Letzte Ruhe

Wenn man jahrelang zum gleichen Italiener geht und dort gerne die Funghi isst, wird man sicher verwundert sein, wenn es irgendwann heißt: ‚Sorry, Funghi haben wir nicht mehr. Generell Pizza haben wir nicht mehr, möchte ja keiner mehr essen. Aber wir können dir einen ganz tollen Salat anbieten!‘ Und der Salat stellt sich dann auch als eher nicht so toll heraus.

So oder so ähnlich dürften sich die Sacred-Fans gefühlt haben, als Sacred 3 2014 erschien. Gemäß der schlechten Metapher war das nämlich nicht mehr das gewohnte Action-RPG, sondern ein arcadiges Hack ‚n‘ Slash im Stil eines (schlechten) Diablos or Dungeon Siege III. Das ging den Rollenspielliebhabern ordentlich gegen den Strich, weshalb das Spiel nicht nur kommerziell floppte, sondern die Marke im Wesentlichen zu Grabe trug. Es gab zwar noch den Ableger Sacred Legends fürs Smartphone, das war’s dann aber auch.

Sacred (2004)

Sacred: Underworld (2005)

Sacred 2: Fallen Angel (2008)

Sacred 2: Ice & Blood (2009)

Sacred 3 (2014)

Publisher Deep Silver wird vermutlich wenig Interesse daran haben, das angeschlagene Sacred zu rebooten und ein vierter Teil ist ebenso unwahrscheinlich … denn den gibt es schon! Scheinbar hatte man sich nicht die Namensrechte gesichert, weshalb Sacred Four 2018 erschien. Dabei handelt es sich um einen unfassbar hässlicher VR-Titel, in dem wir ketteschwingend irgendwelche Monster zerkloppen. Das hat weder etwas mit den Sacreds zu tun, über die ich hier spreche, noch deren ursprünglichen Spielprinzipen, steht allerdings herrlich sinnbildlich für die Entwicklung der Reihe. Es wäre traurig, wenn es nicht so lustig wäre.

Mich soll’s nicht kümmern, hatte ich den Niedergang doch schon mit Sacred 2 festgestellt und einen entsprechend ausschweifenden Bogen um den Nachfolger gemacht. Musikalisch wäre das derweil gar nicht notwendig gewesen, denn für den OST wurde die deutsche Musikschmiede Dynamedion in Persona von Tilman Sillescu, Alexander Röder, Marc Rosenberger, Jochen Flach, Henning Nugel und Matthias Wolf verpflichtet.

Das Studio ist seit jeher ein Garant für qualitativ hochwertige Kompositionen und enttäuscht auch beim ansonsten enttäuschenden dritten Teil nicht. In 15 Tracks wird die gewohnte Klaviatur des Heldenepos bespielt und standesgemäß orchestral unterfüttert. Wuchtige Percussions und dominante Vocals treffen auf gefühlvolle Streicher und laute Bläser. Wie bei einem Legend: Hand of God leidet die Komposition jedoch unter einer Krankheit: Charakterlosigkeit.

Motive oder Storytelling suchen wir in dem Sammelsurium aus klangstarkem Pathos vergebens. Das liegt jedoch weniger an der vermeintlichen Unfähigkeit der Komponierenden, sondern höchstvermutlich an der Ausgangslage. In der Medienbranche sagt man dazu ‚brief shit in, get shit out‘, oder anders ausgedrückt: Schlechte Vorbereitung führt zu schlechtem Ergebnis.

Natürlich kenne ich die Umstände der Zusammenarbeit nicht, doch die Zeichen sprechen dafür, dass die Entwickler vermutlich selbst nicht genau wussten, was sie wollten und Worte gefallen sind wie ‚actionreich‘ oder ‚mitreißend‘. Diese Kriterien erfüllt der Score durchaus: „Through the Breach“ versprüht hat ein wenig Game of Thrones-Flair, das Theme „Sacred 3“ klingt schön heroisch und bei „The Heroes Have Arrived“ bekomme ich ein wenig Stargate-Feeling.

All diese Versatzstücke geben dem Score jedoch keine Identität, sondern lassen ihn stattdessen wie Stockmusik oder ein Sammelalbum für Action-Pieces wirken. Ähnlich macht es beispielsweise die Band Erdenstern, die für The Dark Eye-Abenteuer und Szenarios thematisch passende Klangwelten erschafft. Dort ist die Idee von Austauschbarkeit jedoch entsprechend dem Erlebe-dein-eigenes-Abenteuer-Ansatz von Pen & Paper Teil des Konzepts; Sacred 3 ist dagegen ein in sich geschlossenes Spiel, das trotz hochwertiger Musikbegleitung gesichtslos bleibt.

Nr.	Title	Interpret(en)	Ratings
01	Sacred 3	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	4
02	The Heroes Have Arrived	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	4
03	Safiri Beach	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	4
04	KarríTelís Flagship	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	3
05	Tension Rises	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	3
06	NíAquali Forest	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	2
07	Through the Alkazaba Mines	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	4
08	Roaring Danger	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	3
09	Victory Is Ours. Glory Is Mine.	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	3
10	Aria's Escape	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	3
11	Through the Breach	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	4
12	Shaddar Cage	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	4
13	Dark Energy	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	2
14	Legion of Dust	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	3
15	Final Encounter	Tilman Sillescu; Alexander Röder; Marc Rosenberger; Jochen Flach; Henning Nugel; Matthias Wolf	4

Letzte Ruhe

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