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So hackts sich’s wohl

Die meisten Menschen benutzen ihre Jugend, um ihr Alter zu ruinieren.

Jean de La Bruyère, 17. Jahrhundert

Dieses Urteil hätte der alte Philosoph und Moralist de La Bruyère vermutlich auch über die Protagonist*innen von Watch Dogs 2 gefällt, sofern er das Konzept von Hacking oder Elektrizität als solches verstanden hätte. Denn im 2016 erschienenen Nachfolger von Ubisofts Open-World-Abenteuer verkörpern wir nicht mehr Protagonist Aiden Pearce, der in einem Rachefeldzug durch das fiktive und supervernetzte Chicago allerhand Cyberverbrechen begeht, um die Mörder seiner Frau zu finden. Stattdessen steuern wir Marcus Holloway, der sich im nicht minder vernetzten San Francisco der Hackerbande DedSec anschließt. Die wollen die Sicherheitsfirma Blume ausschalten, da deren ctOS-Überwachungssystem die Stadt in eine George-Orwell-artige Dystopie verwandelt … oder zumindest auf dem besten Weg dahin ist. Düster ist Watch Dogs 2 allerdings nicht, sondern durch seinen rebellischen, jugendlichen Cast das genaue, funky freshe Gegenteil.

Wo das Abenteuer um Aiden noch auf thrillerhafte Detektivstimmung setzte und Chicago in einer entsättigten Herbstpalette an Farben daherkam, ist der Nachfolger die genaue Antithese: leuchtende Neonsprays und krass chillige Charaktere in der sonnigen Hitze der West Coast geben dem Spiel genau den Cringe-Faktor, den ältere Leute erzeugen, wenn sie versuchen, mit der Jugend in ihrer Sprache zu kommunizieren. Für mich war das Spiel damals nichts, weshalb ich die Serie nach dem ersten Watch Dogs links liegen ließ.

Auch beim Soundtrack wurden derweil andere Saiten aufgezogen und die Abkehr vom Vorgänger könnte nicht deutlicher sein. Statt eines Routiniers des Soundtrack-Genres wie Brian Reitzell beim Vorgänger wurde Ross Matthew Birchard, besser bekannt als Hudson Mohawke, engagiert. Der schottische Komponist und DJ aus Glasgow liefert direkt zwei OSTs ab, die klarmachen: Hacking bedeutet Electro, also kriegt ihr Electro.

Bei den Scores handelt es sich einmal um den Offiziellen Soundtrack mit dem Titel DedSec – Watch Dogs 2 (16 Tracks) und die Extended Edition mit 22 Stücken. Extended, also erweitert, ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen, denn auch wenn mit Balance, Citrus, Cyber Driver (Opera), Eye for an Eye (Reprise) und W4tched (Cinema) fünf identische Lieder vom OST in dieser Version auftauchen, gibt es vier weitere Tracks (Play’N’Go, Haum Sweet Haum, Burning Desire, Shanghaied), die statt drei bis vier Minuten einfach mal 20-37 Minuten dauern.

Generell beinhaltet die Extended Edition 13 Songs, die über zehn Minuten lang sind – und dabei handelt es sich nicht einfach um geloopte Versionen, sondern meiner Vermutung nach die Hintergrundmusiken einzelner Missionen. Die Highlights aus diesen Stücken wurden OST-typisch auf DedSec – Watch Dogs 2 gepresst, wohingegen der Extended Score die ungekürzte Variante darstellt.

Dabei wird schnell deutlich, dass hier ein echter DJ am Werk war, der sein Set auf die Platte gepackt hat – und das Ergebnis ist durchaus hörenswert, sofern man etwas für diese Art der Musik übrighat. Im Umkehrschluss sollte jedem*r Hörer*in bewusst sein, dass uns keine ‚klassische‘ Videospielkomposition mit narrativen Höhen und Tiefen ins Haus steht. Die bekommen wir zwar anscheinend im Extended Score geliefert, allerdings am Stück. Und dort zeichnen sich Tracks wie Main Menu, Research Menu und Nudle Maps primär durch ihre sphärisch wabernde Belanglosigkeit aus.

Doch das Album überzeugt nicht durch besonders bewegende oder ‚kreative‘ Klänge. Wie für das Genre üblich punktet die Musik dort, wo sie unseren primitiven Wohlfühlzentren anspricht und die stumpfen Bässe simpel ausgedrückt ‚Bock machen‘. Ich persönlich mag Birchards Kombination aus wuchtigen Electrobeats, Strings und unkonventionellen Klängen wie Orgeln – etwas, das man dieser Art vermutlich eher selten in den Underground-Schuppen dieser Welt hört. Nicht, dass ich es besser wüsste. Aber so bringt der Schotte eine Geräuschkulisse ans Tageslicht, die gut in das Setting passt und selbst mir Spaß macht.

Anders als beispielsweise der Score zu Furi, zeichnet sich die Musik des Komponisten durch ihren repetitiven Aufbau auf, dem im Verlauf des Tracks immer neue Facetten hinzugefügt werden, bevor es kurz vor Ende die Klimax erreicht. Besonders gut gelingt das meiner Meinung nach in Burning Desire, dessen Jahrmarktstyle im Verlauf des Stücks aufgebrochen wird und in Richtung von Genre-Cousins wie Rocket League oder dem Saints Row-Reboot driftet.

Wie immer ist das jedoch absolut Geschmackssache und meine Bewertungsskala nicht optimal darauf geeicht, zeitintensive Lieder fachkundig zu bewerten, weil mir 37 Minuten persönlich einfach viel zu lang ist. Andere Leute mögen dagegen dem Build-Up eines Tracks über eine halbe Stunde gebannt zuhören, das ist auch okay. Ein Urteil bildet ihr euch also am besten selbst. Ich von meiner Seite war überrascht, wie gut mir die Komposition für dieses in meiner Erinnerung doch weniger geliebte Spiel gefiel.

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Watch Dogs 2

Nr.	Titel	Interpret(en)	Bewertung
01	Shanghaied	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	4
02	Burning Desire (Hacker)	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
03	W4tched (Cinema)	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	2
04	Haum Sweet Haum	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
05	Cyber Driver	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
06	Amethyst	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
07	Play N Go	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	4
08	Eye for an Eye (Reprise)	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	2
09	Cyber Driver (Opera)	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	2
10	Citrus	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
11	Balance	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
12	Burning Desire	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	5
13	Eye for an Eye	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
14	Robot (Finale)	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
15	Watch Dogs Theme	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
16	The Motherload	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3

Watch Dogs 2 [Extended Edition]

Nr.	Titel	Interpret(en)	Bewertung
01	Main Menu	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
02	Research Menu	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	1
03	Nudle Maps	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	2
4	Play'N'Go [Extended]*	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	4
05	Cyberdriver	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
3	Haum Sweet Haum [Extended]*	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
07	$911	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
08	Hacker War	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
09	Burning Desire [Extended]*	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
10	Eye for Eye	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	4
11	Limp Nudle	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
12	W4tched	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	2
13	Shanghaied [Extended]*	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	4
14	Power to the Sheeple	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
15	Hack Teh World	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
16	Robot Wars	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	4
17	Motherload	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	4
18	Balance*	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
19	Citrus*	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	3
20	Cyber Driver (Opera)*	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	2
21	Eye for an Eye (Reprise)*	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	2
22	W4tched (Cinema)*	Hudson Mohawke [Ross Matthew Birchard]	2

*Track im Original Soundtrack enthalten