Star Trek: New Worlds
Erscheinungsdatum: 2000
Art: Gamerip
Komponist(en): Julian Soule; Inon Zur
Trackzahl: 15
Schöne, neue Welten
Lange hat es gedauert, hier ist sie. Die erste Musik-Review zu einem Spiel der Marke Star Trek. Und während noch nicht einmal die meisten Trekkies New Worlds kennen werden, hat es für mich einen der besten Scores des Videospiel-Franchises. Hier mag gleichsam einiges an Sympathie meinerseits mitschwingen, da ich dieses Drecksspiel damals wirklich gerne gezockt habe. Denn es war ein Drecksspiel, quasi ein Soulslike bevor es Soulslikes gab – und das als Echtzeitstrategie-Game.
Grund dafür war die einfache Tatsache, dass das Spiel nur den Fortschritt in der Kampagne gespeichert hat, man innerhalb der einzelnen Missionen aber nicht speichern konnte. Eine schlechte Kombination für einen jungen Gamingzögling ohne viel Strategie-Erfahrung bei einem Spiel, das ein relativ umfangreiches Ressourcen- und Micro-Management, komplexe Missionsziele und ein grässlich unübersichtliches HUD mit sich brachte. Gepaart mit einer Mutter, die streng auf Computerzeiten achtete, einem Bruder, der ebenfalls an den PC wollte und der nicht ganz sauberen Programmierung, die häufiger mal zu Abstürzen führte, wurde jede der gut ein bis zwei Stunden langen Mission zum Rennen gegen die Zeit.
Wobei die eigentliche Idee ganz cool war: Bei einem Experiment der Romulaner ist etwas schiefgelaufen und auf einmal tauchen zahlreiche neue Planeten auf, die sie, die Klingonen und natürlich auch die Föderation erforschen und kolonisieren wollen. Angesiedelt in der Ära von Kirk und Konsorten, ohne Khitomer-Abkommen und mit den mysteriösen Romulanern als offensichtliche Schurken, hatte man genug fruchtbaden Boden für spannende Einsätze auf der Planetenoberfläche – ein noch nie dagewesenen und bis dato leider auch einzigartiges Themenfeld der Star Trek-Games.
Sei’s drum, vermutlich ist es retrospektiv besser, dass es nie einen Nachfolger gab, schließlich deuten Seiten wie Metacritic unmissverständlich darauf hin, dass New Worlds nie die Klasse erreicht hat, der ich es damals zuordnete. Trotzdem bleibe ich dabei, dass ich gerne wieder mehr (Strategie-)Spiele im Star Trek-Kosmos hätte. Armada, Bridge Commander, Starfleet Commander, Elite Force … so eine tolle Marke, so wenig genutzt. Und dass das eine Schande ist, zeigt nicht zuletzt meine Top-10-Liste der besten Sci-Fi-Scores, auf der sich das Franchise um Picard, Spock und als Aliens verkleideten Menschen in Gummanzügen nur der Marke Mass Effect geschlagen geben muss!
Grund dafür ist nicht zuletzt die Musik zu New Worlds, die von Julian Soule (nicht dessen Bruder Jeremy Soule) und Inon Zur komponiert wurde und die mit einer durchschnittlichen Bewertung von 4,5 Sternen bei 15 Tracks tatsächlich am besten wegkommt. Die Stücke des Gamerips lassen sich in zwei Kategorien unterteilen. Den Encounter-Tracks, die bei Kampfhandlungen abgespielt werden, und den Start-Tracks, die quasi das Ambient-Hintergrund-Gedudel darstellen. Zusätzlich dazu gibt’s noch 3 Various-Tracks, in denen Soundschnippsel und Stinger der einzelnen Fraktionen zusammengestellt wurden … aber ich will euch hier nicht mit technischem Gelaber nerven.
Die einzelnen Stücke unterscheiden sich angenehm voneinander, ohne zusammenhangslos zu wirken. Gleichsam gelingt es den Komponisten größtenteils nicht nur, den einzelnen Fraktionen und Locations einen eigenen Charakter zu geben, sondern sie bleiben hierbei auch dem Stil der Filme treu. So tauchen immer wieder Bläser als treibende Elemente auf, die auch auf der Leinwand und in den Serien häufig bestimmende Klangfarben liefern.
Die Tracks folgenden indes alle einem gewissen Aufbau: seichter Einstieg, starke Mitte, gemächlicher Fadeout. Lässt sich gut loopen ohne zu nerven und ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass es sich hier um ein Spiel vom Anfang des Jahrtausends handelt. Folglich darf man keine abgefahrene Instrumentierung erwarten, sondern findet tatsächlich eher Ähnlichkeiten zu anderen Scores aus der Zeit.
Ecounter (Hubrin) erinnert beispielsweise an The Elder Scrolls oder Spiele aus dem Dungeons & Dragons-Universum, Start (Alpine) mit seiner Mischung aus Hörnern, Strings und E-Gitarren wiederum an Sim City 4. Und während Start (Ice) und Start (Lava) teils wie die SpellForce-Reihe entliehen klingen, lässt Start (Mars) Erinnerungen an Earth 2150 wach werden. Wenn also all diese Ähnlichkeiten bestehen, finde ich die Musik vielleicht dann nur deshalb so geil, weil sich mich an andere, ebenfalls gute Spiele erinnert?
„Nein!“, kann ich da frohen Herzens sagen, denn der New Worlds-Score tut etwas Ungewöhnliches, das mir zuletzt bei Emergency 2 ebenfalls gut gefallen hat. In vielen Tracks nutzen Zur und Soule E-Gitarren – allerdings nicht, wie man zunächst vermuten würde, in den Encounter-/Action-Tracks, sondern den Ambient-Tracks. Das klingt komisch, schließlich suggeriert das Schrillen von elektrisch verstärkten Saiten nicht unbedingt Entspannung, sondern wird vielmehr fürs Pulstreiben Marke DOOM verwendet.
Die Komponisten nehmen die Riffs und Tonleitern bei New Worlds dagegen als Begleitung, wie es sonst beispielsweise für Streicher der Fall wäre. Nehmen wir etwa Start (Desert). Der Name lässt es bereits erkennen, es geht in sandige Gefilde und entsprechend wird sich musikalisch nahöstlicher Tropen wie Flöten und seichten Percussions bedient. Die entspannte Melodie lässt sich die Weite einer orientalischen Steppe vor unserem geistigen Auge ausbreiten, während langgezogene Bläser das Ganze begleiten – symptomatisch für den New Worlds-Score.
Was in anderen Spielen als belangloses Gedudel fortgesetzt würde, wird hier nun durch die zuvor benannte E-Gitarre ergänzt. Während Streicher und Bläser aufspielen und die Melodie anschwellen lassen, werden sie bei der zweiten Wiederholung durch die Gitarre übertönt. Statt nun aber das akustische Bild zu dominieren, zieht sie sich zurück, bevor sie dann die Melodie spielt und über dem Geschehen tanzt.
Dieses Bild setzt sich in den anderen Start-Tracks fort, wo mal mehr, mal weniger mit dem Instrument gearbeitet wird. Jenseits dessen ist die Musik des Spiels ebenfalls grundsolide. Die Encounter klingen mit Ausnahme von Encounter (Metar) durch die Bank exzellent und fangen den Charakter der jeweiligen Fraktionen entsprechend ihrer Vorlagen sehr gut ein.
Die Föderation klingt mit ihren Bläsern und Fanfaren erhaben und lassen im Sinne von Jerry Goldsmith (Star Trek I, Star Trek V, First Contact, Insurrection, Nemesis) den Geist der Filmvorlage erahnen. Die Klingonen scheinen durch die tieferen Töne bedrohlich, auch wenn hier leider keines der bekannten Motive erklingt. Ähnliches trifft auch auf die Romulaner zu, die mangels Vorlage jedoch ein eigenes Thema spendiert bekommen, das irgendwo zwischen mysteriös, verspielt und unberechenbar angesiedelt ist.
Insgesamt finde ich den Gamerip mit Ausnahme der Various-Titel vollumfänglich empfehlenswert und mit einer durchschnittlichen Länge von zweieinhalb Minuten pro Track ist es im Grunde wie eine gute Alben-CD, die man in einem Gang durchhören kann. Sollte man tun. Ich meine ja nur … ist wirklich gut!
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.
Nr. | Titel | Interpret(en) | Bewertung |
---|---|---|---|
01 | Encounter (Federation) | Julian Soule; Inon Zur | |
02 | Encounter (Hubrin) | Julian Soule; Inon Zur | |
03 | Encounter (Klingon) | Julian Soule; Inon Zur | |
04 | Encounter (Metar) | Julian Soule; Inon Zur | |
05 | Encounter (Romulan) | Julian Soule; Inon Zur | |
06 | Encounter (Taubat) | Julian Soule; Inon Zur | |
07 | Start (Alpine) | Julian Soule; Inon Zur | |
08 | Start (Desert) | Julian Soule; Inon Zur | |
09 | Start (Ice) | Julian Soule; Inon Zur | |
10 | Start (Lava) | Julian Soule; Inon Zur | |
11 | Start (Mars) | Julian Soule; Inon Zur | |
12 | Start (Mountain) | Julian Soule; Inon Zur | |
13 | Various (Federation) | Julian Soule; Inon Zur | |
14 | Various (Klingon) | Julian Soule; Inon Zur | |
15 | Various (Romulan) | Julian Soule; Inon Zur |