Game Review,  MaybeGames

Control

Erscheinungsdatum: 2019
Entwickler: Remedy Entertainment
Genre: Action-Adventure, Shooter
Spieldauer: 29 Stunden (Hauptspiel + 2 DLCs)


Kontrollfreak

Wieder einmal finde ich mich am Anfang einer Review, die ich nicht vorhatte, zu schreiben. Dieses Mal jedoch wird es keine seitenlange Aufdröselung von Inhalten und Spielmechaniken geben, da

  1. ihr diese Infos eh in so gut wie jedem Test und jeder Rezension bekommt und
  2. ich gar nicht so viel zum Spiel sagen möchte.

Eine inhaltlose Review auf dieser Webseite? Mind blown? Spaß beiseite, natürlich hoffe ich durch diese Texte schon ein gewisses Maß an Inhalt zu transportieren, aber bei Control wäre das wie einem Dreijährigen Quantenphysik zu erklären… nur in diesem Fall durch einen Dreijährigen.

Ich gebe gerne zu, dass mich Control durch seinen Artsy-Fartsy-Pseudomindfuck zu Beginn abgeturnt und erst am Ende wieder einigermaßen eingefangen hat. Wer storytechnisch leichte Unterhaltung sucht, stößt auf eine seitendicke Wand aus Archivtexten, Dossiers und alle dem, was mir beim Zocken tendenziell den Spaß verdirbt. Wenn ich lesen will, nehme ich mir ein Buch, und da ich schon seit langem kein Buch mehr in Händen hielt, sollte das ein Indikator für meine Begeisterungsfähigkeit von Backstory-Infos aus Sammelschnipseln sein.

Warum habe ich das Spiel trotzdem gespielt und sehr viel Spaß damit gehabt? Auf die Story bezogen aus dem einfachen Grund, dass die Geschichte sich in dem Federal Bureau of Control abspielt, in dem eine geheimnisvolle Präsenz, das „hiss“, ausgebrochen ist und die Gesetze der Naturwissenschaften außer Kraft setzt. Und weil sowieso alles abgedreht und bescheuert ist, muss ich mir auch keine wissenschaftlichen Abhandlungen dazu durchlesen, die versuchen, darin einen Sinn zu finden. Für mich war das Gebäude des FBC ein Spielplatz, das mir ähnlich wie ein BioShock die Reste eines Ortes bietet, in dem ich mich austoben kann. Und damit komme ich zum zweiten Spaßbringer in Control: das Gameplay.

Wir spielen Jesse Faden, die irgendwie nicht durch der/die/das hiss beeinflusst wird und direkt zu Beginn die Control-Gun des verstorbenen Direktors erhält, durch die sie automatisch zum neuen Chef befördert wird. Klingt nach einem Aufstiegskonzept, das in der Form vermutlich nur in barbarischen Stämmen oder den USA funktionieren könnte, gibt uns allerdings eine Ausrede, warum wir mit einer ziemlich coolen Knarre haufenweise infizierte Agenten umballern dürfen. Die Pistole können wir hierbei in jeweils zwei Konfigurationen einsetzen und so blitzschnell beispielsweise zwischen Pistolenschuss und Granatwerfer wechseln. Da es keine Munition gibt und sich unsere Schussreserve immer automatisch auflädt, kommt ein schöner Flow rein, bei dem man trotzdem aufpassen muss, nicht mit leerem Magazin in mehreren Gegnern zu stehen.

Die Star-Wars-Experience

Der andere Part, der die Schießereien aufwertet und für mich das eigentliche Highlight des Spieles darstellt, ist die Telekinese. Die erhalten wir als eine unserer ersten Fähigkeiten und meine Fresse, macht es Spaß, Sachen auf Leute zu schmeißen. Durch das automatische Lock-on-Feature treffen Stühle, Wandteile und später sogar Gegner fast immer zielsicher, und das wortwörtliche Machtgefühl lässt mich hoffen, dass dieses Konzept in irgendeinem zukünftigen Star-Wars-Spiel zum Einsatz kommen wird. Gepaart mit der Levitation konnte ich hier meine Jedi-Fantasien ausleben, wie in kaum einen Game zuvor… und dann ist Control auch noch so verdammt hübsch.

Licht, Schatten, Bruchstellen, Explosionen, Splitter – alles läuft butterweich und zaubert eine Zerstörungsorgie hin, bei der selbst Battlefield beschämt hinterm Panzerrohr hervorblicken muss. In diesen Momenten macht Control selbst nach 20 Stunden noch immer Spaß, auch wenn sich das Spielprinzip im Endgame irgendwann totgelaufen hat – aber bei welchem Spiel ist das nicht so? Einzig die Charaktermodelle und besonders die Gesichtsanimationen fallen im Vergleich zur sonstigen optischen Brillanz deutlich ab, hier wäre mehr drin gewesen.

Das könnte man vermutlich auch über diese Review sagen, die ich an dieser Stelle nun auch abrupt beenden werde. Dabei habe ich nichts über Levelarchitektur, Storytelling, Sounddesign und Atmosphäre gesagt, nicht die aufrüstbaren Waffenkonfigurationen und die beiden DLCs besprochen. All das könnte ich noch tun, allerdings machen sie für mich nicht den Kern der Unterhaltung aus. Für mich war es tatsächlich das Gameplay, gemeinsam mit dieser Fahrenheit-artigen WTF-Story, die meine Neugier geweckt und mich über weite Strecken des Spiels motiviert habt. Ich bin zwar wieder in die Completionist-Falle getappt, wodurch mir sogar irgendwann Breath of the Wild oll wurde, aber das ist ja mein eigenes Verschulden. Wer strikt die Story durchspielt, ggf. noch die interessanteren Nebenquests erledigt und den Sammel-Grind links liegen lässt, bekommt hier ein sehr gutes Game, das auf AAA-Niveau mit dem Konzept Videospiel aufräumt.

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

de_DEDeutsch