Battlefield V
Battlefield V
13.10.2025
Glanz und Gloria
Nachdem sich die Battlefield-Reihe in ihrer Historie durch alle größeren Konflikte der Neuzeit und potenziellen Zukunft gekämpft hatte, wurde zuletzt das Kriegsgeschehen mit Battlefield 1 in den 1. Weltkrieg verlagert. Das dazugehörige Spielgerüst war solide: Es sah gut aus, der Sound war phänomenal und die Immersion fantastisch. Statt nun aber erneut in die Irren und Wirren des Großen Krieges zurückzukehren, folgte Battlefield V seinen Wurzeln zurück in den 2. Weltkrieg. Statt klobiger Landungsschiffe, Doppeldecker-Flugzeuge und Kavallerieanstürme gab es also wieder die gewohnte Packung aus Nazis gegen Alliierte.
Einen Innovationspreis durfte das Entwicklerstudio DICE also nicht erwarten. Trotzdem erwies sich das Spiel für mich als sehr unterhaltsames Produkt, dessen größtes Problem aus meiner Sicht EAs Preispolitik war. Schließlich war es 2018, als die ersten Tigerpanzer wieder über den Bildschirm rollten, und das hieß natürlich eins: Battleplass. Ich weiß noch genau, dass ich in meiner Jugend MMORPGs bewusst entgangen bin, weil sie mir eine monatliche Gebühr fürs Zocken aufzwingen wollten.
Auch wenn es für die heutige Generation an Gamern vermutlich unvorstellbar scheint, gab es eine Zeit, in der man ein Spiel erwarb und dieses besaß – für immer. Zocken, wann und wie man wollte. Heutzutage führt schon der bloße Gedanke daran, dass man ein Unterhaltungsprodukt anfängt und irgendwann tatsächlich abschließt, bei Publishern zu Schnappatmung. Und so wird uns seit Jahren immer die leuchtende Loot-Karotte vor die Nase gehalten, alles unter dem Mantel der Exklusivität und zeitlichen Begrenztheit. Wer nicht spielt oder gar aussteigt, verpasst was. Und dafür dann bitte regelmäßig noch blechen.
Aber Battlefield V hatte noch andere Probleme und wurde von der Community aus verschiedensten Gründen gehasst: schlechte Performance zum Release, eine unübersichtliche Benutzeroberfläche oder unausgereiftes Balancing der Waffen und Maps sind nur ein paar Kritikpunkte, die aufgeführt wurden. Der wohl größte aber war die befürchtete Annäherung an die moderne Call of Duty-Reihe, die mit ihren Skinextravaganzen schon längst den Weg des ‚realistischen‘ Militärsettings verlassen hatte und Soldaten in Entenkostümen auf Seth Rogen ballern ließ.
So gab es im Battlefield V-Trailer eine Szene, in der eine Soldatin mit mechanischer Armprothese auftauchte, was nicht so recht in die Zeit passen wollte. Natürlich gab es in der BF-Reihe immer auch schon exquisite Waffen und Prototypen, die in der Realität nie wirklich den Einsatz an der Front gesehen haben dürften, aber eine Frau an der Front? Mit steampunkähnlichem Equipment? Diese und weitere Entscheidungen seitens EA waren zu viel für die Geduld der realismusverwöhnten Strategieshooter-Fangemeinde.

Mich persönlich hat es derweil nicht wirklich gestört, da ich Battlefield wie die meisten Spiele seiner Art immer als Kompromiss zwischen Fakt und Fiktion gesehen habe. Im echten Leben ist Respawnen ohne passende religiöse Überzeugung und gefülltes Karmakonto ja ebenfalls recht schwierig. Und da DICE nach dem Spielerfeedback entsprechende Änderungen, Anpassungen und Verbesserungen vornahm, konnte ich bei meinem späteren Einstieg ins Spiel (wer spielt schon Games zum Release?) die ganze Kontroverse getrost ignorieren.
Was ich umgekehrt positiv hervorheben möchte, bevor wir zur Musik kommen, ist die Kampagne. Die, wie beim Vorgänger als „War Storys“ bezeichneten, Kurzkapitel erzählen das altbekannte Weltkriegsnarrativ mit Einzelschicksalen auf Seiten der Alliierten und sogar einer norwegischen Widerstandskämpferin. Das letzte Kapitel aber drehte das Ganze um und ließ uns aufseiten der Achsenmächte spielen: „The Last Tiger“ zeigt das Schicksal der Crew eines Tigerpanzers in Köln während der letzten Tage des Krieges, deren fanatische Loyalität während der Geschehnisse immer weiter ins Wanken gerät.
Diese Kurzgeschichte ist genau das, was ich mir von einer Kampagne wünsche: ein anderer Blickwinkel. Und nein, mir geht’s nicht um Verharmlosung oder gar Sympathie, sondern um inszenatorisches Storytelling. Das klappte schon bei Company of Heroes: Opposing Fronts und ist hier ebenfalls erfrischend anders. Denn wo man bei den westlichen Mächten aufgrund der moralischen Überlegenheit immer mit der Pathoskeule und dem Nationalstolz herumposaunen darf, müssen Autor*innen beim Seitenwechsel immer etwas nuancierter vorgehen – und das mag ich.

Gut, so viel dazu, nun auf zur Musik. Wie für die Reihe üblich wurde bei der Fortsetzung des Spielgerüsts auch die musikalische Eskorte übernommen, weshalb uns erneut Johan Söderqvist und Patrik Andrén akustisch verwöhnen. Dankenswerterweise sind wir mittlerweile im Zeitalter der OSTs angekommen, weshalb auch die Musik von Battlefield V in einem solchen zusammengefasst wurde. Mit 16 Tracks ist der angenehm umfangreich. Ergänzend veröffentlichte EA noch vor dem Release des eigentlichen OSTs eine EP mit sieben Tracks, von denen aber vier schon im OST auftauchen. Sei’s drum, kommen wir somit doch auf insgesamt 19 originäre Stücke … Oder nicht?
Nicht ganz! Denn im Juni 2019 ging dann noch der Spielmodus Firestorm an den Start, der Battlefield endlich, endlich um den langersehnten und von allen Spieler*innen heißgeliebten Battle-Royale-Modus erweiterte. Denn wie jeder weiß, sind alle Spiele gleichermaßen dazu geeignet, in das Korsett eines gehypten Genres gezwängt zu werden. Die dafür verwendeten Ressourcen hätte man natürlich auch nutzen können, um das eigentliche Spiel zu polieren, aber was weiß ich schon.
Als Ergebnis bekam man also einen Spielmodus, der schon kurz nach Release kaum mehr gezockt, aufgrund der Resonanz konsequent vernachlässigt und irgendwann vergessen wurde. Aber immerhin brachte er eine EP mit fünf Tracks starke EP mit sich, von denen Electro War allerdings schon in der Battlefield V EP auftauchte. Unterm Strich kommen wir somit auf 23 Tracks und nun endlich zur eigentlichen Review.
Hier kann ich grundsätzlich sagen, dass auf der Qualität vom Battlefield 1 Score aufgebaut wurde. Wer also damit schon seine Freude hatte, wird auch hier erneut beglückt werden – so wie ich! Zusätzlich mischt sich dieses Mal noch eine Portion Nostalgie dazu, weshalb es einige Stücke gibt, die bei mir weit oben in der Wertungsskala landen.
Als konsequente Nachfolger von Battlefield 1 wurde auch dessen Motiv aufgegriffen und erweitert. So hören wir es in gewohnt hoher Qualität direkt im ersten Track Tirailleur als heroisch anschwellendes Orchesterstück. Generell bleibt die Kinoerfahrung der beiden Komponisten spürbar, was Fans gefallen dürfte, wohingegen sich des Genres Überdrüssige wohl etwas mehr Fantasie gewünscht hätten. Ein Beispiel für so eine Person ist Jan Szafraniec, dessen sehr empfehlenswerte Review ihr auf der Seite gamemusic.net findet.

Auf den heroischen Auftakt folgt Under No Flag, dessen wehmütiges Geflöhte an Howard Shores Arbeit für Der Herr der Ringe erinnert, aber auch die Schwermut klassischer Kriegsfilme transportiert. Klischee? Pathetisch? Schön. Die dröhnenden Bläser in French Fog lassen derweil Erinnerungen an War Machines aus dem später erschienenen Score zur 2022er Verfilmung Im Westen nichts Neues wachwerden.
Das klassische Battlefield-Thema feiert indes in Battlefield V Legacy Theme seine Wiederkehr in bester The Dark Knight-Manier. Das klingt in Kombination mit dem Battlefield 1-Thema erneut fantastisch und bekommt sogar erstmals gegen Ende eine Moll-Note, was ungewohnt, aber nicht unpassend scheint. In Pride & Honour wird’s dann wieder kathartisch heroisch, während Triumph mit seinem brachialen Einstieg weniger versöhnlich erscheint, bevor die Fanfaren vom Sieg künden.
Spitfires gefällt mir ebenfalls sehr gut. Diesen Track beschreibt Szafraniec (wie ich finde) passend:
Spitfires ist ein besseres Beispiel für eine Neugestaltung, da es BF1s Knight’s of the Sky belebt, ihm mehr Action-Heroismus verleiht und gleichzeitig etwas von der Ernsthaftigkeit nimmt – ein Ansatz, die das gesamte Spiel betrifft.
Jan Szafraniec, Gamemusic.net
Interessanterweise baut Norway auf Spitfires auf und überführt das Stück in ein bedrückend melodramatisches Streicherensemble – der Freiheitskampf im Verborgenen. Auch an anderer Stelle lässt der Score seine gefühlvolle Saite (höhö) heraushängen: Narvik besticht durch sein Klavier, in Redemption sind es die Streicher und Devestation führt diese beiden Instrumente schließlich zusammen.
Aushängestück des Scores dürfte derweil das kirchlich opulente Glorificia sein, dessen Orgelklänge in Kombination mit den Chören fast schon biblische Ausmaße annehmen und uns – besonders innerhalb des Spiels – mit der Frage zurücklassen, wofür all der Krieg, all die Zerstörung gut war. Den Abschluss bildet dann I Vow to Thee My Country, ein zeitgenössisches Stück, das ich schon aus dem Score zu Sid Meier’s Civilization V kenne (dort als England – I Vow to Thee, My Country (Peace)).

Dort endet der OST, nicht aber die EPs. Bevor ich zu denen komme, kurz ein Zwischenfazit: Während mein Mitrezensent Jan der Meinung ist, dass der Score zu frakturiert und unzusammenhängend ist, stört mich dieser Umstand weniger. Während Battlefield 1 durch sein wiederkehrendes Motiv ein großartiges Gefühl von Zusammengehörigkeit erzeugt, drückt Battlefield V emotional bei mir die richtigen Knöpfe, sodass ich dieses – mir sehr wichtige Detail – hier ausblenden kann.
Es stimmt, dass der Score keine zusammenhängende Geschichte erzählt und sich sehr in Richtung Actionkino lehnt … aber das mag ich halt. Nicht umsonst zitiere ich meine Assoziationen mit Filmen wie The Dark Knight oder Der Herr der Ringe. Deshalb (und wegen der Nostalgiebrille) muss ich Battlefield V höher einsortieren und vergebe tatsächlich eine 5/5 in der Gesamtwertung.
Nun kurz zu den EPs: Diese kommen weniger klassisch daher, sodass sich in Electro War zu den Streichern und Percussions noch ein treibender Beat gesellt, der das historische Szenario in den Hintergrund treten lässt. Auch die restlichen Tracks der beiden EPs ‚leiden‘ unter dieser Stilentscheidung, wodurch sich eher eine Parallele zu Battlefield 4 als zu Battlefield 1 ziehen lässt. Da in Moody Suspense, Sneaking Pulse oder The Hangar zudem auf die klassischen Instrumente verzichtet wurde, verkommen diese Zusätze zu einem belanglosen Hintergrundkriseln.
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.







