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Darksiders III

Erscheinungsdatum: 2018
Entwickler: Gunfire Games
Genre: Action Role-Playing Game
Spieldauer: 17 Stunden


Ein gut gemeintes Sequel

Mit Darksiders III konnte ich kürzlich ein Spiel von meiner Bucketliste streichen, auf das ich mich bei der Ankündigung sehr gefreut hatte, um dann relativ schnell enthypet zu werden. Kampfsystem eher wie Dark Souls, keine Open World wie bei Teil 2 und eine mäßig sympathische Protagonistin waren alles Indikatoren, warum ich mit diesem Spiel weniger Spaß haben würde. Warum mir Darksiders III trotzdem ein paar schöne Stunden bescheren konnte und was das Fehlen von liebgewonnenen Features damit zu tun hatte, erzähle ich jetzt.

Darksiders III, das im November 2018 erschien (Gott, ist das schon wieder lange her…), ist der dritte Ableger der mittlerweile 4-teiligen Fantasyreihe. Das Prinzip der Serie ist relativ simpel: In jedem der Prügelspiele verkörpern wir einen der vier Reiter der Apokalypse. War (Krieg) in Teil 1, Death (Tod) in Teil 2, jetzt Fury (Wut) in diesem Teil und Strive (Streit) im neusten Darksiders Genesis. Mit den vier apokalyptischen Reitern hört das Zitieren des Bibelmythos aber nicht auf. Denn die Dreschorgie, die God of War für die griechische und neuerdings auch nordische Mythologie ist, adaptiert das Darksiders-Universum für die christliche Seite. Engel kämpfen gegen Dämonen, Himmel gegen Hölle, Gut gegen Böse, und die Leidtragenden der sprichwörtlichen Apokalypse sind die Menschen, deren Heimat als Schlachtfeld benutzt wird.

Fetziges Zerfetzen

Deshalb landen wir in Form von Fury auch direkt zu Beginn auf der Erde, inmitten einer zerstörten und überwucherten Großstadtkulisse, in der es sich die gehörnte Dämonenbrut sowie untote Exbewohner gemütlich gemacht haben. Warum sind wir hier? Wer schickt uns? Das könnte ich versuchen zu erklären, aber ehrlich gesagt lagen die beiden Vorgänger schon so weit zurück, dass mir mein Gedächtnis nur bruchstückhaft relevante Infos hervorkramen konnte. Und selbst nach Ende des Spiels hatte ich ähnlich viele Fragezeichen im Gesicht, wie zu Beginn. Da half auch nicht ein 35-minütiges YouTube-Video, das die Lore der Darksiders-Reihe mit ihren Spielen und Comics zusammenfasste. Im Grunde war alles, was ich wusste, dass ich die sieben Todsünden zur Strecke bringen sollte, die sich auf der Erde eingenistet hatten. Glücklicherweise besteht die Welt in Darksiders III scheinbar nur aus einer einzelnen Stadt mit unterschiedlichen Gebieten, ansonsten wäre die Aufgabe wohl deutlich schwieriger geworden. Unten angekommen greifen uns bald die ersten kleineren Gegner an, die sich mit wenigen Schlägen von Furys Energiepeitsche zerlegen lassen. Zur Belohnung gibt es Seelen und Shards, die wir im Kampf einsetzen können, um uns zu heilen oder uns anderweitig zu buffen.

Kurz darauf der erste Bosskampf, der meine Erwartungen bestätigt. Das Standard-Kampfsystem von Darksiders III, das man zu Beginn des Spiels auswählen kann, erinnert deutlich an die Souls-Reihe. Lock-on und Ausweichrollen sind Pflicht, und während sich der gegnerische Lebensbalken trotz mittelhohem Schwierigkeitsgrad nur langsam leert, vertragen wir nur wenige Treffer. Umso schöner, dass gutes Timing belohnt wird. Ein perfekter Ausweichmove lässt uns den Gegner kontern und besonders viel unblockbaren Schaden austeilen – ein befriedigendes Gefühl, das mit genug Übung und mangels Ausdauermanagement allerdings schnell Routine werden kann. Erfreulicher auch, dass es eine Vielzahl von Gegnertypen mit unterschiedlichen Angriffsmustern gibt, die uns auf unserem Weg durchs Abenteuer begegnen. Fiese Spinnenviecher, Skelettkrieger oder beflügelte Engel: Gut und Böse gibt es für uns nicht, wir verkloppen alles, was in die Quere kommt.

Bevor ich aber zum Leveldesign komme, habe ich noch etwas Kritik an den Bossfights, dem eigentlichen Herzstück eines Soulslike und mit den sieben Todsünden als klare Zielsetzung auch integraler Bestandteil von Darksiders III. Während das Charakterdesign und besonders die Sünden optisch wunderbar gestaltet und ihren jeweiligen Lastern entsprechend porträtiert wurde, sind die eigentlichen Kämpfe enttäuschend monoton. Zwar haben ein paar der Bosse verschiedene Phasen, insgesamt ist man spätestens nach dem zweiten Anlauf mit den Angriffsmustern vertraut und es kommt nur noch darauf an, wie geduldig und treffsicher man sich in den Duellen anstellt. Das ist schade, weil wenn schon die Handlung verwirrend genug ist, gerade diese Kämpfe in Erinnerung bleiben sollten. So hingegen hat man noch viel mehr das „Wofür habe ich mir jetzt die Mühe gemacht?“-Gefühl, wenn am Ende die Credits über den Bildschirm laufen.

Seelig sind die Lebensarmen

Doch wer Gründe sucht, das Spiel doch zu mögen, der findet sie in Darksiders III. Denn der Artstyle und die in sich geschlossene Spielwelt sind eine der größten Stärken des Titels. Nun war ich ein großer Fan von Teil 2, der meines Wissens nach bei vielen Leuten aus der Community weniger gut ankam als das erste Darksiders, sei es durch die Open Word, das Inventar- oder das Craftingsystem. Deshalb wird es diese Fans vermutlich freuen, dass Teil 3 wieder mehr in Richtung des Urvaters geht – zumindest leveltechnisch. Hierzu eine kleine metaphorische Metapher: Wenn wir uns Darksiders 1 als den graden Baumstamm mit ein paar wenigen Verästelungen vorstellen und Darksiders 2 als die offene Baumkrone, dann ist Darksiders III das gewundene Wurzelsystem, das sich durch die Erde zieht.

Ganz im Metroidvania-Stil sind die einzelnen Gebiete, die wir auf unserer Suche nach den biblischen Plagen durchstreifen, durch Abkürzungen miteinander verbunden. Diese können wir mit unseren neu erlernten Fähigkeiten beim erneuten Besuch freischalten, denn während ihres Abenteuers erhält Fury unterschiedliche Formen mitsamt neuen Angriffen, die den vier Elementen entsprechen: In ihrer Blitzform kann sie nach einem Sprung gleiten und so durch Windböen auf höhere Plateaus gehoben werden, während sie als menschliche Flamme durch Lava stiefeln und Spinnennetze anzünden kann. Per Stasis können wir dagegen (optisch sehr cool) über Wasser laufen und die Erdfähigkeit lässt uns an Kristallwänden entlangrollen. Generell ist das Leveldesign sehr gut gelungen und das Erkunden macht dankenswerterweise genug Spaß, auch wenn Komfortfunktionen wie eine Map oder eine Übersicht über noch versteckte Collectables in den verschiedenen Regionen schön gewesen wären.

Neben Seelen und Shards, die wir beim bekannten Dämonenhändler Vulgrim gegen Erfahrungspunkte und Upgrades eintauschen können, finden wir auch eine Handvoll der überlebenden Menschen, die wir zum sicheren Hafen ‚Haven‘ schicken. Maker Ulthane Blackhammer verbessert dort mittels Engels- und Dämonenartefakten unsere Waffen, wie unsere treue Peitsche oder die Fernkampfgleve. Die machen dann noch mehr Schaden, oder stärken uns in den Kämpfen mit passiven Boni wie mehr Rage-Generation oder erhöhtem magischen Schaden. Zusätzlich helfen uns die unterschiedlichen Fähigkeiten im Kampf und bringen mehr Würze in das sonst recht stupide Gepeitsche.

Optisch sieht das alles fantastisch aus, und der freie und flüssige Wechsel zwischen den verschiedenen Formen ist immer wieder ein Genuss, der Erinnerungen an Dragonball wach werden lassen. Das Upgraden der Attribute und Waffen ist derweil Pflicht. Die Gegner leveln zwar dankenswerterweise nicht mit, im Gegenzug heißt dies jedoch, dass wir zu Beginn recht häufig in den überwucherten Asphalt beißen und – Dark Souls sei Dank – an den respawnten Gegnern vorbeilaufen müssen, um unsere verlorenen Seelen wieder einzusammeln. Dafür können wir später viele Gegner mit ein oder zwei Schlägen zerlegen. Nerviger Grind kam dabei zum Glück nicht auf, vielleicht auch, weil ich alles kurz und klein gepeitscht habe, da scheinbar alles in der Welt von Darksiders Seelen enthält. Parkbänke, Straßenschilder, Vasen; überall lässt sich die blaue Währung rausprügeln. Da möchte man doch nicht an Reinkarnation denken.

Der ungeliebte Teenager

Kommen wir nun zur Peitschenschwingerin herself und einem der größeren Kritikpunkte, den die Fangemeinschaft und zum Teil auch ich haben. Fury, der Name verrät es, ist ihrem sprechendem Namen gemäß eine jähzornige, dominante Gestalt, die in vielen Punkten eher an einen rebellischen Teenager als einen Teilaspekt der Apokalypse erinnert – wobei auch hier betroffene Elternteile und die Lehrerschaft mir wohl versichern würden, dass man doch sehr wohl eine Ähnlichkeit attestieren kann. Sei es, wie es ist. Fury ist über große Strecken des Spiels einfach ätzend. Wo der ebenso zornige, aber häufig auch verständnisvolle War aus Teil 1 und der sogar sympathische Death aus Darksiders 2 noch Redeeming Qualities besitzen, ist Fury häufig nur anstrengend.

Besonders deutlich wird das in den Gesprächen mit dem Watcher, der ihr als geistiger Aufpasser von unserem Auftraggeber zur Seite gestellt wurde. Der wird narrativ vom Spiel eingesetzt, um dem Spieler irgendeine Informationsquelle an die Hand zu geben und als Gesprächspartner für Fury zu dienen, ist aber in 90 Prozent der Fälle verbaler Boxsack zum Abreagieren für unsere überirdische Domina. Das kann nerven, hat es teilweise auch getan, aber gleichsam bin ich den Entwicklern dankbar dafür, dass wir eben nicht den standardmäßigen Good Guy (bzw. Gurl), oder Good Guy wider Willen spielen. Zwar macht auch Fury, besonders gegen Ende, eine Entwicklung durch, sie bleibt aber über große Teile des Spiels der spielgewordene Zorn, den sie verkörpern soll – und das passt zu Darksiders. Mein einziger Kritikpunkt am Fury-Charakter ist tatsächlich die englische Synchronstimme Cissy Jones, die über weite Strecken einen guten Job macht, nur eben nicht dort, wo Fury, wo der Zorn regiert. Die Wutschreie, das Gebrüll, auch wenn wohl mitunter der anspruchsvollste Job für eine Voice Actress, fühlen sich für mich nicht wuchtig genug, nicht zornig genug an. Eine 7/10, vielleicht sogar eine 8, aber völliges Durchdrehen klingt für mich anders.

Auch dass trotz der überschaubaren Menge an vertonten Charakteren manche Synchronsprecher wiedererkennbar mehrere Rollen übernehmen, hat mich an einem speziellen Fall gestört und ich musste mich tatsächlich fragen, ob dies so beabsichtigt war – Spoiler: nein. Da wir scheinbar im Kritikbereich angelangt sind, folgt jetzt eine Aneinanderreihung von kleineren und größeren Macken, die mich beim Spielen gestört haben.

Wie bereits gesagt sieht die Welt fantastisch aus. Die Regionen unterscheiden sich deutlich voneinander, die Checkpoints und Schnellreisepunkte sind fair gesetzt. Von Nahem betrachtet fallen aber häufig teils matschige oder zu spät ladende Texturen auf und besonders die Gesichtsanimationen außerhalb der Cutscenes sind schrecklich hölzern.

Apropos Zwischensequenzen: Sind hier die Mimiken der Akteure hier angenehm gut gelungen, plagen Einbrüche der Framerate den Story-Genuss. Besonders ärgerlich, lief das das Spiel bei mir doch sonst durchgängig in 60 FPS. Das mag natürlich an meiner Hardware liegen (die sowieso in letzter Zeit irgendwie spinnt) aber da das Spiel reibungslos mit dem Fenstermodus zurechtkam, hat es mich doch gewundert. Auch die Kämpfe sehen schick aus und gehen gut von der Hand, nur verlieren sie durch das optisch imposante Effektgewitter, besonders beim Benutzen der Fähigkeiten, oftmals an Lesbarkeit. Als Resultat wurde ich ein ums andere Mal von einem Gegner getroffen, weil ich nicht erkennen konnte, ob und wie er mich angreifen würde. An der Rätselfront gibt es dagegen nichts zu meckern. Die sind zwar deutlich reduzierter als noch im Vorgänger und kaum wirklich knackig, halten sich dafür aber im überschaubaren Rahmen und unterbrechen, zumindest kurz, das monotone Gekloppe. So viel dazu, kommen wir also zum Fazit.

Boss Pride tritt erst gegen uns an, wenn wir die anderen Sünden besiegt haben… verdammte Eitelkeit.

Fazit

Darksiders III ist leider nicht die erhoffte Fortsetzung von Teil 2 geworden. Das war abzusehen, das war erwartbar. Was ich nicht gedacht hatte, war, dass mir das fordernde, duellorientierte Kampfsystem so viel Spaß machen würde. Das reduzierte, aber freie Levelsystem, die spielerisch zwar gleichförmig, aber optisch ansprechenden Fähigkeiten und sogar die gestreamlinete und damit verständlichere Story haben mich über viele Kritikpunkte hinwegschauen sehen. Denn die Besinnung auf das Wesentliche, das Erkunden und das Kämpfen, haben den Wegfall von vielen liebgewonnenen Features wie dem Itemsystem, Kombo- und Klettermechaniken sowie der offene Open World, erträglicher gemacht.

Darksiders III möchte kein hässlicher Zwitter aus halb Dark Souls, halb Darksiders sein, sondern ist ein vollständiges Soulslike im Darksiders-Universum. Dabei ist es nicht ganz so bestrafend wie die geistige Vorlage und verzeiht mehr, sodass ich insgesamt mehr Spaß damit hatte und sogar gerne noch etwas auf Erkundungstour gegangen bin, ohne einem nervigen Collectable-Counter beim Füllen zusehen zu wollen. Es war ein angenehmer Snack für zwischendurch, auch wenn ich mir, ein aus meiner Sicht, vollwertiges Darksiders III im Stil des zweiten Teils gewünscht hätte. Und für einen New Game Plus Walkthrough reicht es leider auch nicht. Denn nur Kloppen alleine macht auch nicht glücklich.

One Comment

  • Muhstafa

    Eine Freude, so ein ausführliches Review zu einem eher unrühmlichen Serienteil zu lesen.

    Ich muhss aber auch Kritik an der Kritik üben. Biblische Plagen als Bezeichnung für die Todsünden ist eher unpassend. (Die 7 Todsünden sind ein Katalog, der von Institutionen aufgestellt wurde, aber nicht von der Bibel selbst).

    Dennoch muhss ich sagen, ich hatte meine helle Freude am Lesen und gehe mit vielen Punkten überein auch wenn ich die Quantität an kreative Wortspielereien anderer Reviews teils vermisse. Hier kommen sie qualitativ durch, sind aber nicht so häufig. Liegt wahrscheinlich daran, das Fury auch nicht die Kreativste ist.

    Muh zum Gruße

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de_DEDeutsch