Nobody Wants to Die

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  • Original Soundtrack

Erscheinungsdatum: 2024

Art: Original Soundtrack (OST)

Komponist(en): Mikołaj Stroiński

Trackzahl: 35

Wertung

Trenchcoat-Töne

Mit Ausnahme ein paar weniger, biologischer Anomalien, möchte wohl wirklich niemand sterben. Dass wir es am Ende wohl alle müssen, ist ein Naturgesetz – zumindest dieser Tage. In der Welt von 2329, die wir in Nobody Wants to Die, dem kürzlich erschienen Erstlingswerk des polnischen Entwicklers Critical Hit Games, erleben, konnte die Menschheit solche Banalitäten wie den Tod dank digitaler Gedächtnisbanken hinter sich lassen.

In der interaktiven Story schlüpfen wir in die Rolle von Detektiv James Karra, der sich in bekannter Noir-Manier mit einem Mordfall herumschlagen darf. Neben den zu erwartenden Future-Gadgets ist eines seiner Werkzeuge auch die Zeitmanipulation. Das sollte seine Ermittlungen eigentlich deutlich vereinfachen, ist aber Gameplay-technisch nur von begrenztem Nutzen … und am Ende steckt natürlich noch viel mehr hinter dem vermeintlichen Selbstmord eines New Yorker Promis. Mit 78 Punkten auf Metacritic kommt das Spiel derweil ganz gut weg. Ob das auch auf den Soundtrack zutrifft, habe ich mir angeschaut.

Komponiert wurde der 35-Track-lange OST von Mikołaj Stroiński, der unter anderem an der Musik zu The Witcher 3 und dessen Addon Blood and Wine sowie den Kartenspielablegern Thronebreaker: The Witcher Tales und GWENT: The Witcher Card Game mitwirkte. Das waren allesamt absolut empfehlenswerte Scores, die allerdings auch stark gen Fantasy neigten. Stroiński zeichnet jedoch auch für die Musik von Sniper: Ghost Warrior 3 und The Vanashing of Ethan Carter verantwortlich, deren ‚realistischere‘ Ansätze mich dagegen weniger abholten.

Die Musik von Nobody Wants to Die reiht sich bei keinen der beiden Stimmungsrichtungen ein, sondern geht ihren eigenen Weg. Dieser führt durch dunkle, dampfumwehte Gassen, in denen flackernde Neonlichter harte Kontraste in das Schwarz-Weiß zeichnen und Trompeten, Streicher und einsame Saxofone den Film noir der 40er und 50er intonieren. Kenner solcher Streifen oder von Spielen wie L.A. Noire werden sich beim Erklingen der stereotypen Kulisse sofort heimisch fühlen, auch wenn Stroiński die Flair meiner Meinung nach erfolgreicher einfängt als die Hale-Brüder in besagtem Rockstar Spiel von 2011.

Diesem Stil bleibt der Komponist über die Hälfte des Scores treu, die zu erwartenden Sci-Fi-/Cyberpunk-Einflüsse fehlen bis dahin gänzlich. Tatsächlich könnte man die Klänge der Big Band zu Anfang problemlos unter einen Leinwandauftritt von Humphrey Bogart und Konsorten legen und es würde passen. Sogar kleine Grusel-Einlagen und sinnierendes Klaviergeklimper werden mit Stücken wie Hello, This Is the Killer Speaking / Deadly Grip und Letting Go / Rachel serviert.

Im zweiten Teil und mit Steigerung der Spannung im Spiel beginnen sich moderne Einflüsse in die Komposition einzuschleichen. So klingen Stücke wie The Ikarus Murder, One More Clue Before the Explosion oder auch When the Body Collapses stellenweise statt verrauchter Detektivarbeit mehr nach Mission Impossible / The Incredibles. Bei Central Parks Riots kommt durch die Synthies und den Beat dann tatsächlich auch etwas Cyberpunk-Atmosphäre auf.

Obwohl die Vermutung naheliegt, wirkt diese nicht wie ein Fremdkörper. Im Gegenteil, die generell recht kurze Dauer der Lieder sorgt dafür, dass weder Monotonie noch Chaos Einzug halten. Die Komposition findet einen sehr guten Mittelweg aus klassischer Hintergrundberieselung und kurzweiligen melodischen Akzenten. Das gefällt mir deutlich besser als beispielsweise der Horroreinschlag beim 2024-Remake vom Genrevetter Alone in the Dark – gut, da geht’s ja auch primär ums Fürchten.

Nobody Wants to Die lässt zumindest akustisch nichts anbrennen und liefert eine absolut solide Musikerfahrung, die sowohl für Genre-Fans als auch -Interessent*innen eine klare Empfehlung darstellt. Und das sage ich als jemand, der mit dem jazzigen Gejaule eines gequälten Saxofons eigentlich recht wenig anfangen kann. Hier passt es einfach.

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