Die Sims 2

💗 Nostalgiewarnung
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Neu- statt Umbau

Was war 2004? Zum einen war ich 12, zum anderen erschien Die Sims 2. Bestimmt ist noch vieles anderes passiert, aber das war mir maximal egal. Denn ich habe die Lebenssimulation geliebt und war Tage mit ihr in unserem Zockerzimmer im Keller verschwunden. Und das Spiel liebte mich auch, anders kann ich mir nicht erklären, dass die Entwickler mich ohrengezogen auf dem Cover verewigten.

Spaß beiseite: Die Sims 2 war großartig und Sinnbild für einen gelungenen Nachfolger in der Videospieldekade, in der immer mehr Games den Sprung in die 3D-Optik wagten. Gut, das erste Sims war mit seiner Isoperspektive und den vier vorgegebenen Blickwinkeln einigermaßen dreidimensional, aber erst mit dem zweiten Teil konnten wir die Welt unserer Sims quasi hautnah miterleben. Das sorgte zwar für diverse lustige Clippingfehler und erfolglose Versuche herauszufinden, was bei diesem ‚Techtelmechtel‘ wirklich unter der Bettdecke passierte, jenseits dieser infantilen Probleme- und Adoleszensmomente war die Sims 2 einfach ein sehr gelungenes Spiel.

Spiele der Die Sims-Reihe

Statt nur ihrem Alltag nachzulaufen, hatten unsere Sims plötzlich Wünsche und Lebensziele, deren Erfüllung uns Punkte gaben. Die Welt war semi-offen und die Häuser unserer Nachbarn nicht mehr nur Kulisse. Es gab einen Familienstammbaum, einen komplexen Charaktereditor und mehr, mehr, mehr von allem. Die Sims 2 war das bessere Die Sims und die perfekte Vorlage für eine sinnvolle Fortsetzung. Das hielt Publisher EA im Sinne der Gewinnmaximierung aber natürlich nicht davon ab, die Nachfolger konsequent ohne die Inhalte der Vorgänger zu veröffentlichen. Klar, jeder möchte sich die Haustiererweiterung mehrfach kaufen… ich schweife ab.

So eindeutig das Urteil beim eigentlichen Spiel ausfällt, so differenziert muss ich den Soundtrack betrachten. Denn hier gilt nicht ‚größer, schöner, besser‘, sondern ‚anders‘. Alleine schon deshalb, weil statt Jerry Martin nun mit Mark Mothersbaugh ein Veteran der Filmleinwand für den Score verantwortlich zeichnete. Der US-Amerikaner hatte und hat zwar über die Jahre diverse Videospiel-Scores wie den fürs erste Jack and Daxter, die frühen Crash Bandicoot-Spiele sowie das neueste Ratchet & Clank: Rift Apart (2021) 2geschrieben, primär kennt man ihn jedoch für seine Musik zu den Hotel Transsilvanien-Filmen, Thor: Tag der Entscheidung (2017) und zuletzt A Minecraft Movie (2025).

Diese von mir getätigte Auswahl seines Schaffens ist bewusst suggestiv, denn Mothersbaugh beweist in diesen Filmen einen Hang zu lustigen bzw. kinderfreundlichen Themen. Natürlich hat der Mann auch diverse erwachsenere Alben komponiert, aber er weiß, wie man ‚nette‘ Musik schreibt. Und das ist die Musik von Die Sims 2: Sie ist nett. Freundlich. Sie lächelt dir ins Gesicht und drückt dich freudestrahlend an sich. Wo bei Martins Arbeit zum ersten Sims noch die Zweifel, die Momente des Innehaltens Hand in Hand mit der Aufbruchs- und Umzugsstimmung einhergingen, ist dieser Score reine Glückseligkeit.

Was auf dem Papier eindimensional und langweilig klingt, stellt sich derweil als durchweg gelungener Anstrich für den Nachfolger heraus, der mit seinem cartoonigen Look, großen Zeichentrickaugen und überzogenen Animationen ohnehin mehr in Richtung unbeschwerter Heiterkeit schlendert. Wo das erste Sims eine ernste Zeitschrift mit pointierten Witzen darstellt, ist Sims 2 ein Lustiges Taschenbuch. In beiden finden sich spannende Geschichten, nur das Medium ist anders. Und dazu passt Mothersbaughs Art hervorragend.

Die zehn Stücke des Original Soundtracks sind durch die Bank gelungen und kassieren aufgrund meiner Nostalgiebrille fast alle die Topbewertung. Alleine wie mir beim Abspielen von Neighborhood sofort der ewig ladende Launcher ins Gedächtnis kommt, ist ein Erlebnis. Aber es sind nicht nur die Erinnerungen, die diesen Score besonders machen: Er ist experimentell, kindisch, aber nicht over-the-top. Trotz seines geringen Umfangs wiederholt er sich oft, aber nervt zu keinem Zeitpunkt.

Makeover kombiniert Streicher und Bongos, bevor es in einen low-quality-radioesquen Break fällt, abschwillt und ansteigt. Das ist so ungewohnt wie erfrischend. Busy Sim wirkt (wie sein Name andeutet) geschäftig, der ständige Takt treibt uns vorwärts, ohne uns zu hetzen. Und Simsation vermischt Einkaufszentrumgedudel mit vorstädtigem Treiben.

Diese Abwechslung, der Facettenreichtum ist etwas, das Mothersbaughs Komposition von thematisch verwandten Werken wie Jukio Kallios und Daniel Hagströms Arbeit für Fall Guys abgrenzt. Beide sind durchweg positiv, beide besitzen diesen kindlich treibenden Spirit. Doch wo Fall Guys gleichartig und repetitiv anmutet, ist Sims 2 wandelbar. Zugegeben, der Vergleich ist vermutlich ungerecht, immerhin handelt es sich um zwei grundverschiedene Genres: Das eine ist der knallharte Kampf ums Überleben, ein actiongeladenes Aussieben, bis schlussendlich nur noch der oder die Beste am Leben ist; und das andere ist Fall Guys. Trotzdem komme ich nicht umhin, von unterschiedlichen Qualitäten zu sprechen.

Wirkliches Highlight ist für mich indes der vorletzte Track des Albums: Sim Builder. Ich weiß nicht warum, aber die Simplizität der Gitarre (oder ist es eine Ukulele?), die über den steten Beat, der wie ein Hammer einen Nagel in die Wand treibt, unaufhörlich Rhythmus ins Geschehen bringt, rührt mich fast schon zu Tränen. Vielleicht ist es der Gedanke an die unbeschwerte Kindheit, vielleicht einfach sehr gut gemachte Videospielmusik. Eins von beidem wird es sein.

Da endet dann zwar der OST, aber nicht die Extended Edition und natürlich ebenso wenig die unausweichliche Flut an Addons, der ich mich zu gegebener Stunde widmen werde. Alle Infos dazu gibt’s im Fan-Wiki. Nur so viel noch zu den zusätzlichen Files: Dabei handelt es sich um die Stücke, die innerhalb des Spiels im Radio und TV laufen und die ‚versimlischte‘ Version bekannter Genre-Tropen wie Hip-Hop, Metal oder R&B abfrühstücken. So hören wir in Somethin‘ Real (French Press) klassischen Boyband-Pop, während Dance the Dawn uns nach Kuba bringt. Eine Sache, die mich damals wie heute begeisterte, war die Inkludierung von DJ Funktronic, einer Variation von Sphere von The Humble Brothers. Das tauchte damals im ebenfalls von EA gepublishten Need for Speed: Hot Pursuit 2 auf und verlieh den Rennspiel-Aktivitäten in Sims 2 noch viel mehr Glaubhaftigkeit.

Diese Songs stammen zwar nicht mehr von Mothersbaugh, sind trotzdem durchweg gut gelungen und machen Spaß, wenn man über das sinnbefreiten Kauderwelsch in den Lyrics hinwegsieht. Da man das teilweise auch über die realen Vorbilder sagen kann, ist dieser Hinweis vielleicht überflüssig. Zurück auf den OST bezogen bekommt dieses Album von mir fast die Topwertung, aufgrund des (in meinen Augen) gleichstarken Vorgängers kann ich jedoch keine 5/5 vergeben. Eine uneingeschränkte Empfehlung gibt’s trotzdem.

Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

Original Soundtrack (OST)
Original Soundtrack (OST)
The Sims 2
(10 Tracks)
01
Neighborhood Mark Mothersbaugh
★★★★★ 4:30
02
Sim Time Sim Place Mark Mothersbaugh
★★★★ 1:10
03
Sim Heaven Mark Mothersbaugh
★★★★ 3:48
04
Makeover Mark Mothersbaugh
★★★★★ 3:19
05
Simsation Mark Mothersbaugh
★★★★★ 2:55
06
Sims Heartbeat Mark Mothersbaugh
★★★★ 1:29
07
Bare Bones Mark Mothersbaugh
★★★★★ 3:22
08
First Volley Mark Mothersbaugh
★★★★ 2:34
09
Sim Builder Mark Mothersbaugh
★★★★★ 3:28
10
Busy Sim Mark Mothersbaugh
★★★★★ 3:38
Extended Edition
Extended Edition
The Sims 2 [Extended Edition]
(40 Tracks)
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