekannt, und in einhundert Jahren hätte ich nicht gedacht, seinen Namen in irgendwelchen Spielecredits zu lesen.

So unkonventionell Dispatch an dieser Stelle auch sein mag, ist die Prämisse der Story heutzutage weniger außergewöhnlich. So kann ich mir vorstellen, dass wir im Spiel ebenfalls die Schattenseiten des Heldendaseins kennenlernen und feststellen werden, dass die Strahlemänner (und -frauen) nicht alle zwangsläufig die Ideale leben, die sie verkörpern. Obwohl das Entwicklerstudio aus ehemaligen Mitarbeitern von Ubisoft, Night School Studio (Oxenfree) und vor allem Telltale Games besteht, erwarte ich nach Serien wie The Boys und Invincible hier keine Offenbarung.

Generell scheint sich das Spiel die Amazonserie um den namensgebenden Helden Invincible zum Vorbild genommen zu haben, geht der Artstyle doch in eine ziemlich ähnliche Richtung. Das muss derweil nichts Schlechtes sein, sieht Dispatch dem Trailermaterial nach doch wirklich gelungen aus. Hach, ich freue mich einfach darauf, mir das Abenteuer zu geben. Viel zu lange habe ich auf ein gutes Telltale-Spiel gewartet, und The Wolf Among Us 2 (ebenfalls von den AdHoc Studios) winkt noch aus weiter Ferne.

Nach so viel Euphorie fürs eigentliche Spiel ist der Blick auf den Soundtrack ein ziemliches Kontrastprogramm. Zunächst einmal ein paar Fakten: Die 77 Tracks des Original Soundtracks wurden auf vier CDs verteilt und können auf Steam bis zum 5. Januar 2026 für 8,77€ statt 9,75€ erworben werden. Das Produkt wird dort wie folgt beworben:

Von synthlastigen, cineastischen Soundtracks über knackige Retro-Tracks bis hin zu Songs, die Sie nur aufgrund Ihrer Entscheidungen zu hören bekommen – der Dispatch Original Soundtrack ist vollgepackt mit Musik, die exklusiv für dieses interaktive narrative Abenteuer komponiert wurde.

Dispatch-Soundtrack-Produktseite auf Steam

Komponist ist Andrew Arcadi, der mit Dispatch seinen scheinbar ersten ‚eigenen‘ offiziellen Score abliefert. Seiner Homepage zufolge wirkte er auch bei anderen Telltale-Projekten wie Minecraft Story Mode, The Walking Dead, [The] Wolf Among Us, und Stranger Things mit. Überprüfen lässt sich das mit einem Namen wie „Arcadi“ per Suchmaschine kaum, ich wills ihm einfach mal glauben. Warum? Weil der Score gut gemacht ist. Er ist stimmig, er ist entspannend, und er ist… langweilig.

Ja, ich hab’s gesagt: Der Soundtrack von Dispatch langweilt mich. Zweites Warum? Weil sich auch musikalisch viel bei Invincible abgeschaut wurde. Ich weiß nicht, ob dieser Stil zu einem zeitgenössischen Anti-Helden-Porträt gehört, aber dieses Synthie-Hintergrundgedudel funktioniert ohne die Videokomponente nicht wirklich. Wabernde Klänge, pochende Electrosounds, die aber selten den Puls treiben. Tatsächlich klingt das Ganze über weite Strecken wie eine Study-Playlist. Höhepunkte? Fehlanzeige. Spannende und wiederkehrende Motive? Brauchen wir nicht.

Es liegt vermutlich an mir und meinem Anspruch an einen Soundtrack, mich auch jenseits des Spielgeschehens irgendwie abzuholen. Und vielleicht würde er das tun, wenn ich das dazugehörige Spiel schon gezockt hätte. ‚Nackt‘ ist mir Dispatch einfach zu handzahm. Dabei kann bei einem Genre wie dem Adventure mit packender Musik gearbeitet werden. Selbst das Visual Novel Murder by Numbers hat Stücke, die anspruchsvoller als bloße Synthbeats sind.

Und Dispatch hat mit dem dramatischen Einstiegstrack Mecha Man sowie dem hektischen A Soothing Voice eigentlich einen starken Ouvertüre! Die anfängliche Vorfreude wird jedoch schnell durch das Immergleich des Scores torpediert. Auch die Stücke von Musiker Skyler Barto ändern daran nichts. Vielleicht hätte hier 1 statt 3,5 Stunden dem Hörerlebnis gutgetan, vielleicht sollte ich bei einem narrativen Spielerlebnis weniger auf Action drängen. Und ganz vielleicht ändere ich meine Meinung ja, wenn ich Spiel und Mucke im Einklang erlebt habe. So kann ich Nicht-Spieler nur warnen, dass dieser Score wirklich lediglich was für Fans des Genres oder des Spiels ist.

Original Soundtrack (OST)
Original Soundtrack (OST)
Dispatch
(77 Tracks)
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