Dark Messiah of Might and Magic
Year: 2006
Developer: Arkane Studios
Genre: Action Rollenspiel
Duration played: >500 Stunden (Multiplayer)
Der Messias ohne Gefolgschaft
Dies ist die Game-Review. Hier gehts zur music-review.
Von kaum einem anderen Game habe ich so viel geschwärmt wie von Dark Messiah of Might and Magic. Rückblickend betrachtet vielleicht etwas zu viel? Es ist ein gutes Spiel, keine Frage, aber verdient es meine Lobhudeleien? Ich versuche mich an einem neutraleren Rückblick, heute, 13 Jahre nach dem ursprünglichen Release. Um nicht repetitiv zu werden, verlinke ich unten mal die Folge WohnGameinschaft, einem Uniprojekt, in dem wir versucht haben, dummdreist GameTwo zu kopieren – oder, um es korrekter auszudrücken, uns davon haben inspirieren lassen. In der Folge erzähle ich vom Singleplayer und der Story des Spiels – und lasse dafür sogar die Hüllen fallen! Also wenn das nicht Teaser genug ist? In diesem Text geht es daher eher um den Multiplayer, den ich in der Video-Review nicht thematisiert habe und warum er meine Wertung so beeinflusste.
Gut, jawohl, schön. Dark Messiah kam 2006 raus und war ab 18 Jahren freigegeben. Blöd für mich, denn ich war gerade mal 14. Aber die Zeitschriften wussten nur Gutes zu berichten, und ich hatte ja auch schon Spiele wie Command & Conquer 2: Tiberian Sun (1999, ab 16 freigegeben) und sogar Grand Theft Auto: Vice City (2003) gespielt, das auch ab 18 freigegeben war. Mama, wenn du das liest: Sorry! Aber hat’s mir geschadet? Vielleicht ein bisschen… ich schweife ab. An das Spiel zu kommen war tatsächlich das kleinere Problem. Was aber ein unüberwindbares Hindernis darstellte, war der Kopierschutz: Steam, eine Onlineplattform, über die das Spiel aktiviert werden musste – zumindest für mich unerreichbar, denn ich hatte keinen Internetzugang. Gezockt wurde deshalb erst, als auch im Haus meiner Eltern das Neuland entdeckt wurde. Wartezeit und Erzählungen meines Bruders, der es in der Zwischenzeit bei einem Freund zocken konnte, hatten meinen Durst nach Dark Messiah derweil ins Unermessliche gesteigert, und als ich dann endlich, endlich selbst Handanlegen durfte, war es die Erfüllung eines Gamer-Traumes.
A Whole New World
Das Spiel erinnerte mich sofort an Half-Life 2 – klar, war ja auch die Source-Engine. Die Grafik, für damalige Verhältnisse die Krönung der Schöpfung, Gameplay und Sound griffen wunderbar ineinander und die Welt der Might-and-Magic-Reihe tat ihr Übriges, damit Dark Messiah schnell auf meiner Topliste landete. Kaum hatte ich den Singleplayer durch, eröffnete sich auf eine ganz neue Welt, etwas, das ich nur von den vielen LAN-Partys kannte, die in regelmäßiger Häufigkeit in unserem Keller stattfanden: Multiplayer. Online. Was habe ich es geliebt. Wie viele Stunden, Tage und Wochen habe ich auf den Servern verbracht, die zu meiner Zeit schon auf eine überschaubare Zahl geschrumpft waren – denn seinen Zenit hatte das Spiel damals bereits überschritten, große Teile der Spielerschaft waren abgewandert. Aber die Handvoll, die das Spiel regelmäßig spielten, wurden eine Art zweite Familie für mich. Wie ein Dorf, wo jeder jeden kennt, war die kleine Community ein Rückzugsort, der bald Nährboden größenwahnsinniger Ideen wurde.
Denn mit dem Multiplayer kam eine ganz neue Dynamik in mein Leben: der Clan. Auf einmal konnte man vor seinen Namen eine Abkürzung schreiben und gehörte irgendwo dazu. Aus dem ursprünglichen Gag „Die Uberrusher“ wurde später „[TSH] The StormHawks“, aus einer kleinen Gruppe von Bekannten eine Community von über 20 Spielern. An der Spitze: mein Bruder und ich. Eine Webseite wurde gebaut, ein Forum installiert, ein Server gekauft und Skripts geschrieben, alles Learning by Doing. Trainings, Tournaments, Clan-Wars, erst in Dark Messiah, später in anderen Spielen wie Battlefield: Bad Company 2 or Team Fortress 2. Wenn man als Clanspieler auf den TSH-Server kam, hatte man Kultstatus, als Admin ein Gefühl von Allmacht. Irgendwann verlief sich das Ganze wieder, die Gruppe wurde kleiner – alles, weil die Geschichte Dark Messiah of Might and Magic auserzählt war. Zumindest für mich und viele andere. Zu sperrig, zu Nische, einfach zu alt. Aber selbst heute habe ich noch Leute in meiner Steam-Freundesliste, die den Multiplayer unsicher machen.
Mehrspieler mit Ecken und Kanten
Dabei war der Mehrspieler-Part nie perfekt oder im entferntesten vergleichbar mit eSport-Platzhirschen wie Counter-Strike zu unballanced, zu unsauber, zu asymmetrisch. Was ist damit gemeint? Nun, in den typischen Spielmodie wie Conquest, Capture the Flag oder Deathmatch treten zwei Teams gegeneinander an: Menschen und Untote. Der Spieler kann dabei aus fünf verschiedenen Klassen wählen, Krieger im Nahkampf, Bogenschützen im Fernkampf, gewiefte Assassinen aus der Deckung, Magier und Priesterinnen mit Heil- und Zaubersprüchen – alles vor Spielen wie Team Fortress 2 or Overwatch. Für Kills gibt’s Erfahrungspunkte, durch die wir in jedem Match bis Maximal Stufe 10 leveln können. Mit jedem Level lassen sich Perks und Fähigkeiten freischalten, wie Feuerbälle für den Magier und verlangsamende Dornen für die Priesterin. Dadurch lassen sich die Klassen auch spezialisieren. Der Schurken kann so seine Tarnung verbessern oder mehr Bomben tragen, während der Krieger entweder mehr einstecken oder austeilen kann. An sich eine gute Sache, wenn es nicht zu einem gravierenden Problem geführt hätte: Wer gut ist, wird belohnt, wer schlecht ist oder später ins Match einsteigt, krebst vor sich hin, bis man endlich das Maximallevel erreicht.
Neben dieser unfairen Mechanik hatte der Multiplayer noch mit anderen Problemen zu kämpfen: Vieles musste von der Community gepatcht werden, weil manche Klassen einfach zu stark waren. Dafür liefen auf den Servern selbstgeschriebene Scripts mit Beschränkungen, um unfaire Bugs oder Abuses wie Scripts, Bunny-Hops oder Animation-Canceling zu unterbinden. Aber dieser Do-it-yourself-Charakter hatte wiederum etwas Verbindendes. Der Publisher Ubisoft äußerte sich nicht zum Communityfeedback geschweige denn, dass noch Fehler behoben wurden, also nahm man es einfach selbst in die Hand. Diese Mentalität weitete sich auch auf das Mapbuilding aus, denn das Spiel läuft über die Source-Engine, die sich mit entsprechenden Tools einigermaßen gut modden lässt. Das Ergebnis waren eigene Maps und Challenge-Parkours à la Counter-Strike, von denen ich sogar selbst ein paar gebastelt habe. An Baumeister wie Dakkir, der die Schlacht von Helms Klamm aus The Lord of the Rings nachgebaut und nachgescriptet hat, kam ich dabei natürlich nicht ran. Aber auch wenn’s umständlich war, war es doch auch spaßig und vor allem motivierend.
Ein widerwilliges Eingeständnis
Das alles sind aber meine persönlichen Erfahrungen, die objektiv betrachtet nicht mit einbezogen werden dürfen. Deshalb fällt meine Bewertung mit genug Abstand auch etwas anders aus, als vielleicht noch vor ein paar Jahren. Nach wie vor ist Dark Messiah of Might and Magic zu seiner Zeit ein Meilenstein gewesen. Grafik, Physik-Engine, Atmosphäre – top. Zumindest im Einzelspieler. Gepaart mit dem treibend orchestralen Soundtrack von Sascha Dikiciyan und Cris Velasco führt die Story um den dunklen Messias auch noch Jahre später durch interessante Kulissen. Auf der anderen Seite schwingen für mich noch Sentimentalitäten mit, die, nüchtern betrachtet, einen spaßigen, aber mittelmäßigen Mehrspieler auf ein Podest hieven, auf das er eigentlich nicht gehört. Das Spiel ist kein Versäumnis, wer es nicht gespielt hat, wird meine Begeisterung wohl kaum nachempfinden können. Dafür müssen einfach zu viele Abstriche gemacht werden. Für einen schmalen Taler hat man für ein paar Stunden meiner Meinung nach aber trotzdem Spaß, denn blutige Fantasy-Shooter in First Person Perspective gibt es jetzt auch nicht wie Sand am Meer. Und solltet ihr noch einen bevölkerten Multiplayer-Server finden, dann grüßt Eldis von mir.