Far Cry 2
Schrille Savanne
Stattdessen sind wir ein random Söldner, der den Auftrag hat, einen Waffenhändler mit dem Pseudonym ‚der Schakal‘ zu töten. Klingt zwar ähnlich, fühlte sich mangels guten Story-Gerüsts aber komplett anders an. Tatsächlich (und untypischerweise) hatte ich das Spiel zu jener Zeit auch deshalb nicht durchgespielt, weil mir das Abfahren der Aufträge und die hardwarehungrige Technik gepaart mit dem repetitiven Gameplay (Waffenverschleiß, Medikamentenmanagement etc.) schon damals den Spielspaß verhagelt hat. Das sollte zwar alles mit Far Cry 3 viel, viel besser werden, allerdings lag selbiges zu dem Zeitpunkt noch als Tourist am Inselstrand.
Genreuntypisch zeichnet sich der Original Soundtrack zu Far Cry 2 derweil durch seinen ‚gesetzteren‘ Charakter aus. Gerade im direkten Vergleich zum Actionansatzes des ersten Far Cry, wirkt die Arbeit von Marc Canham (bekannt durch die Driver– und Infamous-Reihe) stellenweise beinahe entspannend. Die 22 Stücke sind jedoch nicht pure Beruhigung, sondern eine clevere Übersetzung der Musik des schwarzen Kontinents ins Videospielgenre, was in der Form vorher Strategiespielen wie den Civilization-Games oblag.
Generell lässt sich der Score wohl in zwei Lager aufteilen: die zu erwartenden Actiontracks, die uns wortwörtlich Feuer unterm Hintern machen, sowie die ruhigeren Stücke. Da gerade die Ballerorgien mich mit ihren schrillen Streichern (Let It Burn) stellenweise an BioShock Infinite erinnern, läge der Verdacht nahe, dass wir auch bei Far Cry 2 zwei Arten von Musiken hören, die sich diametral gegenüberstehen – dies ist aber nicht der Fall. Eher wirkt es, als hätte Canham das Korsett afrikanischer Klänge genommen und erfolgreich über das westliche Shooter-Genre geworfen. In einem Artikel auf der Seite music4games von 2008 beschreibt der Komponist seine Arbeit wie folgt:
Ich würde sagen, der Schlüssel zu diesem Soundtrack war der Rhythmus. Die intensive Recherche echter afrikanischer Rhythmen und deren Einbau in meine Komposition haben diesem Soundtrack eine einzigartige Note verliehen. Wir haben jedoch zu keinem Zeitpunkt versucht, authentische afrikanische Musik zu machen, sondern diese Einflüsse irgendwie in meine Welt des Hörens einzubauen. Das hört man am deutlichsten in der Action-Musik des Spiels mit allen möglichen Cross- und Poly-Rhythmen, aber kleine rhythmische Motive tauchen auch in den eher erzählenden Momenten des Soundtracks auf.
Ein Mittel dafür war der Einsatz authentischer afrikanischer Instrumente wie Djembés (Trommeln), Udus (Schlagtöpfe) und Kalimbas (Zupfidiophone, google it), die den Spielern eine ungewohnte Klangkulisse präsentierten. Auch der Gesang des senegalesischen Sängers Baaba Maal in Tracks wie dem Main Theme Far Cry 2, You Carry What You Must und Speak to the Dead, gepaart mit dem Einsatz der Streicher, tut sein Übriges. Besonders die Kombination der beiden lässt Stücke wie das gerade erwähnte Speak to the Dead und Spirits wie aus Requiem for a Dream entlaufen wirken – unerwartet, aber nicht unwillkommen. Für Canham stellte dagegen ein anderer Punkt die größte Herausforderung dar:
Der schwierigste Aspekt des Soundtracks war zweifellos die Komposition von Action-Musik, mit der sich der Spieler anfreunden kann und die mit einem so kleinen Ensemble von Live-Spielern eingespielt wurde – in einer Zeit, in der Filme und Spiele oft auf große Orchester oder ultrakomprimierte, beat- oder gitarrengetriebene Musik angewiesen sind, um Power zu liefern, hatten wir sechs Streicher – und genau so sollte es auch klingen – roh und organisch. Ich schätze Soundtracks, die nicht der Norm entsprechen, und auch wenn sich Marketingabteilungen und weniger kreative Leute bei dem Gedanken, etwas anderes zu machen, in die Hose scheißen, ist das die einzige Möglichkeit, eine Kunstform voranzubringen.
Passend dazu gibt es noch weitere Ausreißer wie Into the Illness, das zur Untermalung des Malaria-Wahns unseres Protagonisten fast schon sphärisch daherkommt sowie Ghost in the Drug, dessen Streicher Erinnerungen an Plague Tale wachwerden lassen.
Alles in allem eine durchaus hörenswerte Adaption afrikanischer Aspekte, die eine interessante Mischung aus Action und Atmo erzeugen, zu keinem Zeitpunkt jedoch den Anspruch erheben, authentisch zu sein. Eben ein bisschen so wie das eigentliche Spiel. Ich persönlich hätte mir vermutlich mehr ‚klassische‘ Actionkost erhofft, die sich besser in meine Sammlung eingliedert, muss allerdings die mutige, gestalterische Entscheidung anerkennen.
Nostalgiewarnung
Nr. | Titel | Interpret(en) | Bewertung |
---|---|---|---|
01 | Far Cry 2 | Marc Canham | |
02 | The Eyes Move Out | Marc Canham | |
03 | You Carry What You Must | Marc Canham | |
04 | Into the Illness | Marc Canham | |
05 | Let It Burn | Marc Canham | |
06 | Unleashed | Marc Canham | |
07 | Larium Dreams | Marc Canham | |
08 | Speak to the Dead | Marc Canham | |
09 | Dark River | Marc Canham | |
10 | Northern Warlord | Marc Canham | |
11 | First Morning | Marc Canham | |
12 | Eighteen Bullets | Marc Canham | |
13 | There Is Only War | Marc Canham | |
14 | Change Your Battles | Marc Canham | |
15 | The Edge of the Village | Marc Canham | |
16 | Spirits | Marc Canham | |
17 | Rage Implosion | Marc Canham | |
18 | Ghost in the Drug | Marc Canham | |
19 | The Fuse | Marc Canham | |
20 | Road from Africa | Marc Canham | |
21 | To Those Who Kill | Marc Canham | |
22 | Sign of Relief | Marc Canham |