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Die Gilde III [Gastbeitrag]

Erscheinungsdatum: 2022
Entwickler: Purple Lamp; GolemLabs
Genre: Wirtschaftssimulation
Spieldauer: 35 Stunden (1 Playthrough)


Vergangenheitsbewältigung

Sprechen wir direkt über den Elefanten im Raum, den noch keiner bemerkt hat: Ich bin nicht mein Bruder! So, jetzt ist es raus. Ich höre auf den Namen Michel und tatsächlich bin ich quasi Mattis Lektor und somit mutmaßlich sein größter Fan, immerhin habe ich alle seine Texte gelesen. Irgendwer muss es ja tun.

Besagten Bruder scheint derzeit das faule Fieber zu quälen, denn er bat mich darum, diese Gast-Rezension über Die Gilde III zu schreiben, weil er selbst es nicht gespielt hat. Und das hat seinen Grund.

Wenn ich die Etikette dieses Blogs richtig verstehe, muss man immer sehr, wirklich SEHR deutlich auf eventuelle nostalgische Verklärungen hinweisen, die eine ohnehin subjektive Bewertung noch viel subjektiver machen. In diesem Fall verbindet uns beide eine mehr oder weniger innige Hassliebe mit dem Vorgänger, Die Gilde II, bzw. dessen teils von Fans überarbeiteter Neufassung Die Gilde II: Renaissance. Es handelt sich um eines der wenigen Spiele, auf die wir uns seinerzeit mit zwei sehr guten Freunden einigen konnten und an dem wir alle gleich viel Spaß hatten.

Stunden, vermutlich Tage haben wir vier in dieser kantigen Wirtschaftssimulation versenkt, die es verstand, das Gedeihen unserer mittelalterlichen Handwerksbetriebe mit dem Ränkespiel politischer Seilschaften zu verweben. Am Ende lautete das Ziel immer gleich: Erschaffe eine starke Familiendynastie, die mit Macht und Geld die Geschicke ihrer Stadt lenkt. Wer besonders ambitioniert war, konnte ein Addon später auf größeren Karten seinen Einfluss sogar über mehrere historische Handelsknotenpunkte der Hanse ausdehnen.

So sah der Spielbeginn in Die Gilde 2 aus. Fairerweise muss ich zugeben, dass das neue Spiel doch besser aussieht als sein Vorgänger. Dafür hatte der deutlich mehr Bloom drauf und wirkte somit verschlafener.

In puncto Berufen wartete das Spiel mit vier Arbeitszweigen auf: dem Patron, dem Handwerker, dem Gelehrten und dem Gauner. Ersterer kümmerte sich mithilfe der auf seinen Bauernhöfen produzierten und in seinen Gasthäusern vertriebenen Lebensmittel um das leibliche Wohl der virtuellen Weltbewohner. Seine Spielweise war dabei ähnlich wie die des Handwerkers einigermaßen straight forward: schaffe, schaffe, Höfle baue, Kühe melke, Brötle backe.

Der Gelehrte indes war schon eine andere Nummer, da er vergleichsweise wenige weltliche Güter anbieten konnte, und dennoch irgendwie sein Geld verdienen musste. Bei ihm kam es darauf an, sich möglichst günstig z.B. auf dem Markt zu positionieren und um Gläubige zu werben. Abends musste man noch einen Feierabendgottestdienst gut timen und, gleichsam wichtig, eine großzügig bemessene Menge an Hostien auf Lager haben. Diese wurden dann stilecht im Sinne des Mittelalters vor dem Verzehr, nun ja, nicht direkt bezahlt aber doch bespendet, sodass der arme Klerus auch die Chance erhielt, ganz oben mitzumischen. Also finanziell jetzt. Nicht direkt beim Chef.

Je nach ausgewähltem Schwierigkeitsgrad beginnen wir außerhalb der Stadttore in einem beschaulichen Dorf wie diesem.

Der Zwielichtige im Quartett der Berufsstände spielte sich ebenfalls besonders. Wählte man etwa eine Diebeshütte, die sodann emsige Beutelschneider auf die Stadt losließ, konnte man gleich zu Beginn in den Genuss eines dieser herrlichen Synergieeffekte kommen, die Die Gilde II für einen bereithielt. Klassischerweise taschendiebt es sich natürlich dort besonders gut, wo sich viele Taschen finden. Das leuchtet ein. Wie praktisch, dass die einen Absatz höher bereits erwähnten Prediger den lieben langen Tag wenig anderes im Kopf hatten, als auf dem Markt große Menschenmengen zu versammeln und sie amtlich zu missionieren. Wer achtete da schon auf die absolut unauffälligen, kapuzenverhüllten Gestalten, die im Vorbeigehen einmal genüsslich in sämtliche Geldbeutel langten?

Vermutlich vermitteln diese Schlaglichter nur im Ansatz die, im wahrsten Sinne des Wortes, diebische Freude, die man mit der Gilde entwickeln konnte. Besonders schön wurde es dann, wenn man durch geschicktes Heiraten (eine Kunst, die heute vergessen scheint) eine Ehepartnerin für sich gewinnen konnte, die andere Talente mit in den eigenen Stammbaum einbrachte. Vermählten sich etwa Kleriker und Kleptomanin, so ahnt man schon, wieviel Spaß in diesem joint venture steckte …

Und ich habe noch überhaupt nicht von den politischen Möglichkeiten geschwärmt! Mit steigendem Wohlstand konnte man sich nach und nach (ebenfalls stilecht mittelalterlich) höhere bis adlige Titel kaufen und sich mit deren Einfluss wiederum auf politische Ämter bewerben. Dein Konkurrent drückt durch seine Produktion deine Gewinne? Werde Betriebsprüfer und lege diese nervige Schmiede einfach einmal einen Tag lang lahm! Du siehst dich reihenweise mit Anklagen wegen angeblich dubioser Machenschaften konfrontiert, bloß weil du den Bürgermeister entführt oder den Pferdekarren deines Nachbarn um dessen Ladung erleichtert hast? Dann ist das Amt des Richters für dich genau das Richtige! Schließlich kann man solch diffizile Sachlagen ja viel besser beurteilen, wenn man auch weiß, worum es geht.

Die politische Landschaft der Stadt Köln. Welche Familie hier die Fäden zieht, sollte auf den ersten Blick klar sein …

Es war eine gute Zeit und wer bis hierhin gelesen hat, fragt sich sicherlich, wann es in diesem Artikel denn endlich um Die Gilde III geht. Stand das nicht auf dem Thumbnail? Wieso schreibe ich nicht eine Review über den zweiten Teil, oder besser noch: Warum spielen wir dieses alte Schätzchen nicht heute noch, wenn die Gilde so ein Garant für Genuss ist?

Einfach Antwort: Weil’s nicht geht. Das Spiel ist schlicht schlimm verbuggt, vergleichbar mit einem handelsüblichen Battlefield am Release-Tag. Wir haben das damals mit der Geduld der Jugend (oder war es Sturheit?) ertragen, doch ausnahmslos jede Multiplayer-Partie kommt früher oder später an den Punkt, an dem das Spiel ‚Out of Sync‘ gerät und man gezwungenermaßen aufhören oder alleine weiterspielen muss. Danke dafür.

Beispiel gefällig? Ich hege zwar im Gegensatz zu meinem Bruder keinen journalistischen Anspruch, allerdings wollte ich wenigstens die Berufsbezeichnungen noch hinbekommen (beim Patron war ich mir nicht mehr sicher). Schnell Die Gilde II: Renaissance gestartet, neues Spiel aufgetan, Ah – da steht’s ja!, rausgetabbt, abgestürzt. Rumms.

Ich weiß nicht, wie lange Scharen von Codern aus der Community damals ihre Zeit damit verbracht haben, ehrenamtlich dieses Spiel durch Patches und Mods lauffähig zu bekommen. Das Ganze ging wohl so weit, dass der Publisher am Ende die Erzeugnisse der Eifrigen im bereits erwähnten Renaissance-Addon gebündelt und offiziell veröffentlicht hat. Es kamen zig coole Features und neue Berufe rein, am Ende hat es wenig genützt.

Umso vorfreudiger war ich, als irgendwann Die Gilde III angekündigt wurde. Wir überspringen ein paar Äonen Entwicklungszeit, einen hundsmiserablen Early Access, sogar einen, wenn ich es richtig im Kopf habe, Entwickler-Wechsel und landen im Hier und Jetzt. Michel, der mittlerweile von sich in der dritten Person schreibt, hat sich endlich zu einem Tête-à-Tête mit der Nachfolgerin dieser verflossenen Femme fatal durchgerungen, um zu schauen, ob sie aufs Neue so mit seinen Gefühlen spielen wird.

Ich habe Hoffnung doch keine Erwartungen – die können ja nur enttäuscht werden. Let’s go!

Gleich zu Beginn eine freudige Überraschung: Offenkundig ist diese neue Dame in meinem Leben ganz die Tochter ihrer Mutter. Welches Studio auch immer letztlich für diese Design-Entscheidung verantwortlich war, ich möchte Küsse umherwerfen, denn sie haben die originalen Soundfiles aus Teil 2 eingebaut. Nennt mich Nerd, aber auf so etwas stehe ich, da fühle ich mich abgeholt, da jubiliert der Juvenile in mir.

Die ersten Betriebe stehen, das Geld tröpfelt langsam aber stetig in unsere Kasse.

Die Euphorie verfliegt jedoch schnell, die nächsten Minuten (Stunden?) gestalten sich überaus ungelenk, fast rumpelig. Das Nutzerinterface von Die Gilde II war schon kein Bravourstück an Bedienbarkeit und so überrascht es mich, dass man das noch schlechter machen kann. Gefühlt sind alle Bedienelemente irgendwie schon noch da, bloß eben woanders. Als hätte man einmal alle Buttons, Menüs und Tabellen gründlich umgerührt und dann auf dem Bildschirm aushärten lassen. Meine Finger, verwirrt von der anheimelnden Soundkulisse, wollen die alten Routinen wieder auspacken, das muscle memory lässt den Cursor zu Knöpfen zucken, die überhaupt nicht da sind.

Eine Zwischenetappe auf unserem Weg zu Ruhm und Macht: Wir haben uns das Recht erkämpft, innerhalb der Stadt wohnen und Betriebe eröffnen zu dürfen. Noch befinden wir uns in einem Vorort, doch nicht mehr lange …

Fein, du möchtest anders sein, du bist nicht deine Mutter, das kann ich akzeptieren. Ich wäre mit einer bugfreien Version von Die Gilde II zufrieden gewesen, aber sei’s drum, ich lasse mich auf dich ein. Und in der Tat scheint hier solide(r) gearbeitet worden zu sein. Ich nehme keine offensichtlich oder gar spielvernichtenden Programmierfehler wahr. Stattdessen sanfte Verbesserüngchen hier und dort, wie etwa ein deutlich vereinfachter Bewerbungsprozess auf politische Positionen (dafür musste man früher noch old-schoolig durch die halbe Stadt zum Rathaus latschen). Auch scheint die Imba-Strategie Ich-kaufe-die-Goldmine-und-bin-nach-10-Minuten-der-Reichste passé zu sein. Die Kontrolle über derart wichtige Rohstoffvorkommen kann man jetzt nur noch im Rahmen einer teuren Versteigerung leasen und auch das nur für 24h. Danach muss man erneut in die Tasche greifen. Interesting touch.

Ein bis zwei Wochen vergehen und ich beackere immer einmal wieder das Savegame, mein Ingame-Wohlstand wächst. Zwischenzeitlich habe ich sogar richtig Spaß und versuche hektisch, gerade eben noch genug Geld und / oder Einfluss (eine zusätzliche Währung) zusammenzukratzen, um Amt X zu ergattern oder Betrieb Y zu erbauen.

Wir haben es geschafft! Das prächtige Fachwerkhaus in der Mitte ist unser ‚Mansion‘, die teuerste Form von Wohnsitz, die man sich erarbeiten kann. Rechts daneben unsere Bibliothek und links das Rathaus – an den Fahnen erkennbar offenkundig fest in unserer Hand.

Und plötzlich, kurz bevor ich den Siegesbildschirm sehen werde, dringt eine Erkenntnis zu mir durch, die mein Unterbewusstsein schon länger mit sich herumgetragen hat, wie bei einer Beziehung, von der man nicht wahrhaben möchte, dass sie zum Scheitern verurteilt ist: Dieses Spiel ist langweilig.

Ironischerweise sind es dieses Mal nicht die Bugs, die mir Die Gilde ruinieren (ein paar habe ich dann doch noch gefunden). Es wirkt einfach alles leblos und unzusammenhängend. Beispielsweise sind die eigenen Betriebe so angelegt, dass sie schlichtweg immer Gewinne produzieren. Mit ein paar Klicks ist die Produktionsschleife eingerichtet, sodann laufen die Transporter (lobenswert autonom) durch die Gegend und versorgen die Werkenden mit Material. Der Erlös der Erzeugnisse bringt immer ein Plus, no matter what. Man müsste es meiner Meinung nach schon wirklich darauf anlegen, um bei Die Gilde III bankrott zu gehen. Im Zweifelsfall heißt es einfach warten und schon ist man wieder liquid.

Der Late-Game-Stammbaum meiner Familie. Scheinbar erzeugt das Spiel dadurch eine Begrenzung der Spielzeit, dass irgendwann einfach keine Kinder mehr gezeugt werden können. Denn glaubt mir, ich hab’s versucht …

Das klingt erst einmal nicht grundsätzlich verkehrt (immerhin bin ich im 2. Teil durchaus in den ersten paar Minuten schon einmal im Schuldturm gelandet), ist jedoch symptomatisch für das Spiel. In einer Wirtschaftssimulation sollte doch die Wirtschaft irgendwie einen gewissen Stellenwert haben, ein wenig Fingerspitzengefühl und Strategie erfordern. Stattdessen snowballt man sich nach oben, weil die zweite Manufaktur natürlich unweigerlich mehr Geld bringt, die dritte dann noch mehr usw. usf.

Gleichzeitig führt sich das System selbst ad absurdum, weil die Warenkreisläufe, also der absolute Kern von Spielen dieser Art, völlig irrelevant sind. Im Gegenteil: Man wird sogar noch bestraft dafür, dass man sinnvoll zueinander passende Betriebsketten aufbaut, denn die eigenen Transporter laufen i.d.R. stur zum Markt, holen (alias: kaufen!), was immer für die Produktion gebraucht wird und dann geht das Ganze mit den fertigen Waren retour. Klar, sie gucken schon, auf welchem der diversen Märkte sie etwas billiger bekommen bzw. wo sie ihr Zeugs teurer loswerden. Dass allerdings quasi direkt neben der Schmiede die eigene Eisenschmelze steht, die einem zum Nulltarif die benötigten Barren bereitstellt, auf diesen sensationellen Spartipp kommt scheinbar niemand.

Nun, vielleicht ist das ein wenig unfair. Schließlich könnte ich ja selbst die Wegstrecken festlegen, die meine tapferen Transporteure zurücklegen sollen. Was man jedoch bei anderen Spielen ‚Handelsroute‘ nennt, mutiert bei Die Gilde III zur Spießroute. Ich verschone euch jetzt mit den Einzelheiten, aber wenn ich sehe, wie schnell und unkompliziert man bei Anno seit locker 4-5 Serienteilen das Gleiche in einem Bruchteil der Zeit und mit einem Bruchteil der Klicks hinbekommt, frage ich mich schon, aus welcher Zeitmaschine die Entwickler denn gestiegen sind. Tatsächlich muss man stellenweise die Spielmechanik aushebeln, damit man sich die eigenen Werkstätten nicht komplett zumüllt.

Eine ganze Latte Handelsrouten, die ich für mein Warenlager eingerichtet habe. Hauptsächlich sind sie dazu da, die nahegelegene Mine komplett leerzuräumen, sollte ich die Lust verspüren, sie für einen Tag zu leasen.

Komplexität erzeugt das Spiel insgesamt eigentlich nur dadurch, dass Vorgänge, die mit wenigen Klicks erledigt sein sollten, zur Tortur werden, während derer ich oftmals die Geschwindigkeit auf 0 setzen musste, damit der Ingame-Tag nicht längst vorbei war. Mir ist regelrecht die Kinnlade heruntergefallen, als mir klarwurde, dass man in Die Gilde III wirklich immer nur eine Person gleichzeitig auswählen und durch die Gegend schicken kann. Auswahlrahmen? Gruppieren? Fehlanzeige. Ging im zweiten Teil noch.

Versucht ihr einmal, einen Gegner hinterrücks punktgenau zu … äh … nun jedenfalls müsst ihr zunächst euren Schergen auswählen (ggf. dazu mit der Kamera zu eurem Wohnsitz gehen, weil Handlanger darüber verwaltet werden), dann den Angriffsbefehl aus dem zugehörigen Menü auswählen und zuletzt das Ziel anklicken (hierzu nötigenfalls wieder zurück über die halbe Karte). Und das Ganze dann 10-mal. Unfasslich. Ergibt rund 40 Klicks plus wilde Kamerafahrten für einen Vorgang, der normalerweise mit nicht mehr als 3 abgehandelt sein müsste.

Eine freie Wegfindung gibt es überdies auch nicht. Ausnahmslos alles spielt sich auf den durch Straßen fest vorgegebenen Wegen ab. Ein Verstecken im Wald ist also nicht mehr möglich. Dieser Umstand ist mir erst wirklich spät aufgefallen, offensichtlich war meine Rest-Verblendung noch zu groß, um es zu sehen.

Mitglieder und Angestellte der eigenen Dynastie sind im Spiel immer einem Gebäude zugeordnet. Im Zweifelsfall ist das unser Wohnsitz, hier links im Bild. Sucht ihr also einen ganz spezifischen Charakter, solltet ihr besser wissen, welches Haus und welches Gesicht ihr anklicken müsst.

Vermutlich ist das erneut ungerechte Kritik, mussten die erwähnten Programmierer mutmaßlich erst einmal den Scherbenhaufen ihrer Vorgänger auffegen. Allein, es ist ja bei Weitem nicht das Einzige, was an diesem Spiel so nervt. Irgendwie haben sie das Kunststück vollbracht, dass der aktuelle Teil grafisch gefühlt schlechter aussieht, als der ich-weiß-nicht-wie-viele Jahre ältere zweite. Im direkten Bildvergleich lässt sich diese Behauptung nicht halten, dennoch ein Beispiel:

Mittlerweile gibt es Pferde, auf deren Rücken man deutlich fixer durch die Welt pest. Tolle Sache, sieht aber richtig Sch***e aus – als hätte man Barbies Reiterhof von 19-Hundert-schieß-mich-tot mit Tipp-Kick gekreuzt. Etwa einmal pro Sekunde bewegen sich Vorder- und Hinterläufe mechanisch und teils ungesund durchgestreckt voneinander weg, um anschließend wieder in ihren 90°-Winkel zurückzufinden. Rücken samt Reiter verbleiben dabei stur auf derselben Höhe, wodurch das Ganze eher etwas von einem merkwürdig arrangierten Mini-Karnevalswagen oder einem chevaleusen Hoverboard hat. Ich weiß nicht, ob ihr mit meinen Beschreibungen etwas anfangen könnt, aber jedes an einer Stange aufgespießte und an ein Kinderkarussell gebundene Plastikreittier versprüht auch ohne Zutun von Mary Poppins mehr Dynamik als diese vorsintflutlichen Ragdoll-Versuche.

Aus ästhetischen Gründen sollte man so nah mit der Kamera besser nicht herangehen, obwohl es den Zossen sicher nicht stört. Den kümmert es ja nicht einmal, dass er eigentlich bergab reitet.

Ich könnte noch deutlich mehr erzählen, doch mein Textverarbeitungsprogramm mahnt gerade, dass ich die 2000-Wörter-Marke deutlich geknackt habe und das bei einem Spiel, welches ich nicht einmal empfehlen würde. Vielleicht ist in der Zwischenzeit deutlich geworden, warum ich die Überschrift so gewählt habe.

Als Fazit lässt sich also sagen: Die Gilde III Stand Ende November 2022 ist eine wirklich sehr solide Alpha-Version einer Neuauflage ihres Vorgängers. Sie versucht mit Erfolg, kein Bugfest zu sein, bloß bräuchte sie ein mehr oder weniger vollständig neues Nutzerinterface und einige Kernmechaniken müssten dringend überarbeitet werden, damit sie sinnvoll ineinandergreifen.

Andererseits sollten bereits implementierte Features dem Spielenden vielleicht einmal die eigene Sinnhaftigkeit präsentieren, da ich einen Gutteil der Interaktionsmöglichkeiten schlicht ignoriert, gleichzeitig andere bitterlich vermisst habe. Ans Ziel bin ich zwar so oder so gekommen, allerdings gibt es da einen gewissen Tooltip, der mir gerne bereits beim ersten oder wenigstens beim zweiten Ladebildschirm hätte angezeigt werden können. Dann hätte ich früher gewusst, dass ich meine Angestellten auch automatisch im Level aufsteigen lassen kann. Was habe ich geflucht.

Was immer ihr tut, schaltet irgendwann auf jeden Fall diese Optionen ein!

Neben spielerischem Anspruch fehlt es zudem massiv an Late-Game-Motivation. Ok, ich hab ein schöneres Haus freigeschaltet. Ahja, da kann ich also ein fancy Familienschwert fabrizieren. Toll, aber wozu? Ich brauche doch nur Geld und das bekomme ich eh. Auf mich wirkt es so, als wolle Die Gilde III unbedingt möglichst viel von ihrem Vorläufer herüberretten und gleichzeitig stabil laufen. Beides hehre Ziele, jedoch offenkundig nicht miteinander vereinbar.

Vielleicht wird dieses Spiel irgendwann spaßig gepatcht sein, vielleicht wird es irgendwann einen tollen Teil 4 geben. Bis dahin warte ich und erinnere mich mit Vergnügen an die Vergangenheit.

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