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Trine

Erscheinungsdatum: 2009
Art: Original Soundtrack (OST)
Komponist(en): Ari Pulkkinen
Trackzahl: 20


Bezaubernd bewegend

Als Trine 2009 erschien, war es für mich wie ein zauberhafter Einblick in eine Welt der Plattformer, Action-Puzzles und Jump’n Runs, die ich sonst nur von meinem Gameboy in Form von Spielem wie Asterix & Obelix kannte. Denn ohne Konsole war ich nie in den Hands-on-Genuss von Mario, Crash Bandicoot und Konsorten gekommen – auch wenn ich es natürlich versuchte, diesen Mangel bei Freunden und Verwandten zu kompensieren.

Trine, mit seiner Mischung aus hübscher Grafik, interessanter Rätsel und gut dosiertem Humor gab mir also eine kleine Premiere, auch wenn das eigentliche Spiel keine Revolution darstellte: Die Story war erwartbar la la, das gegensätzliche Dreigestirn (daher der Name) aus der coolen Diebin Zoya, dem tumben Ritter Pontius und dem ängstlichem Magier Amadeus, die durch ein magisches Artefakt (daher der Name) miteinander verbunden wurden, austauschbar. Letztgenannter Protagonist erinnert mich retrospektiv sehr an den Zauberer Rincewind aus Terry Pratchetts Scherbenweltromanen, der ebenso wenig Lust auf Abenteuer hat … Zufall?

Wie die mutmaßliche Buchvorlage nahm sich Spiel zum Glück selbst nicht zu ernst – ein Prinzip, das kleinere Fehltritte verzeihbarer werden lässt und die Basis meiner kompletten Persönlichkeit darstellt. Dieser Uneitelkeit gegenüber steht ein Soundtrack, der bewusst tief in die Klischeekiste der Fantasyuntermalung greift und aus ihr dermaßen märchenhafte Stücke klaubt, dass man Regenbögen kotzen möchte – und das im positivsten Sinne.

Tatsächlich zähle ich die Scores der Trine-Reihe zu meinen Lieblingen aus dem Indie-Genre, einfach weil sie auf der einen Seite berühren, auf der anderen motivieren. Dabei erreichen sie nie den Grad an Selbstironie eines Castle Crashers oder das Tränenpotenzial von Child of Light, dafür verzaubern sie wie beispielsweise die ersten Ableger der SpellForce-Serie („Crypt of the Damned“) oder der „Nami“-Track aus League of Legends: Season 2.

Für den tropengerechten magischen Klang des Scores verwendet der finnische Komponist Ari Pulkkinen alles, was fantasy-affine Herz höherschlagen lässt: Geigen und Cellos, gestrichen wie gezupft, dazu Klavier, Flöte, Glockenspiel, Harfe. Das Ganze dann noch in ein Geflecht von mal langezogen getragenen Ensemble-Stücken, mal spitzbübig anmutenden Melodie-Tracks gegossen – man kennts. Und gleichsam kennt man es dann auch wieder nicht, weil das Niedlichkeitslevel stellenweise weit über dem liegt, was Hardcore-Zocker für gewöhnlich zu hören bekommen.

Das gilt im Übrigen auch für meinen damaligen und mittlerweile leider verstorbenen Klavierlehrer. Denn der reagierte sehr wenig angetan von meiner Idee, dass wir statt Beethoven und dessen Bekannten vielleicht etwas aus dem Score („Dragon Graveyard“) erarbeiten könnten. Zum einen bezeichnete er es nach kurzem Reinhören als ‚Mickey-Maus-Musik‘, was mich damals wütend wie traurig machte, immerhin hatte ich mich ihm gegenüber gerade über meine zu jener Zeit noch frische Leidenschaft geöffnet – heute kann ich die Kritik natürlich nachvollziehen. Zum anderen konnte ich das Stück schon fast auswendig, da ich es vorher wirklich gerne und freiwillig geübt hatte. Stellt sich raus, wenn man etwas macht, worauf man Lust hat und nicht zu gezwungen wird, dann kann der Prozess durchaus Spaß machen…

Genug davon. Kommen wir lieber zurück zum OST und dessen Qualitäten. An dieser Stelle muss ich vermutlich nicht mehr erwähnen, dass mir dieser über weite Strecke sehr gut gefällt, weshalb es fast schon einfacher ist, die weniger empfehlenswerten Lieder zu nennen. Was soll der Geiz? Machen wir das eben. Denn natürlich verstecken sich unter den 20 Tracks auch eine Handvoll Gurken, die im Vergleich zum Rest etwas abfallen.

Dazu zählen für mich beispielsweise „Astral Academy“, „Waltz of the Perished“ und „Bramblestoke Village“, deren Melodien in anderen Stücken besser zur Geltung kommen. Auch die Moll-Variationen („Wolvercote Catacombs“, „Forsaken Dungeons“) holen mich nicht so ganz ab. „Throne of the Lost Kings“ wirkt mit seinem hyperaktiven Thema indes wie die modernisierte Version eines NES- oder SNES-Games, und „Shadowthorn Thicket“ zeigt, wie wohl ein Die Siedler im Fantasy-Gewand aussehen könnte. Während diese Vertreter noch durchaus okay sind, ist „Heartland Mines“ dagegen ein waschechtes Lowlight, das mit seinem hallenden Trommeln klingt, als wäre es von der Heroes of Might and Magic-Reserverampe geklaut und mit dem schlechten Teil des Torchlight-Scores vermengt worden.

Da nunmehr auch diese letzte Hürde überwunden wurde, kann ich nun endlich, endlich über die Highlights sprechen. Die erzählen gemäß der Natur eines gut sortierten Soundtracks im Grunde die Geschichte des Spiels und führen uns auf eine schöne, musikalische Reise. Um allen sieben Stücken gerecht zu werden, mache ich es wie schon vor drei Jahren in meiner Review zu Rome: Total War – als Liste:

  • „Academy Hallways“: Mit seinem Cembalo setzt dieser Track direkt zu Beginn einen royalen Unterton – logisch, wir sind ja auch in einer renommierten Magier-Akademie. Doch statt diesen erhabenen Tenor beizubehalten, erklingt eine gezupfte Melodie, die fast schon schelmisch umhertapst, als wolle sie Kindergeschichten um die Weihnachtszeit intonieren. Ein wenig an Tschaikowskis Nussknacker erinnernd (wenn auch weit von dessen Klasse entfernt), tanzt der Track umher, bevor er sich plötzlich wieder seiner akademischen Pflichten gewahr wird: Erneut hören wir das Cembalo, dieses Mal mit einem Cello, würde- und kraftvoll. Dieses Katz- und Mausspiel setzt sich über den ganzen Track fort und macht einfach Spaß beim Zuhören.
  • „Dragon Graveyard“: Es ist so simpel, dass ich es auf dem Klavier spielen kann. Ein paar Tonleitern in der linken Hand als Begleitung und eine einfache Melodie in der rechten. Was allein auf einem einzelnen Instrument schon Spaß macht, entfaltet im orchestralen Zusammenspiel mit den Streichern und Flöten sein gesamtes Potential. Es ist gefühlvoll, es ist zurückhaltend, es ist schön. Es ist Disney-Musik und gleichsam so viel mehr.
  • „Crystal Caverns“: Noch einfacher als „Dragon Graveyard“ ist wohl nur „Crystal Caverns“. Das reduziert das Main Theme auf ein einzelnes Klavier, das durch hallende Synthies unterstützt das Gefühl der namensgebenden Kristallgrotte erzeugt: Klar und in sich ruhend, wie ein unterirdischer Teich, dessen Oberfläche nur durch die einzelnen, von den reflektierenden Edelsteinformationen fallenden, Tropfen gekräuselt wird. Ein Blick zwischen Gleichmut, Optimismus und Bedauern, beruhigend und entschleunigend. Einfach zum Durchatmen.
  • „Ruins of the Perished“: Aus den Tiefen der Grotte entschwunden wandern wir leichtfüßig, fast schon hüpfend durch einen Märchenwald. Eine Flöte weist uns den Weg, Streich- und Zupfinstrumente sind an unserer Seite. Superkitschig, aber gut gemachter Kitsch.
  • „Iron Forge“: Wuchtige Hammerschläge, begleitet von einer Flötenmusik machen deutlich, dass wir uns hier nicht in einem Der Herr der Ringe-Spiel befinden. Die Stimmung ist positiv, das vor uns liegende Abenteuer vielleicht beschwerlich, aber nicht zu sehr.
  • „Tower of Sarek“: Es ist so weit: Endboss-Zeit. Die wohl schwerste Stelle im Spiel – weil Fluchtsequenz – hat sich nach diversen Versuchen auch akustisch in mein Gedächtnis gebrannt. Zum Glück habe ich meinen Unmut dem Level gegenüber schon zum größten Teil wieder vergessen und kann mich stattdessen an diesem Adrenalin-Kicker ergötzen, der trotz Fantasy-Aufmachung ordentlich Tempo erzeugt. Das Abenteuer hat seinen Klimax erreicht, ab jetzt gilt’s!
  • „Trine“: Warum das Main Theme chronologisch fast schon an letzter Stelle kommt, weiß ich nicht. Was ich dagegen mit Bestimmtheit sagen kann, ist, dass dieses Theme einfach perfekt zum restlichen Score passt und das Stimmungsbild der Serie präzise einfängt. Zunächst bedächtig steigen wir zum Klang von Percussions ein, bevor eine Flötenmelodie ertönt. Die schraubt sich langsam immer weiter in die Höhe, verspricht Abenteuer und Schönheit. Sie ebbt wieder ab, beginnt von neuem, dieses Mal erweitert durch die Streicher, vergrößert, verstärkt. Sie erreicht hierbei nie die Qualität eines The Elder Scrolls oder vergleichbarer Titel, sondern verspricht genau so viel, wie sie halten kann: Eine kleine, beschauliche Geschichte in einer fantastischen Welt, mit Magie, Untoten und nur einem kleinen bisschen Ernsthaftigkeit.

Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

Nr.TitelInterpret(en)Bewertung
01Astral AcademyAri Pulkkinen33/5
02Academy HallwaysAri Pulkkinen55/5
03Wolvercote CatacombsAri Pulkkinen44/5
04Dragon GraveyardAri Pulkkinen55/5
05Crystal CavernsAri Pulkkinen55/5
06Crypt of the DamnedAri Pulkkinen44/5
07Forsaken DungeonsAri Pulkkinen44/5
08Throne of the Lost KingsAri Pulkkinen44/5
09Fangle ForestAri Pulkkinen44/5
10Shadowthorn ThicketAri Pulkkinen44/5
11Ruins of the PerishedAri Pulkkinen55/5
12Waltz of the PerishedAri Pulkkinen33/5
13Heartland MinesAri Pulkkinen22/5
14Bramblestoke VillageAri Pulkkinen33/5
15Iron ForgeAri Pulkkinen55/5
16Tower of SarekAri Pulkkinen55/5
17TrineAri Pulkkinen55/5
18Trailer ThemeAri Pulkkinen44/5
19Trine [Trailer Version 2008]Ari Pulkkinen44/5
20Trine [Original Version 2008]Ari Pulkkinen44/5

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