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Team Fortress 2

Erscheinungsdatum: 2007
Art: Original Soundtrack (OST)
Komponist(en): Mike Morasky
Trackzahl: 32


Mit Schirm, Charme und Methode

Als Valve, die Schöpfer der Half-Life-Reihe, 2007 die unscheinbare Orange Box mit den 3 Titeln Half-Life 2: Episode 2, Portal und Team Fortress 2 veröffentlichte, ging man davon aus, dass die beiden letztgenannten Games nur schmückendes Beiwerk sein würden. Blickt man heute, 13 Jahre später, auf diese Meilensteine der Videospielgeschichte zurück, verblasst dagegen vielmehr die zweite Episode der Shooter-Reihe um Gordon Freeman und man denkt wehmütig an die Geschichte um die mörderische künstliche Intelligenz GLaDOS und die unzähligen Scharmützel zwischen den Teams RED und BLU zurück. Wie man dem Titel dieser Review bereits entnehmen kann, möchte ich heute über die Musik von Team Fortress 2 sprechen.

Dafür muss ich aber kurz noch erklären, warum das Spiel denn als Meilenstein gilt – also zumindest für mich: Multiplayer vor Team Fortress 2 war meiner Auffassung nach immer ‚serious Business‘: Grimmige Kriegsszenarien in groß und klein wie in der Battlefield-Reihe oder bei Call of Duty, präzises Taktieren wie bei Counter-Strike oder schnelle Balleraction à la Unreal Tournament. Diese Spiele haben Spaß gemacht, tun es auch heute noch, aber nehmen sich allesamt – vielleicht mit Ausnahme von UT – sehr ernst. Klar kann man auch innerhalb eines ernsten Szenarios viel Blödsinn betreiben (wir denken zurück an die C4-Buggys), aber der Grundtenor klang immer eher nach Wagner als Rednex. Auftritt Team Fortress 2.

Insgesamt 9 unterschiedliche Klassen treten in Teams gegeneinander an – so alt, so bekannt – nur, dass jede Klasse einen Charakter darstellt, einen Charakter mit Persönlichkeit und Backstory; das Genre des Hero-Shooters war geboren. Wo spätere Vertreter wie Overwatch auf Superhelden-Epos setzten, war der Urvater aber vor allem eines: witzig. Jeder Charakter war abgedrehter als die nächste und während der Schlachtenwahnsinn durch die unterschiedlichen Charaktere und Interaktionen mit- und gegeneinander schon Unterhaltung genug boten, kumulierte Valve diese humoristische Flut in zahlreichen Videos, unter anderem den Vorstellungsvideos der einzelnen Klassen, genannt „Meet the …“, in denen sich alle 9 „Helden“ mal mehr, mal weniger eloquent zu Wort melden. Diese Kurzvideos haben mich damals über Wochen amüsiert und einzelne Zitate sind bis heute Teil meiner Rezitationsroutine – wen interessiert heute schon noch der Erlenkönig, wenn man dagegen „Meet the Soldier“ aufsagen kann? Deshalb hier schon einmal die Empfehlung: Wenn ihr sie noch nicht kennt, holt sie gerne nach. Manche mehr, manche weniger lustig, sind sie liebevoll gemacht und waren für die Spieler immer eine unterhaltsame Dreingabe.

Übrigens verdanken wir Team Fortress 2 auch das spielexterne Achievement-Konzept, das Valve über seine Plattform Spieleplattform Steam ausgehend von TF2 auf so gut wie alle dort veröffentlichten Spiele übertrug. Insofern auch dort wieder Meilensteinpotenzial, wenn auch fragwürdiges. Das Thema Achievements habe ich übrigens auch kurz in meiner Bachelorarbeit zum Thema Lootboxen behandelt (ab S.27), wer sich also dafür interessiert, kann gerne mal reinlesen. Gut, genug gesidetrackt, jetzt also zur Musik.

Wie ich in meiner Counter-Strike: Source-Review bereits erzählt habe, stammt auch bei diesem Valve-Spiel die Musik von Mike Morasky, der hier das erste Mal seine musikalischen Muskeln – kurz Musikeln – flexen konnte. Die Premiere gelingt mit Bravour. Im Gegensatz zum Shooter-Vorgänger besitzt der Soundtrack dieser Hero-Ballerei ein Thema und einen klar erkennbaren Charakter. Das Main Theme „Team Fortress 2“ ist ein wiederkehrendes Element, bei dem Moraskys durch E-Gitarren geprägter Stil besonders zutage tritt. Das Dängdegedäng, wie wir Fachleute es nennen, nimmt einen dominanten, treibenden Part des Themas ein, während die recht gleichbleibende Melodie in Big-Band-Manier mit Pauken und Trompeten immer wieder kurz nach oben und unten explodiert. Diese Kombination findet sich auch in weiteren Stücken wie „Intruder Alert“ oder „MEDIC!“ wieder. Aber auch andere musikalische Tropen bekommen im OST Platz, wie die kitschig-romantische Musikeinlage mit Akkordeon in „Petite Chou-Fleur“, das an „Bella Notte“ aus Disneys Susi und Strolch erinnert und den stereotypen französischen Charakter des Spys widerspiegelt. Denn jeder Charakter besitzt auch ein eigenes Thema, das meist als Hintergrundmusik der entsprechenden „Meet the …“-Videos verwendet wurde.

So beschränkt sich die musikalische Charakterzeichnung beim Klappmesserschwinger nicht nur auf seine amouröse Seite wie im eben beschriebenen Quetschkommoden-Gedudel. Stattdessen wird der Spion in seinem dazugehörigen „Meet the Spy“-Video auch als kaltblütiger, berechnender Mörder porträtiert, was sich auch im Track „Right Behind You“ abzeichnet. In thrillerhaftem Suspense beginnt eine kurze Tonabfolge am Klavier, begleitet von Streichern, die sich bedrohlich aufbauschen und wieder abflauen. Das Thema treibt einem die Nackenhaare in die Luft und passt perfekt zur unsichtbaren Bedrohung, die sich manchmal wie im Video auch als sehr sichtbar und in unmittelbarer Nähe befindlich herausstellen kann. Andere Charakter-Themes wie „Drunken Pipe Bomb“ für den schottischen Sprengmeister (Demoman) oder das des leicht durchgeknallten Medics in „Archimedes“ bedienen sich ebenfalls klassisch kultureller Motive wie beispielsweise dem Dudelsack, um entsprechende Bilder zu transportieren. Und Polka wie in „Soldier of Dance“ darf natürlich auch nicht fehlen. Das alles fügt sich zu einem stimmigen Gesamtwerk zusammen, ließe sich allerdings nicht als wirklich ‚herausragend‘ bezeichnen, gäbe es da nicht ein paar Tracks, die den Soundtrack für mich besonders machen.

Da könnte ich zum einen die Titel nennen, die im Stil der Mission: Impossible-Filme durch den Einsatz von treibenden Bongos eine Art Agenten-Feeling aufkommen lassen, das mir einfach supergut gefällt; Beispiele hierfür sind unter anderem „Playing with Danger“ oder das noch bessere „Faster Than a Speeding Bullet“ (aus „Meet the Scout“). Oder aber einer meiner absoluten Lieblingstracks, den ich schon in meiner Review zu League of Legends: Season 1 erwähnt habe: „The Art of War“. Als Hintergrundbegleitung des „Meet the Soldier“-Videos funktioniert dieser Track im Gegensatz zu seinen Artgenossen ohne den dazugehörigen optischen Input deutlich besser. Es trifft den militanten Charakter des überzeichneten Kriegsveteran, durch seinen Marschcharakter entstehen sofort Bilder im Kopf und die Trommel-Extravaganza macht trotz ihrer grundlegenden Gleichförmigkeit einfach unglaublich viel Spaß beim Zuhören. Wie beim „Team Fortress 2“-Theme kommt später im Track auch kurz das Big-Band-Orchester zum Einsatz und so reiht sich das Lied brav in das Gesamtkonzept des OST ein. Anders als bei den anderen Titeln driftet das Stück an dieser Stelle aber nicht in Komische oder Jazzige ab, sondern wirkt stattdessen bedrohlich, was seine Gravitas erneut unterstreicht. Für mich das absolute Highlight des Soundtracks, der vielleicht durch die Nostalgiebrille getrübt insgesamt besser wegkommt, als es vergleichbare Alben wären, aber insgesamt meiner bescheidenen Meinung nach viel Spaß macht. Siehste Morasky, geht doch.


Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

Nr.TitelInterpret(en)Bewertung
01Team Fortress 2Mike Morasky55/5
02Playing with DangerMike Morasky44/5
03Rocket Jump WaltzMike Morasky33/5
04The Art of WarMike Morasky55/5
05Faster Than a Speeding BulletMike Morasky55/5
06Right Behind YouMike Morasky55/5
07Petite Chou-FleurMike Morasky33/5
08Intruder AlertMike Morasky33/5
09Drunken Pipe BombMike Morasky44/5
10More GunMike Morasky33/5
11Haunted Fortress 2Mike Morasky33/5
12TF2 Saxxy 2011 ThemeMike Morasky33/5
13A Little Heart to HeartMike Morasky33/5
14MEDIC!Mike Morasky44/5
15ArchimedesMike Morasky33/5
16Dreams of CrueltyMike Morasky44/5
17The CalmMike Morasky44/5
18ROBOTS!Mike Morasky44/5
19Dapper CadaverMike Morasky33/5
20Rise of the Living BreadMike Morasky44/5
21Red BreadMike Morasky33/5
22Three Days to LiveMike Morasky33/5
23Seduce Me!Mike Morasky33/5
24Stink LinesMike Morasky33/5
25It Hates Me so MuchMike Morasky33/5
26Misfortune TellerMike Morasky33/5
27Soldier of DanceMike Morasky44/5
28RED Triumphs!Mike Morasky33/5
29BLU Triumphs!Mike Morasky44/5
30Yeti ParkMike Morasky44/5
31Saxton's DilemmaMike Morasky44/5
32Mercenary ParkMike Morasky44/5

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