Grand Theft Auto: Vice City

  • Infos
  • Original Soundtrack

Erscheinungsdatum: 2002

Art: Original Soundtrack (OST)

Komponist(en): Various Artists

Trackzahl: 149

Wertung

Ganz Tolle Atmosphäre

GTA – muss man noch mehr sagen? Rockstars spielgewordenes Open-World-Gangsterepos, das Jugendschützer schneller auf die Barrikaden bringt als das Tempolimit einen Porschebesitzer. Angefangen als popelige Top-Down-Ballerbude entwickelte sich die Serie über die Jahre zu einer 3D-Ballerbude mit unsagbar viel Umsatz, die auf herrlich zynische Art das Amerika der jeweiligen Zeit persifliert und ihm den Spiegel vorhält. Im Fall von Vice City ist das eine überzeichnete Version der Floridametropole Miami an der Ostküste der USA. Wenn der Mann im weißen Anzug und das ‚Vice‘ im Namen nicht Hinweis genug sind, gibt es im Spiel darüber hinaus zahlreiche Anspielungen auf die Serie Miami Vice. Tatsächlich hat es sogar einer der Tracks (Crocketts Theme von Jan Hammer) aus der Serie ins Spiel geschafft.

Zur Story muss ich nicht viel erzählen, denn das Prinzip der GTA-Spiele folgt dem guten alten American Dream: ‚From rags to riches‘, vom Niemand zum Big Boss. In Vice City spielen wir Tommy Vercetti, Italiano-Gangster aus Liberty City (GTAs Version von New York), der aufgrund eines geplatzten Deals schnell Geld auftreiben muss und sich im Verlaufe des Spiels zum Kingpin der Strandmetropole mausert. Mit dabei: zahlreiche popkulturelle Anspielungen auf Filme, Serien und Unternehmen. Um die für damalige Verhältnisse riesige Spielwelt zu durchqueren, können wir dem Namen der Reihe entsprechend Autos entwenden. Das spart nicht nur Zeit, sondern lässt uns vollständig in dieser Version des 80er-Jahre Miamis versinken. Grund: der Soundtrack.

Der Soundtrack der GTA-Spiele, besonders von Vice City und dessen Nachfolger San Andreas, ist legendär, bietet er mit seinen unterschiedlichen Radiosendern doch einen Querschnitt durch die Musik der jeweiligen Jahrzehnte. Damit die Mischung funktioniert, haben die Entwickler – sofern ich mich recht entsinne – dabei auf die Hilfe von realen Radiohost und DJs zurückgegriffen, wie Lazlow Jones, der den völlig überdrehten Host des Radio-Senders V-Rock mimt. Anders als beim Vorgänger GTA III laufen beim Vice City-Soundtrack zahlreiche bekannte Lieder von Interpreten wie Michael Jackson, Black Sabbath und Toto, die durch mein junges Alter einen nicht geringen Einfluss auf meine musikalische Bildung genommen haben. Insgesamt 7 unterschiedliche Radiostationen plus zwei Talk-Sender mit über 100 Tracks lassen den Spirit der 80er aufflammen und unterscheiden sich dabei angenehm. Latin vs. Pop, Funk vs. Hip-Hop, Rock vs. Schmusemucke, garniert mit bescheuert abgedrehten Hosts und Werbespots wie ‚Salivex‘, der Fremdspucke für den ausgetrockneten Mundraum.

Stellt man das Radio hingegen aus, fällt schnell auf, wie viel die Musik zur Atmosphäre beiträgt und wie nervig monotone Motorengeräusche sein können. Als Konsequenz lief bei meinem Spieldurchläufen immer ein Radiosender, und es war meistens Wave 103, der Pop-Sender mit Tracks wie Kids in America von Kim Wilde, Atomic von Blondie und sogar der deutsche Track 99 Luftballons von Nena. Aber Vice City hatte noch ein weiteres Feature in Form eines eigenen Radiosenders, in den man seine eigenen mp3s einspeisen konnte, um sie dann im Spiel zu hören. In Ermangelung einer eigenen Musiksammlung fühlten mein Bruder und ich uns also herausgefordert, einen eigenen Sender zu bauen: Phenomenon FM, mit ihm als Host und mir als quirlig piepsigem Außenreporter, der live von vielen Orten aus der Spielwelt berichtete, wo scheinbar immer demonstriert wurde. Zugegeben, unser Konzept war ausbaufähig, weshalb ich im San Andreas dann statt Eigenkreationen meine ersten Alben hochlud und ich bis heute bestimmte Songs mit Momenten aus diesem Spiel verbinde. Ähnliches gilt für die Tracks aus Vice City, wie Billie Jean oder Africa, die mich an die Fahrten entlang des Vice City-Strands bringen.

Anders als bei anderen Reviews fällt es mir entsprechend schwer, einzelne Tracks zu bepunkten oder gesondert zu besprechen, weil wir keine narrative Gewichtung haben. Stattdessen werde ich nun die einzelnen Radiostationen bewerten. Das Schöne: Auch wenn man das Spiel nicht gespielt hat, kann man sich wunderbar die einzelnen Radiosender anhören, um ein Gefühl für die damalige Zeit und ein für mich Best of der 80er zu bekommen. Darum hier in aller Kürze meine Abhandlung über die Musikstationen. Anmerkung: Ich lasse die Werbespots sowie DJ-An- und Abmoderationen aus – sind zwar lustig, aber nichts, was man sich immer und immer wieder anhört. Aus diesem Grund verschiebt sich die Track-Nummerierung.

  • V-Rock: Da ich durch meinen Vater früh mit Bands wie Led Zepplin oder auch den Rolling Stones vertraut gemacht worden war, sprachen mich hier viele Tracks an, obwohl es teils mehr in Richtung Metal geht. Mit Songs wie Too Young to Fall in Love (Mötley Crüe), I Wanna Rock (Twisted Sister) oder Ozzy Osbournes Bark at the Moon hatte ich sehr viel Spaß, auch wenn mir das Geschredder abseits der entsprechenden Missionen immer etwas zu ‚hart‘ war. Metalheads werden jetzt ungläubig ihren Head bangen, aber ich bin ein Freund der sanfteren Töne – nicht immer, aber häufig …
  • Wave 103: … wie z. B. bei Wave 103: I Ran (so Far Away) (A Flock of Seagulls), Obsession (Animotion) oder Self Control (Laura Branigan). Das war für mich Musik – und ist es heute noch!
  • Emotion 98.3: Der Name sagt es schon: Es wird gefühlsvoll. Eine verregnete Straße, ein Blick in den Spiegel, der einsame Tanz und dazu Missing You (John Waite), Broken Wing (Mr. Mister) oder Keep on Loving You (REO Speedwagon); fertig ist die kitschige Herzschmerz-Montage deines Lieblings-Schnulzenfilms. Als verkappter Romantiker stehe ich voll drauf, die V-Rock-Jünger wollen mich jetzt vermutlich verprügeln, oder sind gar nicht so harte Kerle und intonieren mit mir zusammen Africa von Toto. Ich tippe auf Letzteres. Weil ist geil.
  • Flash FM: Klar, Pop geht immer. Heißt ja nicht umsonst ‚popular music‘. Deshalb habe ich bei meinen Fahrten auch gerne bei Hostess Toni eingeschaltet und Perlen wie Run to You (Bryan Adams), Out of Touch (Hall & Oates) und Hold the Line (Toto) trotz mangelnder Englischkenntnisse und Gesangstalent mitgesungen. Zum Glück war unser Spielzimmer damals klischeemäßig im Keller verortet. Gestört hat’s mich nicht, schließlich hätte ich den 16er-Titel sonst nicht spielen können.
  • Wildstyle: Absolut nicht mein Geschmack, weder damals noch heute. Wobei die Tracks beim erneuten Anhören auch nicht gut gealtert scheinen. Alles ist ‚cool‘, ‚Ganster‘ und mit funky Scratching unterlegt. Wie der Fachmann sagen würde: „Too white for this!“
  • Fever-105: Als ich Vice City gespielt habe, habe ich Fever meistens geskippt, weil mich das Funkige nicht so angemacht hat wie die Tracks der anderen Stationen. Schlecht waren sie deshalb nicht, und ein paar der Tracks sind durchaus hörbar… für mich zumindest.
  • Radio Espantoso: Ich mag Latin Jazz, z. B. wenn ich einer Cocktailbar sitze oder beim Frühstück ein wenig Buena Vista Social Club höre. In GTA hat es mich nie so wirklich angesprochen, weil’s wie bei Fever 105 zu starkes Kontrastprogramm gab, als dass ich mir Songs wie Mama Papa Tu (Mongo Santamaría) oder Mambo Mucho Mambo (Machito & His Afro Cuban Orchestra) anhören würde. Lo siento!

Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

  • V-Rock
  • Wave 103
  • Emotion 98.3
  • Flash FM
  • Wildstyle
  • Fever 105
  • Radio Espantoso

Rock / Metal

Pop / Disco

Power Ballads

Pop / Rock

Hip-Hop / Electro

Soul / Disco / R&B

Latin Jazz

One Comment

  • Muhster of the Schafiverse

    Ich muss sagen, Phenomenon FM war schon ein großartiger Sender. Ich würde ihnen aufgrund ihrer großen Musikliebe und Begabung als Schreiber ein Auslandsjahr an einer Radiostation empfehlen.

    Ansonsten sei noch gesagt: Ein schöner Artikel. Muhs man wirklich sagen

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