Prey [2006]

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Erscheinungsdatum: 2006

Art: Original Soundtrack (OST) / Radio

Komponist(en): Jeremy Soule; Julian Soule

Trackzahl: 30 / 15

Wertung

Prey-teritum

Irgendwie ist das schon komisch: Da gibt es ein Spiel, das von der Fachpresse gefeiert und mit Wertungen im oberen 80er-Bereich überhäuft wird. Einziger Kritikpunkt sei wohl der Multiplayer, doch da es sich um einen Singleplayer-Shooter mit Story handelt, ist das wohl zu verschmerzen. Trotzdem wurde der offizielle Nachfolger eingestellt und ein Spiel mit dem gleichen Namen veröffentlicht, das nichts mit dem ursprünglichen Spielkonzept zu tun hatte.

Die Rede ist natürlich von Prey, das 2006 erschien und die Geschichte des amerikanischen Ureinwohners Tommy erzählt, der von Außerirdischen entführt wird und sich durch deren Raumschiff zurück zur Erde ballern muss. Dabei stehen ihm nicht nur diverse Knarren zur Verfügung, um die Shooter und Knobelpassagen zu meistern, sondern auch noch die Geisterkräfte seiner Vorfahren. Eine abgefahrene Mischung, die aber trotz kommerziellen Erfolgs nie die Bekanntheit erfuhr, die sie eigentlich verdient hätte. Ich selbst habe dieses Kleinod dank Altersbeschränkung auch nie gezockt und mit mittlerweile 18 Jahren auf dem Buckel (das Spiel, nicht ich), schätze ich, dass es wie so viele Games von damals seinen Zauber verloren haben dürfte.

Natürlich ist das kein Grund nicht in den Soundtrack reinzuhören, der von keinem geringeren als dem Brüder-Duo Jeremy und Julian Soule stammt. Gerade der Name Jeremy Soule sollte Lesern dieser Seite schon häufiger ins Gesicht gesprungen sein – nicht zuletzt wegen der Beschuldigungen zu sexuellem Missbrauch. Doch auch sein Kontroversen-ärmerer Bruder tauchte in Kombination mit Inon Zur bei dem überraschend guten Score zum Graupenspiel Star Trek: New Worlds auf.

Es ist meines Wissens des erste Mal, dass Soule für einen klassischen First-Person-Shooter komponiert hat (Elder Scrolls-Spiele mal außenvorgelassen). Insofern fühlt es sich komisch für mich an, seine bekannte Klaviatur aus Streichern, Blechbläsern und generellem Bombast im Kontext einer Sci-Fi-Ballerei zu hören. Klar, in Spielen wie Company of Heroes oder gerade Supreme Commander wechseln allerlei Bleikugeln und Laserschüsse die Schlachtfeldseite, doch gerade die Musik von Soule hätte ich im gewohnten Fantasy-Korsett erwartet. Gut, andersherum war der Komponist, der nach den 2019 gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen von der Bildfläche verschwunden ist, Mitte der 2000er in so gut wie jedem Spiel zu hören. Und das Traurige daran ist: zu Recht!

Soule verstand es damals wie kaum ein anderer (westlicher) Videospielkomponist, Musik zu schreiben, die en Par mit der von der Kinoleinwand war. Knights of the Old Republic, The Elder Scrolls III: Morrowind und selbst vergleichsweise kindliche Games wie die ersten Harry Potter-Spielen verleihte er Soundtracks, die einfach hörenswert sind und selbst heute, Jahrzehnte später, immer noch genauso gut funktionieren.

Wenig unerwartet liefert er auch bei Prey zusammen mit seinem Bruder sehr gute Arbeit ab. Die 30 Tracks, verteilt auf zwei CDs, erwecken heute bei mir jedoch zu häufig Assoziationen mit seinen anderen Scores, weshalb ich in vielen der Liedern Fragmente aus anderen Spielen höre: Das fängt schon mit dem starken Prey Overture an, dessen dramatische und fast schon epochale Eröffnung bei mir direkt Erinnerungen an Massenschlachten Marke Supreme Commander und Company of Heroes wach werden lässt. Auch „As If Appearing from No Where…“ und Splitting the Arrow schlagen in diese Akustikkerbe, obgleich ich hier noch eine Spur Neverwinter Nights herauszuhören glaube.

Diese zeitgenössische Review von Mike Brennan auf der Seite Soundtrack.net vom 1.10.2006, gibt dem Score eine 4/5 und beschreibt den letztgenannten Track wie folgt:

Splitting the Arrow ist das andere herausragende Stück der Partitur und beginnt mit einem Klaviersatz des Hauptthemas [Prey Overture]. Stürmische Action-Musik setzt ein, um dann in eine schnelle, aber längere Version des Liebesthemas mit Streichern und Bläsern überzugehen, die auf den triumphalen Klang der Ouvertüre zusteuert.

Mike Brannan über Splitting the Arrow

Diesen aufwühlenden Stücken stehen jedoch auch viele dunklere, fast schon bedrohliche Tracks wie Aniwyah Calling oder Cries in the Darkness entgegen, deren Suspense mich beinahe ein wenig an Mass Effect 3 erinnert. Im Verlauf von Back to the Ancient Land werden indes hoffnungsfrohe Dur-Klänge durch zweifelnde Dysphonien erdrückt, was nach einem typischen Horror-/Thriller-Score klingt.

Generell war Soules Komposition weniger wegweisend in der Gestaltung, als vielmehr in dem Aufzeigen, wozu Musik aus Videospielen (auch technisch) in der Lage ist. Denn, und das wusste ich auch selbst nicht, hatte Soule Brennan zufolge „eine eigene, große Sample Library erstellt und mit einem Orchester aufgenommen“, wie er in seiner Review zu Dungeon Siege II schreibt. So sei das Orchesterfeeling entstanden, für das ich den Komponisten schon häufiger gefeiert habe und was heutzutage besonders für kleinere Kreative Usus ist, um sich die Kosten für eine Liveproduktion zu sparen.

Soules Technik und Kompositionsmethoden zeigen den Spieleproduzenten einen neuen Weg auf, dieses Kaliber von Musik zu erreichen. […] Es gibt über drei Stunden Musik für Prey, die erste FPS (First-Person-Shooter)-Spielmusik, die die musikalische Bandbreite eines groß budgetierten Films erreicht.

Mike Brennan über Soules Sampling-Technik

Das erklärt dann natürlich, warum vieles für mich ähnlich klingt. Same same, but different, but still the same. Wenn es das Gleiche auf hoher Qualität ist, gibt es derweil nichts zu meckern, weshalb ich den Prey-Score durchaus gelungen finde. Nur kann ich gleichzeitig nicht meinen Kopf vor der Ähnlichkeit zu seinen anderen Werken verschließen, die mir mehr bedeuten, und zum anderen nicht die Kontroverse um die Person Jeremy Soule ignorieren.

Deshalb würde ich an dieser Stelle das Fazit gerne Brennan überlassen, der diese Review mit seinen Ausführungen deutlich aufgewertet hat und sein Urteil unbeeinflusst von 18 vergangenen Jahren fällen konnte:

Normalerweise bin ich sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, Vergleiche mit Williams anzustellen (obwohl ich das kürzlich in Rezensionen zu Soules Harry Potter-Videospielvertonungen getan habe), aber als ich mir die Zwei-Disc-Partitur anhörte, wurde mir klar, dass der Vergleich absolut zutreffend ist und dass Prey mit einigen der besten orchestralen Science-Fiction-Vertonungen wie War of the Worlds und sogar Teilen von Star Wars mithalten kann. Man hat es auch mit Goldsmiths Capricorn One verglichen, gemischt mit den elektronischen Elementen von Callerys 24. […]

Soules‘ Arbeit für Prey ist beeindruckend, sogar noch mehr in der Produktion als im hörbaren Endprodukt. Es wird interessant sein zu sehen, wie es mit Videospielvertonungen weitergeht.

Mike Brennan über den Prey-Score

Abseits des eigentlichen OSTs laufen dem Wiki zufolge zudem auch ein paar Radio-Tracks in dem Spiel. Das wollte ich der Vollständigkeit halber noch erwähnt haben. Danke fürs Lesen!

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