Animal Crossing
Animal Crossing
27.06.2025
Aus dem Modem gekommen
Wäre diese Review unter dem originalen japanischen Titel Dōbutsu no Mori gelaufen, hätten vermutlich nur die Wenigsten gewusst, worum es geht. Animal Crossing dürfte dagegen den meisten Spieler*innen ein Begriff sein – und sogar jenen, die sich nicht als solche bezeichnen würden. Schließlich hat die Inselsimulation auf den Konsolen das geschafft, was Die Sims auf dem PC vollbrachte: Mainstream-Gaming für Casuals zu werden.
Dōbutsu no Mori erschien im April 2001 in Japan für den N64 und wurde im Dezember des gleichen Jahres im Westen unter dem Namen Animal Crossing veröffentlicht. Wörtlich übersetzt bedeutet der japanische Titel ‚Wald der Tiere‘, was das Spiel einerseits sehr gut beschreibt und andererseits dabei gar nichts erklärt. Also, worum geht’s? Schon beim ersten Teil handelt es sich um eine (rudimentäre) Sozial-Simulation, die uns eine zufällig generierte Insel erkunden, gestalten und mit ihren tierischen Einwohnern interagieren lässt.
Zum anderen führte Animal Crossing schon in seiner ersten Iteration das Publikum an das Konzept des Kapitalismus heran, indem uns Waschbär Tom Nook ein Haus samt dazugehörigen Schulden übergibt, die wir durch den Verkauf von Fischen, Käfern oder Muscheln zurückzahlen müssen. Man sieht, das Spiel ist von der Jahrtausendwende. Heutzutage würden wir trotz der Schulden nur zur Miete wohnen. Das Spielkonzept sollte Kennern der späteren Teile bekannt vorkommen, hat es sich doch über die Jahre nur minimal verändert.
Im Kern ist Animal Crossing gleichgeblieben und wirkte damals wie heute herrlich entschleunigend – so hörte ich zumindest. Mangels Konsole habe ich keines der Games je besessen und durfte nur zuletzt die Insel meiner Freundin bestaunen, die ihren Bautrieb in Animal Crossing: New Horizons für die Switch ausgelebt hat. Ein anderes Markenzeichen der Serie ist die entspannende, cozy Begleitmusik, die unsere Inselintermezzi begleitet.
Der Soundtrack von Dōbutsu no Mori wurde auf 2 Alben, Doubutsu no Mori: Totakeke Music 1 & 2 veröffentlicht und umfasst jeweils 29 Tracks mit einer Länge zwischen 2:09 und 2:24. Das klingt nicht nur sehr gleichförmig, das ist es auch. Die Tracks der Nintendo-Komponist*innen Kazumi Totaka, Kenta Nagata (Mario Kart 64), Toru Minegishi (The Legend of Zelda) und Shinobu Tanaka (Super Mario Sunshine) sind vom Stil her alle baugleich minimalistisch: Gitarren-Synthies + Vocals, hin und wieder durch Pfeifen ergänzt.
Was langweilig klingt, entpuppt sich für Uninitiierte wie mich als primär eines: nervig. Nicht aufgrund fehlender Variationen, denn die gibt es. Jeder der Tracks verarbeitet ein anderes Genre: Von Marsch bis Soul ist alles dabei, über Samba, Jazz, Gospel und Techno bedienen die Musiker*innen jedes Genre. Nein, das eigentliche Problem sind die Vocals.
Wie für die experimentierfreudigen Japaner üblich (Achtung Klischee!), sind das nämlich keine richtigen Wörter, sondern sinnbefreite Silben, die irgendwelche Tonfolgen vor sich hinplärren. Das wäre ja an sich schon schlimm genug, wenn es nicht von einer quäkigen Roboterstimme intoniert würde. „Oh ah ih äh oh ah äääääääääääääh.“ Das Ergebnis ist eine Gesangseinlage, die klingt, wie wenn die Tonspur eines meiner herausfordernderen Stuhlgänge durch einen Verzerrer gejagt würde.
Ja, ich bin unnötig gemein. Denn zur Ehrenrettung muss man sagen, dass der OST nur die Stücke rund um den reisenden Hundemusiker Totakeke (alternativ ‚K.K. Slider‘ oder nur ‚K.K‘) umfasst. Ohne dessen ‚Gesang‘ hätten wir den typischen Animal Crossing-Charme, aber so hat Nintendo es nun mal veröffentlich. In dieser Form passt die Musik zum Konzept und ähnelt dem Stil anderer japanischer Reihen wie den Pikmin-Spielen. Bei den Pfeif-Tracks (K.K. March, K.K. Samba) denke ich dafür instinktiv an das abgedrehte Deadly Premonition. Es ist aber (in dieser Form) einfach nicht meins.
Ob bei Releases zu den Nachfolgern auf die Gesangseinlagen verzichtet wurde und wir den zarten Klampfenklängen und minimalistischen Klangteppichen beim Hegen und Pflegen unser entschleunigten Inselidyll lauschen dürfen, wird sich zeigen. Die Musik von Dōbutsu no Mori kann ich dagegen so nur hartgesottenen Musikenthusiasten und beinharten Serien-Fans ans Herz legen. Der Rest sollte sich lieber an die späteren Teile / Releases halten.





