Command & Conquer: Tiberian Sun
Sonnenaufgang
Wie mit den meisten Titeln aus jenen Tagen werdet ihr mich also kein schlechtes Wort über mein erstes C&C verlieren hören. Klar, die Kämpfe waren für mich teils zu schwer, kleinere Bedienungsmängel nervten schon damals und die geschönten Screenshots auf der Verpackungsrückseite fielen selbst mir negativ auf. Aber verglichen mit objektiven Gurken wie Star Trek: New Worlds war Tiberian Sun eine Offenbarung. Somit wird dieses Spiel auf ewig in meiner geistigen Hall of Fame gastieren, was nicht zuletzt auch an seinem ikonischen Soundtrack liegt.
Wie schon bei den beiden Vorgängern war auch hier wieder Frank Klepacki am Werk, dieses Mal allerdings unterstützt von Jarrid Mendelson. Dieser sollte in Zusammenarbeit mit Klepacki den 16 Tracks des OSTs eine düstere, bedrückendere Endzeitstimmung verpassen. Diese Stilentscheidung steht im direkten Kontrast zum peppigen Industrial-Stil der beiden vorherigen C&Cs, was mich als Einsteiger erstmal nicht kümmerte. Dennoch war der Score auch für mich eine Zäsur, hörte ich doch Musik, die im krassen Kontrast zu meinen bisherigen Erfahrungen stand.
Auf die Gefahr hin alt zu wirken folgt nun ein viel genutzter Boomer-Spruch: ‚Das können sich die Kids von heute gar nicht mehr vorstellen!‘. Aber Musik war damals nicht wirklich etwas, wonach man aktiv suchte. Entweder sie kam von Freunden, wurde von den Eltern und deren Musik- und Radiosenderwahl bestimmt oder tauchte im Fernsehen oder Spiel auf. Klar konnte man CDs auch kaufen, aber wer hatte als Kind schon Geld dafür? Mein Musikgeschmack war folglich eher ein Nebenprodukt. Und zwischen Led Zeppelin und Tina Turner stand Elektro bisher so gar nicht auf der Speisekarte.
Doch plötzlich kommt dieses Spiel um die Ecke, das nicht nur alterstechnisch verboten und folglich sowieso reizvoll war, sondern diesen ominös dunklen Score abfeuerte, der mir beim heimlichen Zocken das Adrenalin durch den Körper ballerte. Nehmen wir beispielsweise „Valves“. Es ist nicht das beste Stück des Albums, vermittelt die Intention der Komponisten indes hervorragend. Dunkles Wummern, das – der Name verrät es bereits – den Antrieb einer riesigen Maschine beschreibt. Darauf folgen Synthies, ergänzt um einen treibenden E-Bass, Schlagzeug und dominiert von einem simplen Thema, das immer wieder aus der Uniformität ausbricht.
Dem CnC-Wiki zufolge sagte Klepacki in einem Interview, dass er den Score im Sinne der beiden vorherigen Teile konzipieren wollte, die Entwickler bei Westwood ihn dagegen in die oben beschriebene Richtung drängten:
I didn't want to stray too far from the original C&C-soundtrack, but it had to be more futuristic and ambient. From there I tried to capture the mood the designers wanted for each mission[: very dark, moody and not upbeat at all]. I even brought in another composer for some of the in game scores, Jarrid Mendelson, who I knew would compliment my style for this genre of music. Also, you'll notice I put more development into GDI & NOD's signature themes for the movie sequences.
Komponist Frank Klepacki
Dieses Ziel wurde erreicht. Der Score zu Tiberian Sun baut eine ähnliche Endzeitatmosphäre wie beispielsweise Earth 2150 or Fallout auf, in Stücken wie „Gloom“ könnte man sogar fast schon von Horror sprechen. Doch Klepacki und Mendelson brechen die Spannung immer wieder auf und treiben uns und unsere Einheiten in Stücken wie „Infrared“ oder „What Lurks“ über die Karte. Andere Tracks brechen mit der Akustik und streuen mal geigen- und bläserähnliche Sequenzen („Approach“) oder slappig funky E-Gitarre („Map Rap“) ein.
Das Experiment geht jedoch nicht immer auf: „Mutants“ hat einen starken Einstieg, verliert sich durch seine Repetition später. Bei „Lone Trooper“ ist es umgekehrt – schwacher Einstieg, gutes Finish. Auch die fünf zusätzlichen Tracks, die nicht Teil des OSTs sind und auf Klepackis eigener Homepage zur Verfügung gestellt wurden, sind eher gut statt sehr gut. Allen voran die Themes vom Haupt- und Optionsmenü, bei denen ich sofort nostalgisches Fingerzucken bekomme, dürften eher etwas für Fans sein. Cooles Detail hier: Die Kirchenglocken in „Red Sky [Rare]“ für echtes Friedhofsfeeling. Dieser kurzen Kritik anschließend möchte ich noch über Tiberian Sun Banger-Stücke sprechen. Ein paar davon wurden oben bereits genannt, nun zu den Fehlenden.
Allen voran steht mein absoluter Liebling „Pharotek“. Das beginnt einem Bootvorgang nicht unähnlich mit dem routinemäßigen Hochfahren der Systeme. Ein Pfeifen oder eine Art Stöhnen, jäh durchzogen von einem markanten Synthiehall – Elektro-Experten könnten hier sicherlich das passende Vokabular anwenden – und dann das Erklingen einer piepsigen Melodie. Das Lied bekommt durch das Zääääng-Geräusch den zum Namen passenden, orientalisch anmutenden Flair und wird, ergänzt durch den Beat, schnell, bleibt rhythmisch. Unvermittelt erklingen Marschgeräusche – ein Einfluss des „Hell March“ aus Red Alert? Das Piepsen bricht aus der Uniformität, fliegt mal hierhin, mal dorthin. Der Marsch verschwindet, die Kakofonie baut sich wieder auf und während dies alles geschieht, wippen wir machtlos mit. Einfach geil.
Ähnliche Bewegungen lösen bei mir die anderen 5-Sterne-Tracks aus: Da ist das chillig relaxte „Scouting“, das in bester Old school Hip-Hop-Manier die Beats und Synthies verschmilzt. „Flurry“ ist dagegen No-Nonsense, hier dominiert Panik die Endzeit, ein wilder Kampf ums Überleben. Eher klassisches C&C-Feeling hält dann bei „Heroism“ und „Dusk Hour“ Einzug, das eine weit von oben auf das Geschehen blickend, das andere hingegen von ganz nah dran. Und „The Defense“ ist dann wieder ein wenig Elektro-Action als Zugabe.
Für mich stimmt hier alles: die Atmosphäre, diese Mischung aus düsterer Apokalypse und entschlossenem Handeln; die Elektroeinflüsse, die den Score gleichzeitig be- und entschleunigen; das Aufeinandertreffen von Bekanntem und Neuem. Und dazu war Tiberian Sun ein sehr gutes Spiel. Gerade den letzten Teil können ehrlicherweise nur Leute nachvollziehen, die es damals gezockt haben; beim Soundtrack ist das zum Glück anders. Da kann jeder mal reinhören!
Nostalgia warning
Nr. | Title | Interpret(en) | Ratings |
---|---|---|---|
01 | Timebomb | Frank Klepacki | |
02 | Pharotek | Jarrid Mendelson | |
03 | Lone Trooper | Jarrid Mendelson | |
04 | Scouting | Jarrid Mendelson | |
05 | Infrared | Frank Klepacki | |
06 | Flurry | Frank Klepacki; Jarrid Mendelson | |
07 | Mutants | Frank Klepacki; Jarrid Mendelson | |
08 | Gloom | Jarrid Mendelson | |
09 | Heroism | Jarrid Mendelson | |
10 | Approach | Frank Klepacki | |
11 | Dusk Hour | Frank Klepacki; Jarrid Mendelson | |
12 | The Defense | Jarrid Mendelson | |
13 | Mad Rap | Frank Klepacki | |
14 | Valves | Frank Klepacki | |
15 | What Lurks | Frank Klepacki | |
16 | Score | Frank Klepacki | |
17 | Nod Crush [Rare] | Frank Klepacki | |
18 | Red Sky [Rare] | Frank Klepacki | |
19 | Options Menu [Rare] | Frank Klepacki | |
20 | Storm Coming [Rare] | Frank Klepacki | |
21 | Map Theme [Rare] | Frank Klepacki |
Year: 2000
Type: Original Soundtrack (OST)
Composer(s): Frank Klepacki
Number of tracks: 11
Firestorm
When the time came to score the music for the Firestorm-expansion pack, Klepacki and the producer decided that the music should be more upbeat and a return to the original style of the music of Command & Conquer.
So sagt es der dazugehörige Eintrag im CnC-Wiki. Wer sich daraus eine vollkommene Abkehr von dem im Hauptspiel Gehörten verspricht, wird jedoch kaum zufriedengestellt. Tatsächlich mangelt es den meisten der elf Tracks des Addons nicht an düsteren Tönen – trotz des Fehlens von Jarrid Mendelson. „Rain in the Night 2“, „Infiltration“, „Hacker“ oder „Elusive“ setzen die Tradition des Hauptspiels fort und präsentieren eine Mischung aus Beklemmung und Begeisterung.
Anomalien bilden hingegen Stücke wie „Slave to the System“, „Killing Machine“ oder „Initiate“, deren Stil wir eher in einem Red Alert vermuten würden. Hier zeigt Klepacki sein gewohntes Hard-Rock-Repertoire, indem er ordentlich in die Klampfe haut und dies mit treibenden Beats kombiniert. Als Fan des Tiberian Sun-OSTs kann ich diese Diversifizierungsversuche zwar nachvollziehen, für mich erreicht die Musik der Erweiterung aber leider nicht die Qualität Hauptspiels. Umgekehrt ist es ja vielleicht eher etwas für Fans des ‚historischen‘ Ablegers.
Nostalgia warning
Nr. | Title | Interpret(en) | Ratings |
---|---|---|---|
01 | Options Menu | Frank Klepacki | |
02 | Map Screen | Frank Klepacki | |
03 | Slave to the System | Frank Klepacki | |
04 | Rain in the Night 2 | Frank Klepacki | |
05 | Link Up | Frank Klepacki | |
06 | Killing Machine | Frank Klepacki | |
07 | Infiltration | Frank Klepacki | |
08 | Hacker | Frank Klepacki | |
09 | Elusive | Frank Klepacki | |
10 | Deploy Machines | Frank Klepacki | |
11 | Initiate | Frank Klepacki |