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Prototype 2

Erscheinungsjahr: 2012
Entwickler: Radical Entertainment
Genre: Action-Adventure
Spieldauer: 20 Stunden


Ein Versuch, der sich lohnt

Wenn in den Medien über gewalttätige Videospiele berichtet wird, geht es meist um Spiele wie Battlefield oder Call of Duty. Und diese enthalten natürlich Gewalt, da sie Kriege und bewaffnete Konflikte, sowohl reale als auch fiktive, thematisieren. Aber im Vergleich zum Prototype-Franchise könnte man sie als Kinderspiele bezeichnen – zumindest was die Brutalität und die Menge an virtuellem Blut angeht, die auf den Bildschirm spritzt. Schon in der ersten halben Stunde von Prototype 2 wird man mehr Blut gesehen haben als in diesen beiden Spielen zusammen. Aber was ist Prototype 2 eigentlich und was noch viel wichtiger ist: Was hat es mit dem vielen Blut auf sich?

Die Story

Zur Einordnung: Prototype 2 aus dem Jahr 2012, ist wie sein Vorgänger Prototype aus dem Jahr 2009 ein Ego-Action-Shooter ist, bei dem der Spieler im Gegensatz zum Vorgänger die Kontrolle über James Heller übernimmt, einen Marinesoldaten, der seine Frau und seine Tochter durch den sogenannten „Mercer-Virus“ verloren hat. Der Ursprung dieses Virus ist der Protagonist des ersten Teils, Alex Mercer, der unfreiwillig mit einer speziellen Form von Blutstamm infiziert wurde, was ihn in eine Art Übermensch mit erhöhter Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit verwandelte. Es verlieh ihm auch die Fähigkeit, seine Gestalt zu verändern, Teile seines Körpers in tödliche Waffen zu verwandeln und sich sogar als eine andere Person auszugeben. Während seines blutigen Rachefeldzuges gegen die Firma Gentek, die für seine Mutation verantwortlich war, vernichtete Mercer ganze Armeen von Soldaten, Monstern und was auch immer.

Währenddessen versank die Stadt im Chaos, da jeder, der mit dem Virus in Berührung kam, nicht in den Genuss der Supermutation kam, sondern sich stattdessen in einen hirnlosen Mutanten verwandelte, ähnlich wie in den Resident Evil-Spielen. In Prototype 2kehrt Heller, der glaubt, dass Mercer für den Tod seiner Familie verantwortlich ist, nach New York zurück, dem Schauplatz der beiden Spiele, und findet die Stadt in drei Bereiche aufgeteilt: Die grüne, die gelbe und die rote Zone. Die grüne Zone soll das sicherste oder am wenigsten infizierte Gebiet sein, während die rote Zone, die den Central Park umfasst, das Epizentrum des Virus darstellt.

Gleich zu Beginn des Spiels lockt Mercer Hellers Trupp in einen Hinterhalt und metzelt mit seinen Kräften fast die gesamte Einheit nieder. Heller ist der einzige Überlebende des Angriffs und versucht, Mercer zu töten, der sich als immun gegen Schüsse erweist. Anstatt ihn jedoch einfach zu erledigen, infiziert der Supermutant Heller mit dem Virus und verwandelt ihn ebenfalls in einen Mutanten mit den gleichen Kräften. Mercer erklärt dem trauernden Marine, dass Gentek den Virus geschaffen hat und gibt dem Unternehmen die Schuld an Hellers Verlust.

Das ist die Ausgangslage für unseren „Helden“, wenn wir Prototype 2 starten, aber um ehrlich zu sein, wird die Geschichte nicht komplizierter. Sie dient eher als Vehikel, um das Töten und Absorbieren von Offizieren und Wissenschaftlern zu rechtfertigen, um ihre Erinnerungen zu assimilieren und die Drahtzieher von Gentek zu finden. Während die Figur des Heller als Anti-Held charakterisiert wird, der nur auf Rache aus ist, bleiben die Nebenfiguren meist blass (ganz zu schweigen davon, dass es eigentlich nicht viele von ihnen gibt).

Neben der Oberflächlichkeit neigt die Geschichte auch zu Logiklücken. Die Idee, Informationen zu sammeln, indem man sie von bestimmten Charakteren „extrahiert“, ist zwar ein netter Kniff, aber exakt die gleiche Prämisse wie im Vorgänger. Auch die ersten Assassin’s-Creed-Spiele hatten ein sehr ähnliches Konzept der Geschichtenerzählung, aber sie haben es wesentlich besser gelöst. Aber gut, wir sind nicht wegen der Handlung in diesem Spiel, so viel ist sicher.

Das Gameplay

Der Mercer Virus lässt uns, wie bereits erwähnt, unsere Gestalt komplett verändern oder nur unsere Gliedmaßen in Waffen verwandeln. Wie schon im ersten Prototype gibt es sie in verschiedenen Formen, die wir im Laufe des Spiels freischalten. Sie sind alle ziemlich einzigartig, d.h. sie dienen unterschiedlichen Zwecken: So z.B. die Klauen, die sich schnell durch Mensch und Mutant schnetzeln, oder die Hammerfaust, mit der Heller sogar Panzer zerschmettern kann. Es gibt aber auch neue Mutationen, wie die ‚Bio-Bombe‘, eine Attacke, mit der Heller ein Individuum infiziert, das dann, wie der Name schon sagt, auf blutige Weise explodiert. Außerdem gibt es passive Fähigkeiten, mit denen Heller schneller rennen oder den Wirkungsbereich der Bio-Bombe vergrößern kann. Diese Fähigkeiten können entweder mit der Erfahrung, die Heller durch das Erledigen von Gegnern erhält, durch das Absolvieren von Minispielen oder durch das Aufnehmen bestimmter Wesen erworben und verbessert werden.

Heller kann auch normale Waffen und Gadgets benutzen, sie sind nur viel nutzloser als wandelbare Gliedmaßen.

Da wir auch unsere Gestaltwandlerfähigkeiten nutzen können, um uns als jemand anderes auszugeben, gibt es oft die Möglichkeit, einen heimlichen Ansatz zu wählen. Ich war schon immer ein großer Fan davon, unentdeckt durch die Level zu schleichen und Dinge im Agenten-Stil zu tun. Leider fühlen sich die Stealth-Mechaniken in Prototype 2 oft undankbar und auch unnötig an. Warum sollte man sich die Mühe machen, einen Gegner nach dem anderen zu beseitigen, wenn man einfach seine übermächtigen Fähigkeiten einsetzen kann, um schnell eine ganze Basis auszuschalten? Es gibt jedoch Missionen, in denen das Spiel versucht, uns zur Heimlichkeit zu zwingen, was in der Regel nie besonders spaßig ist. Aber in diesem Fall ist das alles eben noch nerviger, weil der direkte Weg mit den roher Gewalt so viel mehr Spaß macht. Hinzu kommt, dass sich einige der Fähigkeiten recht ähnlich anfühlen und spielen, wie z.B. die Klauen und die Klingenarme, die einfach den gleichen Zweck erfüllen, während darüber hinaus die Kämpfe gegen Ende viel zu einfach werden und selten ein strategisches Vorgehen erfordern.

Dennoch machen sie Spaß und sind zumindest für eine gewisse Zeit eine Herausforderung. Und dass man overpowered ist, ist für mich in Ordnung, wenn man bedenkt, dass man einen Mutanten mit übernatürlichen Fähigkeiten im New York der Gegenwart spielt. Es macht auch ziemlich viel Spaß, durch die Ruinen der Großstadt zu navigieren, über Mauern zu springen und über Dächer zu rennen wie in der Spider-Man-Franchise. Wie in diesen Spielen ist das Gameplay von Prototpye 2 stark auf die Steuerung mit einem Controller ausgelegt. Vor allem das Auswählen des gewünschten Ziels in den rasanten Kämpfen ist mühsam, und die fehlende Unterstützung für das Zielen mit der Maus ein No-Go.

Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt ist die KI, die bestenfalls als funktional bezeichnet werden kann. Während sich die Soldaten im Kampf strikt auf unseren Helden konzentrieren, merken sie außerhalb des Kampfes nicht einmal, wenn ein ganzer Trupp einfach hinter ihrem Rücken verschwindet. Es ist tatsächlich möglich, einen ganzen Stützpunkt lautlos zu töten, ohne Alarm zu schlagen, oder, noch schlimmer, sich einen Soldaten zu schnappen, auf das nächste Dach zu fliegen, sein Aussehen anzunehmen und mit einer Dreipunktlandung wieder herunterzuspringen, ohne dass jemand die Augenbraue hebt. Man muss nicht unbedingt Spiele wie Splinter Cell oder Thief gespielt haben, um die Absurdität dieser Vorgehensweise zu erkennen, aber ach, man spielt Prototype 2 ja auch nicht wegen des Schleichens.

Die Zwischensequenzen sind in stilvollem Schwarz-Weiß gehalten, nur der Inhalt dieser Szenen ist ausgesprochen langweilig.

Die Grafik

Die Engine von Prototype 2 ist die gleiche wie im mittlerweile 10 Jahre alten Protoype. Während die rasanten Kämpfe effektiv über die staubige Grafik hinwegtäuschen, sieht man den Zahn der Zeit in jedem anderen Moment an den matschigen Texturen, dem geringen Betrachtungsabstand und den Effekten. Was mir gefällt, ist der einheitliche Stil, z. B. die Zwischensequenzen, die wie in The Saboteur in Schwarz-Weiß gehalten sind und nur durch Rot akzentuiert werden. Auch die „Ranken“ und Mutationen überall in der Stadt tragen zur apokalyptischen Stimmung bei. Alles in allem sind Grafik und Sound ganz okay, liegen allerdings ebenfalls nicht viel über dem ‚Durchschnitt‘, aber dafür spielt man Prototype 2 ja auch nicht.

Fazit

Fairerweise muss man zugeben, dass Prototype 2 keine Perle ist, nicht einmal ein Nugget. Es ist die Fortsetzung eines „okayen Spiels“, das das tut, was man von ihm verlangt, aber nicht mehr. Eine verwirrende Story, eine schlechte KI und eine schreckliche Steuerung sind das, was der Spieler bekommt, aber auch eine offene Welt à la Spider-Man 3, viel Blut und das überwältigende Gefühl, Superman zu sein. Denn dafür spielt man Prototype 2, für das Gefühl, übermächtig zu sein, das z.B. auch Saints Row IV zu vermitteln versuchte, aber letztlich daran scheiterte, die Vision der Superlative durchgehend unterhaltsam zu gestalten.

Für alle, denen der Vorgänger gefallen hat und die sich bei diesem Spiel unsicher sind, habe ich hoffentlich eine Vorstellung davon vermittelt, was sie erwarten können: größtenteils dasselbe. Für alle anderen könnte es einen Blick wert sein, aber erwarte nicht, dass Prototype 2 mehr als ein mittelmäßiger Mix aus Genres und Spielen ist. Und all die oben genannten Spiele sind weitaus besser, wenn man auf der Suche nach der Perfektion eines bestimmten Genres ist. Aber wie man inzwischen gemerkt haben sollte, ist Perfektion nicht das, was man in Prototype 2 finden wird.

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de_DEDeutsch