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Command & Conquer: Tiberian Sun

Erscheinungsdatum: 1999
Art: Original Soundtrack (OST)
Komponist(en): Frank Klepacki; Jarrid Mendelson
Trackzahl: 21


Sonnenaufgang

Hier gehts zur Music-Review von
Feuersturm (2000).

Falls irgendjemand der stummen Hoffnung erlegen war, dass sich mit Tiberian Sun, dem dritten Ableger der Command & Conquer-Serie (bzw. zweiten Teil der Tiberium-Reihe) irgendetwas ändert, dürfte beim Release 1999 enttäuscht worden sein. Die Frage ist: Gab es so jemanden? Denn das, was uns die Vorgänger beschert hatten, waren spannende Echtzeitgefechte mit hübscher Grafik, legendäre Einheitensprüchen, eine abgedrehte Einzelspielerkampagne mit Trash-Videos und unzählige Stunden Spielspaß.

Dieses Mal darf ich derweil tatsächlich von ‚uns‘ sprechen, denn auch wenn ich mit annähernd zweistelligem Alter für diesen 16er-Titel viel zu jung war, konnte ich das Spiel erst bei meinem Cousin, unserem Nachbarn und später sogar am heimischen Computer erleben – natürlich ohne das Wissen der Eltern. Mein konspirativer Bruder kam seiner Aufsichtspflicht trotzdem nach, indem er mir in der Introsequenz der Nod-Kampagne die Augen zuhielt, als die Kamera über die qualmenden Überreste eines toten Soldaten mit halb gesprengtem Helm schwenkte. Dabei war das Spiel in Deutschland geschnitten und alle Einheiten eigentlich Cyborgs … Logikfehler!

Wie mit den meisten Titeln aus jenen Tagen werdet ihr mich also kein schlechtes Wort über mein erstes C&C verlieren hören. Klar, die Kämpfe waren für mich teils zu schwer, kleinere Bedienungsmängel nervten schon damals und die geschönten Screenshots auf der Verpackungsrückseite fielen selbst mir negativ auf. Aber verglichen mit objektiven Gurken wie Star Trek: New Worlds war Tiberian Sun eine Offenbarung. Somit wird dieses Spiel auf ewig in meiner geistigen Hall of Fame gastieren, was nicht zuletzt auch an seinem ikonischen Soundtrack liegt.

Wie schon bei den beiden Vorgängern war auch hier wieder Frank Klepacki am Werk, dieses Mal allerdings unterstützt von Jarrid Mendelson. Dieser sollte in Zusammenarbeit mit Klepacki den 16 Tracks des OSTs eine düstere, bedrückendere Endzeitstimmung verpassen. Diese Stilentscheidung steht im direkten Kontrast zum peppigen Industrial-Stil der beiden vorherigen C&Cs, was mich als Einsteiger erstmal nicht kümmerte. Dennoch war der Score auch für mich eine Zäsur, hörte ich doch Musik, die im krassen Kontrast zu meinen bisherigen Erfahrungen stand.

Auf die Gefahr hin alt zu wirken folgt nun ein viel genutzter Boomer-Spruch: ‚Das können sich die Kids von heute gar nicht mehr vorstellen!‘. Aber Musik war damals nicht wirklich etwas, wonach man aktiv suchte. Entweder sie kam von Freunden, wurde von den Eltern und deren Musik- und Radiosenderwahl bestimmt oder tauchte im Fernsehen oder Spiel auf. Klar konnte man CDs auch kaufen, aber wer hatte als Kind schon Geld dafür? Mein Musikgeschmack war folglich eher ein Nebenprodukt. Und zwischen Led Zeppelin und Tina Turner stand Elektro bisher so gar nicht auf der Speisekarte.

Doch plötzlich kommt dieses Spiel um die Ecke, das nicht nur alterstechnisch verboten und folglich sowieso reizvoll war, sondern diesen ominös dunklen Score abfeuerte, der mir beim heimlichen Zocken das Adrenalin durch den Körper ballerte. Nehmen wir beispielsweise „Valves“. Es ist nicht das beste Stück des Albums, vermittelt die Intention der Komponisten indes hervorragend. Dunkles Wummern, das – der Name verrät es bereits – den Antrieb einer riesigen Maschine beschreibt. Darauf folgen Synthies, ergänzt um einen treibenden E-Bass, Schlagzeug und dominiert von einem simplen Thema, das immer wieder aus der Uniformität ausbricht.

Dem CnC-Wiki zufolge sagte Klepacki in einem Interview, dass er den Score im Sinne der beiden vorherigen Teile konzipieren wollte, die Entwickler bei Westwood ihn dagegen in die oben beschriebene Richtung drängten:

Ich wollte mich nicht zu weit vom originalen C&C-Soundtrack entfernen, aber er sollte eher futuristisch und atmosphärisch sein. Von da an habe ich versucht, die Stimmung einzufangen, die die Designer für jede Mission wollten[: sehr dunkel, stimmungsvoll und überhaupt nicht optimistisch]. Ich habe sogar noch einen anderen Komponisten für einige der Musikstücke im Spiel hinzugezogen, Jarrid Mendelson, von dem ich wusste, dass er meinen Stil für dieses Musikgenre ergänzen würde. Außerdem wird man feststellen, dass ich die GDI- und NOD-Signaturthemen für die Filmsequenzen weiterentwickelt habe.

Komponist Frank Klepacki

Dieses Ziel wurde erreicht. Der Score zu Tiberian Sun baut eine ähnliche Endzeitatmosphäre wie beispielsweise Earth 2150 oder Fallout auf, in Stücken wie „Gloom“ könnte man sogar fast schon von Horror sprechen. Doch Klepacki und Mendelson brechen die Spannung immer wieder auf und treiben uns und unsere Einheiten in Stücken wie „Infrared“ oder „What Lurks“ über die Karte. Andere Tracks brechen mit der Akustik und streuen mal geigen- und bläserähnliche Sequenzen („Approach“) oder slappig funky E-Gitarre („Map Rap“) ein.

Das Experiment geht jedoch nicht immer auf: „Mutants“ hat einen starken Einstieg, verliert sich durch seine Repetition später. Bei „Lone Trooper“ ist es umgekehrt – schwacher Einstieg, gutes Finish. Auch die fünf zusätzlichen Tracks, die nicht Teil des OSTs sind und auf Klepackis eigener Homepage zur Verfügung gestellt wurden, sind eher gut statt sehr gut. Allen voran die Themes vom Haupt- und Optionsmenü, bei denen ich sofort nostalgisches Fingerzucken bekomme, dürften eher etwas für Fans sein. Cooles Detail hier: Die Kirchenglocken in „Red Sky [Rare]“ für echtes Friedhofsfeeling. Dieser kurzen Kritik anschließend möchte ich noch über Tiberian Sun Banger-Stücke sprechen. Ein paar davon wurden oben bereits genannt, nun zu den Fehlenden.

Allen voran steht mein absoluter Liebling „Pharotek“. Das beginnt einem Bootvorgang nicht unähnlich mit dem routinemäßigen Hochfahren der Systeme. Ein Pfeifen oder eine Art Stöhnen, jäh durchzogen von einem markanten Synthiehall – Elektro-Experten könnten hier sicherlich das passende Vokabular anwenden – und dann das Erklingen einer piepsigen Melodie. Das Lied bekommt durch das Zääääng-Geräusch den zum Namen passenden, orientalisch anmutenden Flair und wird, ergänzt durch den Beat, schnell, bleibt rhythmisch. Unvermittelt erklingen Marschgeräusche – ein Einfluss des „Hell March“ aus Alarmstufe Rot? Das Piepsen bricht aus der Uniformität, fliegt mal hierhin, mal dorthin. Der Marsch verschwindet, die Kakofonie baut sich wieder auf und während dies alles geschieht, wippen wir machtlos mit. Einfach geil.

Ähnliche Bewegungen lösen bei mir die anderen 5-Sterne-Tracks aus: Da ist das chillig relaxte „Scouting“, das in bester Old school Hip-Hop-Manier die Beats und Synthies verschmilzt. „Flurry“ ist dagegen No-Nonsense, hier dominiert Panik die Endzeit, ein wilder Kampf ums Überleben. Eher klassisches C&C-Feeling hält dann bei „Heroism“ und „Dusk Hour“ Einzug, das eine weit von oben auf das Geschehen blickend, das andere hingegen von ganz nah dran. Und „The Defense“ ist dann wieder ein wenig Elektro-Action als Zugabe.

Für mich stimmt hier alles: die Atmosphäre, diese Mischung aus düsterer Apokalypse und entschlossenem Handeln; die Elektroeinflüsse, die den Score gleichzeitig be- und entschleunigen; das Aufeinandertreffen von Bekanntem und Neuem. Und dazu war Tiberian Sun ein sehr gutes Spiel. Gerade den letzten Teil können ehrlicherweise nur Leute nachvollziehen, die es damals gezockt haben; beim Soundtrack ist das zum Glück anders. Da kann jeder mal reinhören!


Nostalgiewarnung

Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.

Nr.TitelInterpret(en)Bewertung
01TimebombFrank Klepacki44/5
02PharotekJarrid Mendelson55/5
03Lone TrooperJarrid Mendelson44/5
04ScoutingJarrid Mendelson55/5
05InfraredFrank Klepacki55/5
06FlurryFrank Klepacki; Jarrid Mendelson55/5
07MutantsFrank Klepacki; Jarrid Mendelson44/5
08GloomJarrid Mendelson44/5
09HeroismJarrid Mendelson55/5
10ApproachFrank Klepacki44/5
11Dusk HourFrank Klepacki; Jarrid Mendelson55/5
12The DefenseJarrid Mendelson55/5
13Mad RapFrank Klepacki55/5
14ValvesFrank Klepacki55/5
15What LurksFrank Klepacki44/5
16ScoreFrank Klepacki44/5
17Nod Crush [Rare]Frank Klepacki44/5
18Red Sky [Rare]Frank Klepacki44/5
19Options Menu [Rare]Frank Klepacki33/5
20Storm Coming [Rare]Frank Klepacki33/5
21Map Theme [Rare]Frank Klepacki33/5

Erscheinungsdatum: 2000
Art: Original Soundtrack (OST)
Komponist(en): Frank Klepacki
Trackzahl: 11

Feuersturm

Als es an der Zeit war, die Musik für die Feuersturm-Erweiterung zu komponieren, beschlossen Klepacki und der Produzent, dass die Musik peppiger sein und zum ursprünglichen Stil der Musik von Command & Conquer zurückkehren sollte.

So sagt es der dazugehörige Eintrag im CnC-Wiki. Wer sich daraus eine vollkommene Abkehr von dem im Hauptspiel Gehörten verspricht, wird jedoch kaum zufriedengestellt. Tatsächlich mangelt es den meisten der elf Tracks des Addons nicht an düsteren Tönen – trotz des Fehlens von Jarrid Mendelson. „Rain in the Night 2“, „Infiltration“, „Hacker“ oder „Elusive“ setzen die Tradition des Hauptspiels fort und präsentieren eine Mischung aus Beklemmung und Begeisterung.

Anomalien bilden hingegen Stücke wie „Slave to the System“, „Killing Machine“ oder „Initiate“, deren Stil wir eher in einem Alarmstufe Rot vermuten würden. Hier zeigt Klepacki sein gewohntes Hard-Rock-Repertoire, indem er ordentlich in die Klampfe haut und dies mit treibenden Beats kombiniert. Als Fan des Tiberian Sun-OSTs kann ich diese Diversifizierungsversuche zwar nachvollziehen, für mich erreicht die Musik der Erweiterung aber leider nicht die Qualität Hauptspiels. Umgekehrt ist es ja vielleicht eher etwas für Fans des ‚historischen‘ Ablegers.

Nr.TitelInterpret(en)Bewertung
01Options MenuFrank Klepacki33/5
02Map ScreenFrank Klepacki22/5
03Slave to the SystemFrank Klepacki44/5
04Rain in the Night 2Frank Klepacki33/5
05Link UpFrank Klepacki44/5
06Killing MachineFrank Klepacki44/5
07InfiltrationFrank Klepacki33/5
08HackerFrank Klepacki44/5
09ElusiveFrank Klepacki33/5
10Deploy MachinesFrank Klepacki33/5
11InitiateFrank Klepacki44/5

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