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Left 4 Dead

Erscheinungsdatum: 2008
Art: Original Soundtrack (OST)
Komponist(en): Mike Morasky
Trackzahl: 18


Zwischen Trotz und Terror

Valves Zombie-Survival-Spiel Left 4 Dead hat nicht nur meiner Meinung nach einen der besten Spieletitel – heißt es doch übersetzt ‚zum Sterben zurückgelassen‘ – und handelt von vier Überlebenden, die sich durch die Apokalypse und Horden von Untoten ballern; auch der Soundtrack hat Kultcharakter und wurde nochJahre nach dem Release in vielen Videos zum Nackenhaaraufstellen genutzt.

Wie bei fast allen Spielen der Steam-Betreiber stammt die Musik von Mike Morasky, der im Gegensatz zu Counter-Strike: Source hier mal sein Können unter Beweis stellen durfte. Ob sich das Genie auch für Nicht-Spieler von L4D überträgt, kann ich derweil schlecht beurteilen. Denn wie es sich für ein Gruselspiel gehört, dient der Score zur Unterstützung des Gameplays und der beklemmenden Atmosphäre.

Während wir durch die dunklen Straßenschluchten wandern, haben wir dank der Musik stets das Gefühl, das nächste Unheil könnte hinter der jeder Ecke lauern. Diese schaurig-schöne Bedrohung wird in „Blood Harvest“, „Dead Air“ „Death Toll“ und „No Mercy“ besonders deutlich, die uns als Map-Themes Variationen des Hauptmotives präsentieren und uns durch unterschiedliche Akzente das Fürchten lehren. Während wir zu Beginn BioShock-esque mal mit einer traurigen Geige, mal einem Klavierintermezzo konfrontiert werden, beginnen ab der Hälfte treibend rhythmische Synthie-Beats, die Erinnerungen an Moraskys Arbeit an der Portal-Reihe erwecken.

Generell schafft der Score die Balance zwischen minimalistischer Angstmacherei auf der einen und vollkommener, adrenalinbefeuerter Panik auf der anderen Seite. Denn bekanntermaßen führte Left 4 Dead 2008 das Prinzip der Zombiehorde ein, die in regelmäßiger Häufigkeit und begleitet von diversen ‚besonderen‘ Infizierten wie Smoker, Hunter oder Boomer (die wir im asymmetrischen Multiplayer auch selbst spielen konnten) den Bildschirm fluteten. So wurde aus einem geordneten Vorrücken und Erkunden der Lage schnell der nackte Kampf ums Überleben, bei dem nur Teamwork das Erreichen des nächsten Schutzraumes versprach.

Dieser Fokus auf das Wesentliche machte L4D damals zu einem Must-Play für Genre- und Koopfans, der ohne Moraskys eingängige Komposition vermutlich nur halb so gut gewesen wäre. Ich könnte Spielern vermutlich jeden der restlichen, kurzen Tracks vorspielen und jeder würde mir sagen können, wann genau dieses Stück erklingt: Bricht beispielsweise der kolossale Tank durch die nächste Wand, ertönt (wenig überraschend) „Tank!“, das mit seinen wuchtigen Percussions von mülleimergroßen Watschen kündet.

„Asphyxiation“ oder „Tongue Tied“ wird vielen in Erinnerung geblieben sein, da wir sie dann hören, wenn wir machtlos unserem Charakter dabei zusehen, wie er wahlweise stranguliert oder zerfleischt wurde und uns nichts anderes blieb, als unsere Teamkameraden um Hilfe anzubrüllen. Und die Ankunft der Horde in „Final Nail“ oder unsere letzten Atemzüge bei „I am so Cold“ dürfte den meisten ebenso noch im Ohr klingen.

Absoluter Evergreen und Schrecksekunde für jeden Spieler stellt derweil das nächste Stück dar, das erklang, sobald wir dem Wehklagen und Wimmern eines kleinen Mädchens gefolgt sind. Das kauerte in sein weißes Kleid gehüllt, weinend und von einem ominösen Spotlight erhellt, immer an unterschiedlichen Spawnpunkten auf der Karte. Kam man ihm zu nahe, setzte „Psycho Witch“ ein: Das Klavier beginnt in bester Hitchcock-Art, in die Dissonanzen zu hämmern, begleitet von einem Frauenchor und einem Pfeifen, das mir jetzt beim erneuten Hören schon wieder PTSD verpasst. Als stinkwütende Ein-Frau-Armee konnte eine Witch so eine Runde fast im Alleingang beenden. Die Musik verhieß also meistens: Jetzt gilts!

Leider war’s das dann schon mit dem OST, der sich mit seinen 18 Tracks in knapp 15 Minuten durchhören lässt. Für mich als nostalgieverklärten Zocker, der diverse unterhaltsame Stunden mit Left 4 Dead verbracht hat, war das Reinhören ein schöner Blast from the Past. Die Melodien sind gut gemacht, die Instrumentalisierung passend und die Mischung aus Angst-Atmo vs. Panik-Action funktioniert. Einzig beim Umfang, sowohl des Scores, als auch der einzelnen Tracks, kann ich meckern – aber gut, es sind über weite Strecken eben horrorspieltypisch Stinger und entsprechend kurz gehalten. Fans werden sich zurückentsinnen und Neulinge beim Durchhören vielleicht etwas nachvollziehen können, warum und wie Left 4 Dead damals so vielen das Fürchten gelehrt hat.


Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

Nr.TitelInterpret(en)Bewertung
01AsphyxiationMike Morasky44/5
02Blood HarvestMike Morasky33/5
03Blood HarvestorMike Morasky33/5
04Dead AirMike Morasky33/5
05Death TollMike Morasky33/5
06Death Toll CollectorMike Morasky33/5
07ExenterationMike Morasky44/5
08Final NailMike Morasky33/5
09I am so ColdMike Morasky33/5
10No MercyMike Morasky33/5
11No Mercy for YouMike Morasky33/5
12Psycho WitchMike Morasky33/5
13Skin on Our TeethMike Morasky44/5
14Tank!Mike Morasky44/5
15The Monsters WithinMike Morasky33/5
16Tongue TiedMike Morasky33/5
17Witch RoastMike Morasky33/5
18Left for DeathMike Morasky44/5

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