Old World
Angenehm antik
Augenfällig ist zunächst der Umfang des Original Soundtracks. Eine überschaubare Anzahl von zwölf Tracks hat es in das Album geschafft. Dies ist wohl der Tatsache geschuldet, dass sich Old World, anders als das große Vorbild, mit einer vergleichsweise kurzen Zeitspanne der Menschheitsgeschichte befasst. Wo wir in Civ mit Keulenkriegern losziehen, Rad und Schießpulver erfinden und irgendwann futuristische Riesenmechs über die Weltkarte kommandieren, bleiben wir in Old World auf den Zeitraum der Antike beschränkt. Durch diese Komprimierung und das dazugehörige Dynastien-Management lässt sich das Spiel wohl mehr mit der Crusader Kings-Reihe vergleichen.
Wegen dieser Limitierung fällt indes ein großer Teil dessen weg, was den Score von Sid Meier’s Civilization VI so besonders gemacht hat: die Entwicklung. Während wir dort auch musikalisch der Evolution unserer jeweiligen Nation beiwohnen dürfen, gibt es bei Old World nur einen Track pro Volksstamm.
Zum Glück kann ich jedoch direkt Entwarnung geben, denn trotz überschaubarem Angebot holt Tin das Beste aus der Musik heraus, um uns in die Zeit vor Christi Geburt zu transportieren.
Dafür greift er auf die gelernten Tropen zurück, mittels derer wir uns die Klänge jener Epoche vorstellen. Soll heißen: Helle Zupfinstrumente, tiefe Bläser und treibende Percussions. Und da wir uns geographisch im Mittelmeerraum befinden, versprüht der gesamte Score zudem ein arabisch-orientalisches Flair. Um an dieser Stelle kurz von Christopher Tins Homepage zu zitieren:
The result is a colorful tapestry of sounds and harmonies from the Middle East, married to the forms and techniques of classical composition.
Christopher Tin auf seiner Homepage über den Old World-OST
Schön: Auch ein Civ-typischer Introsong hat es ins Spiel geschafft. I Lift My Eyes ist eine Ballade des biblischen Psalms 121, der auf Arabisch von der libanesischen Sängerin Abeer Nehme gesungen wurde. Zunächst bedächtig als Solo, steigert sich das Stück, wird zunehmend ‚orientalischer‘ und ähnelt zum Schluss Kompositionen wie Prince of Persia oder Anno 1404. Ebenso aus der Reihe fällt das Klavierstück II: Mawwal, das eher an klassische Kompositionen erinnert.
Mein persönliches Highlight des Scores ist dagegen Festival of Dionysus (Greece), das wunderbar verschiedene Aspekte antiken Spektakels einfängt. Am Anfang förmlicher, wandelt sich Treiben, wird ekstatischer und ausgelassener – wie eine gute Party eben. Auch hier zitiere ich kurz von Tins Homepage, auf der der Komponist erklärt, wie dieser Eindruck entsteht:
For music theory nerds out there, Festival of Dionysus (Greece) is a gleeful romp through the seven different modes named by the Ancient Greeks: dorian, lydian dominant, mixolydian, aeolian, locrian, phyrigian, and finally ending on ionian (otherwise known as major).
Christopher Tin auf seiner Homepage über Festival of Dionsysus (Greece)
Ist die Musik von Old World nun ein geistiger Nachfolger der Civ-Reihe? Wohl kaum, aber das ist nicht ihr Anspruch und muss es auch nicht sein. Christopher Tin liefert einen kurzweiligen Tauchgang in graue Vorzeit, dem besonders Fans mediterraner und arabischer Klänge etwas werden abgewinnen können. Falls also noch passende Untermalung fürs Reel zum letzten Türkeiurlaub oder der hedonistischen Balz auf dem Sandsteinbalkon mit Mittelmeerblick gesucht wird, bitte zuschlagen.
Nr. | Titel | Interpret(en) | Bewertung |
---|---|---|---|
1 | I Lift My Eyes | Christopher Tin | |
2 | The Augur Speaks (Rome) | Christopher Tin | |
3 | War Elephant (Carthage) | Christopher Tin | |
4 | Festival of Dionysus (Greece) | Christopher Tin | |
5 | The Gardens (Babylon) | Christopher Tin | |
6 | Zealot King (Assyria) | Christopher Tin | |
7 | Persepolis (Persia) | Christopher Tin | |
8 | Trade Routes (Egypt) | Christopher Tin | |
9 | I: Tahmilah | Christopher Tin | |
10 | II: Mawwal | Christopher Tin | |
11 | III: Tarab (Part 1) | Christopher Tin | |
12 | IV: Tarab (Part 2) | Christopher Tin |