Enclave
Erscheinungsdatum: 2002
Art: Original Soundtrack (OST) / Gamerip
Komponist(en): Gustaf Grefberg
Trackzahl: 14 / 19
Geil generisch
Selten war ich mir bei einer Review so sicher, dass niemand das betreffende Spiel kennt, wie bei Enclave. Das Hack-and-Slash-Game erschien 2002 für die Xbox und war das zweite Spiel der Starbreeze Studios, die später die hervorragenden Riddick-Serie zum Zockertraum machen sollten. Vorher aber mussten sie sich ihre Brötchen mit eigenen IPs verdienen, und Enclave war eine davon. Ich habe damals durch Zufall (vermutlich wieder ‚mal als Vollversion) den 2003 erschienen PC-Port in die Hände bekommen und natürlich durchgespielt, weil man hatte ja sonst nichts.
Die Story war relativ simpel, irgendein superböser Dämon will die Welt unterjochen und irgendein Magier hat ihn aufgehalten. Jetzt ist der Dämon wieder da und wir müssen ihn erneut in seine Schranken weisen. Was bei Der Herr der Ringe ein paar Minuten Screentime kostet, wurde hier auf 25 Stunden aufgebläht. Und weil es sich im Gegensatz zu den beliebten Der Herr der Ringe-Lizenspielen um ein eigenständiges Universum handelt, das mit Begriffen wie Dreg’Atar und Vatar in der Welt von Celenheim um sich wirft, ist die Story nach wie vor unbedeutend.
Dagegen war das Gameplay trotz Hakelsteuerung recht solide. In Slasher-Manier knüppeln wir Gegner nieder, achten auf unsere Health und sammeln Gold ein. Das investieren wir, um neue Klassen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, wie Ritter, Jäger, Druide oder Halbling, freizuschalten oder upzugraden. Hat mir damals viel Spaß gemacht, auch weil man mit den neuen Helden bereits absolvierte Maps nochmal spielen konnten. Die variantenreichen Klassen und die Option, die Kampagne wahlweise auch auf der bösen Seite zu zocken, haben dem Ganzen sogar einen recht hohen Wiederspielwert gegeben – zumindest damals.
Heute würde ich das Spiel vermutlich nicht einmal mehr mit der Kneifzange anfassen. Jahre in Köln und diverse Karnevalsabende haben mich gelehrt, dass man manche ollen Kamellen am besten nicht mehr aus den konfetti- und biergefluteten Gassen aufheben und anknabbern sollte. Selbst dann nicht, wenn man selber in besagter Gasse liegt und von der freundlichen Kehrmaschine nach Hause rotiert wird. Haben wir es hier also wieder mit einer dieser Lückenfüller-Reviews zu tun? Einer dieser Spaßrezensionen, in denen ich mich entweder auf den geringen Umfang oder die mangelnde Qualität einrante? Kurze Antwort: nein! Denn der Soundtrack zu Enclave überrascht gleich doppelt, insofern als dass er a) meine musikalisch ästhetischen Vorlieben perfekt bedient und b) einen besseren Gamerip anstelle des OST hat. Beide Punkte muss ich wohl erklären, deshalb also direkt hinein in die Music-Review!
Komponist Gustaf Grefberg, in Östersund geboren und somit in unumstößlich schwedischer Manier eine herrliche optische Gradwanderung zwischen nerdigem Wikinger und Darsteller in einem Mittelalter-Reenactment, macht für mich einen sehr guten Job. Der Mann mit dem Synonym Lizardking, der später die durchweg solide Musik für die Riddick-Abenteuer, die Wolfenstein-Reihe und Games wie The Darkness und Brothers: A Tale of Two Sons schreiben sollte, liefert bei seinem Erstlingswerk äußerst annehmbar ab. Wäre man fies, könnte man ihm natürlich zurecht vorwerfen, dass der Soundtrack Leitmotiv und Themen vermissen lasse. Aber bedenkt man das oben angerissenen Spielkonzept mit wechselnden Protagonisten und, gemein formuliert, das Fehlen einer Story, zieht der Mann den orchestralen Karren aus der popkulturellen Versenkung.
Dabei ist die Musik konzeptionell recht simpel gestrickt: Pro spielbarer Karte gibt es einen Track in zwei Varianten, eine für die gute Kampagne, und eine für die böse. Nun bedarf es keiner hellseherischen Fähigkeiten, um zu prophezeien, welche ich als bekennender Brachialofetischist bevorzuge. Aber mal ehrlich, ist böse nicht so gut wie immer geiler – zumindest in Games? Wer erinnert sich anstelle der geilen Kampfmusik noch an die Elfenmusik aus Overlord? Wer erinnert sich überhaupt an Overlord? Blödes Beispiel. Egal, ihr wisst, was ich meine. Oder nicht, mir egal.
Fakt für mich ist, und die Gleichung verteidige ich gerne vor Gericht: Wenn die Mucke ballert, wird sie dadurch besser. Womit ich nicht sagen möchte, dass es nicht auch ruhige Lieder gibt, die gut sind – an dieser Stelle gerne einmal in meine Top 15 der traurigsten Tracks reinhören. Und es gibt umgekehrt knallige Songs, die Mist sein können … Egal – was ich sagen will ist: Hier geht die Rechnung auf und mir persönlich gefallen die actionreicheren Varianten durchweg besser.
Insgesamt weist der OST 14 Tracks auf, der Gamerip sogar 19. An dieser Stelle schieben ich kurz die oben angeteaste Überraschung b) ein, nämlich, dass letzterer trotz höherer Trackzahl bei mir besser wegkommt als der ‚Directors Cut‘. Denn wundersamer Weise überschneiden sich beide Alben nicht vollständig, wie das normalerweise üblich wäre, in dem der OST nur ausgewählte Titel featured, während der Gamrerip einen Rundumschlag darstellt. Stattdessen enthalten beide Titel, die beim jeweils anderen fehlen. Und weil manche der knalligen Actiontracks des Gamerips ihren Weg nicht ins originale Album gefunden haben, kommt das halt auch schlechter bei mir weg.
So finden wir im OST anstelle der sehr guten instrumentalen Version des Intros die Einstiegs-Cinematic Prologue – A Beginning, in welcher eine Erzählerin die Exposition über die gute Mucke brabbelt. Oder ganz merkwürdige Kreationen wie die Goblin Parade, wo – ähnlich wie bei Overlord (da haben wir es wieder) – auf bemüht humorige Art die dummdödeligen Schergen das Musizieren übernehmen. Das hätte es nicht gebraucht, denn die eigentliche Musik kann alleine stehend viel eher überzeugen.
Kommen wir also zur durchwachsenen Überschneidungsmasse beider Alben. Die beseht aus sechs Tracks von variierender Qualität. The Beat of a Warrior’s Heart kann man hier exemplarisch für den Stil des Soundtracks nehmen. Die trommelfokussierte Instrumentation, begleitet von Bläsern und weiblichen Vocals, erzeugt in polkahafter Weise ein Vor und Zurück, bevor die Streicher mit dem wiederkehrenden Hauptthema den Fantasy-Ursprung der Komposition unterstreichen. Besser gelingt dies in For the Queen, wo selbige im Vordergrund stehen und in teils triumphaler, teils trotziger Haltung das Main Theme der Spiels transponieren. Das ergibt das Klangbild einer düsteren Mischung aus Fluch der Karibik und Diablo, wirkt aber angenehm eigenständig, wenn auch repetitiv.
Das liegt zum Teil an der symptomatischen Länge der Tracks von durchschnittlich 5 Minuten, da diese auf ihren zugehörigen Maps in Dauerschleife geloopt werden. Das sorgt zwar dafür, dass innerhalb der eigentlich Titel versucht wird, Varianz zu schaffen. Diese ereignet sich aber meist nur durch wechselnde Instrumentalisierung, wodurch keine wirkliche Weiterentwicklung des Themas erreicht wird – und das nervt teils.
Weitere der sechs Titel, die sich auf beiden Alben finden lassen, sind Celenheim, wobei es sich um ein gekürzte Instrumental des Intros handelt, das gewollt überdramatische The Dreg’atar Horde, das zu sehr nach Cutscene-Mucke klingt, sowie Battle Anthem (The Invasion Begins) bzw. The Legions of Stormdaal, wie es im Gamerip heißt. Letztgenanntes stellt hierbei einen der Höhepunkte des Scores dar, weil es dieses Fantasy-Feeling durch den marschähnlichen Rhythmus hervorbringt, sich später aber gleichsam zurücknimmt und mit stolzen Fanfaren epische Bilder erzeugt, die das eigentliche Spiel gar nicht hergibt. Jetzt könnte man Gustaf Grefberg aus audio-visueller Sicht einen gewissen Diskrepanz vorwerfen, aber erstens kennt eh niemand das Spiel, und zweites ist zu episch doch immer besser als zu langweilig, oder? Geht zumindest mir so, weshalb dieser Track auch im Fünf-Sterne-Bereich landet.
Gemeinsam mit dem letzten Titel, der sich in beiden Alben wiederfindet und von mir ursprünglich als Epilogue betitelt wurde. For the Queen! [Teetow’s Mix] ist genau das, ein Remix. Und er erweitert das Main Theme mit dem Einsatz des Klaviers um eine weitere Komponente, klingt durch den Beat wuchtiger, schneller. Das Ganze erinnert mich ein wenig an den Matrix und irgendwie finde ich es geil. Deshalb ist dieser Track sogar auf meiner Top 100-Liste gelandet, bei einem Spiel, das wirklich niemand auf dem Zettel hat.
Ich könnte jetzt noch en detail weiter durch die Trackliste gehen und die beiden Scores vergleichen, aber eigentlich habe ich schon viel zu viel gesagt. Es gibt gute Tracks, es gibt schlechte. Eine Review, die ich zu dem Spiel gelesen habe, nennt es mittelmäßig und die Musik generisch. Und das stimmt. Das eigentliche Game macht ein paar Sachen richtig, ein paar Dinge falsch, und ähnlich verhält es sich auch beim Soundtrack. Hier bekommt man keine Meisterklasse à la Jeremy Soule oder Inon Zur. Aber man muss keine Champions League gucken, um mit Fußball seinen Spaß zu haben. Manchmal macht es genauso viel Spaß (wenn nicht mehr) sich den Lokalverein anzugucken. Weil dumme Fehler passieren, weil sich nicht immer an die Regeln gehalten wird. Spaß macht, was Spaß macht. Das tut Enclave – zumindest musikalisch. Und zumindest mir.
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.
Enclave
Nr. | Titel | Interpret(en) | Bewertung |
---|---|---|---|
01 | Prologue - A Beginning | Gustaf Grefberg | |
02 | Enclave | Gustaf Grefberg | |
03 | The Beat of a Warrior's Heart | Gustaf Grefberg | |
04 | Battle Anthem (The Invasion Begins) | Gustaf Grefberg | |
05 | Celenheim | Gustaf Grefberg | |
06 | The Divided City | Gustaf Grefberg | |
07 | For the Queen! | Gustaf Grefberg | |
08 | In the Name of Peace (Kam-Zara in Ruins) | Gustaf Grefberg | |
09 | Mordessa | Gustaf Grefberg | |
10 | The Dreg'atar Horde | Gustaf Grefberg | |
11 | Vatar - Lord of Darkness | Gustaf Grefberg | |
12 | The Battle of Celenheim | Gustaf Grefberg | |
13 | Goblin Parade | Gustaf Grefberg | |
14 | For the Queen! [Teetow's Mix} | Gustaf Grefberg |
Enclave [Gamerip]
Nr. | Titel | Interpret(en) | Bewertung |
---|---|---|---|
01 | Enlcave 1 | Gustaf Grefberg | |
02 | The Legions of Stormdaal (Battle Anthem (The Invasion Begins)(Light) | Gustaf Grefberg | |
03 | The Legions of Stormdaal (Battle Anthem (The Invasion Begins)(Dark) | Gustaf Grefberg | |
04 | For the Queen! (Light) | Gustaf Grefberg | |
05 | For the Queen! (Dark) | Gustaf Grefberg | |
06 | Outland Wastes (Light) | Gustaf Grefberg | |
07 | Outland Wastes (Dark) | Gustaf Grefberg | |
08 | Divided City (Light) | Gustaf Grefberg | |
09 | Divided City (Dark) | Gustaf Grefberg | |
10 | The Beat of a Warrior's Heart (IIellon Outpost (Light)) | Gustaf Grefberg | |
11 | IIellon Outpost (Dark) | Gustaf Grefberg | |
12 | For the Queen! [Teetow's Mix]* | Gustaf Grefberg | |
13 | The Dreg'atar Horde (Light) | Gustaf Grefberg | |
14 | The Dreg'atar Horde (Dark) | Gustaf Grefberg | |
15 | Enlcave 2 | Gustaf Grefberg | |
16 | Enlcave 3 | Gustaf Grefberg | |
17 | Celenheim* | Gustaf Grefberg | |
18 | Enlcave 4 | Gustaf Grefberg | |
19 | Prologue - A Beginning [No Voice Over] | Gustaf Grefberg |
*Track im Original Soundtrack enthalten