Puzzle Agent
Puzzle Agent
20.11.2025
Fall gelöst
Hat hier irgendjemand schon mal von Puzzle Agent gehört? Vermutlich nicht. Dabei ist das 2010 erschienene Nelson Tethers: Puzzle Agent, wie es ursprünglich hieß, ein wirklich charmantes Rätselspiel. Das kommt nicht von ungefähr, heißt das namenhafte Entwicklungsstudio, dem wir dieses Kleinod zu verdanken haben, doch Telltale – genau, eben jenes Telltale, das zu seiner Hochzeit so großartige Spiele wie das erste The Walking Dead oder The Wolf Among Us fabriziert hat.
Dass Puzzle Agent eine der früheren und weniger budgetgesegneten Produktionen des Entwicklers war, merkt man dem Zeichentrickspiel zwar an, stören tut es nicht. Denn wer wie ich, der das Spiel in einem Bundlekauf mal mitgenommen hatte, ohne Erwartungen an das Ding rangeht, wird positiv überrascht. Aber worum geht’s überhaupt?
Die Story folgt dem Agenten Nelson Tethers, dem einzigen Mitglied der Puzzle Research Division des FBIs, der mit Diktiergerät und der charmanten Stimme von Sprecher Doug Boyd bewaffnet seinen ersten Fall im verschneiten Dorf Scoggins lösen muss. Wer die Professor Layton-Spiele kennt, wird sich hier pudelwohl fühlen. Statt aber auf kindlich-niedliches Storytelling zu setzen, begibt sich Puzzle Agent in die Richtung des obskur Schrulligen. Die Rätsel bleiben derweil auf einem ähnlichen Level wie die des Professors und rangieren von simpel bis anspruchsvoll.
Der Stil des Spiels ist definitiv außergewöhnlich und war für mich einer der größten Pluspunkte. Humor, Schwierigkeit der Rätsel und dieser dezente Mystery-Charakter waren überraschend gut verwoben. Und auch wenn es nicht das längste oder gar schwierigste Spiel war, hatte es für seine Zeit schon einen gewissen Einzigartigkeitsfaktor. Ich wollte einfach wissen, was es mit der geschlossenen Radiergummifabrik auf sich hatte. Wer waren die Hidden People? Und warum waren alle im Dorf so … merkwürdig?

Ob ich das Spiel heute noch empfehlen würde, kann ich weder bejahen noch verneinen. Tatsächlich musste ich mir gerade erstmal den Wikipedia-Artikel durchlesen, um mich zu erinnern, worum es überhaupt ging! Aber ich weiß, dass ich meinen Spaß hatte. Und das reicht ja manchmal. Lasst uns also weiter zum Soundtrack gehen. Auch der bekommt von mir das Attribut „gut“ verpasst. Musikalisch darf man zwar keine Überraschung erwarten, mit Wegwerfware werden wir indes auch nicht abgespeist.
Insgesamt 15 Tracks begleiten uns bei der Suche nach den Antworten in und um Scoggins herum. Komponiert wurden die vom Telltale-Veteran Jared Emerson-Johnson, Rich Vreeland aka Disasterpeace (Hyper Light Drifter) und Nick Mastroianni, der heutzutage eher als Musikeditor für Spiele wie zuletzt Ghost of Tsushima tätig ist.
Um ein Gefühl für den Score zu bekommen, reicht es bereits, sich das Main Theme Secret Agent Tethers anzuhören. Dessen Klavier-/Glockenspiel-Melodie, die charmant und unaufgeregt den Mystery-Charakter einläutet, setzt den Ton für das Spiel perfekt: Nicht zu belanglos und ein Kinderspiel suggerierend, aber auch nicht zu dramatisch, um nicht das Gefühl eines Spionagethrillers zu erzeugen – wirklich genau der Sweetspot.

Die Komponisten setzen dafür auf die bekannte Klaviatur aus sich wiederholenden Tonleitern und Klangreihenfolgen, die uns in trügerischer Gedankenverlorenheit wiegen, dem jedoch stets das Nackenhaarpotenzial innewohnt. Dafür wird auf eine Mischung aus Gitarrenriffs (Gum Shoe), Klaviernoten (Unsolved Mysteries, Quiet Little Town) und Synthiebeats (Vegetable Crime) gesetzt, die gut funktioniert, jedoch nie aus ihrer Gleichförmigkeit ausbricht.
Narrative Begleitung wie im akustisch ähnlich verorteten The Wolf Among Us gibt es bei Puzzle Agent nicht, statt anschwellender Melodien oder gar Actionpassagen plätschert der Score vor sich hin. Wem das reicht, der wird in diesem Album angenehm unterschwelligen Hörgenuss finden, dem logischerweise das dazugehörige Mystery fehlt. Durch seinen Begleitcharakter kann ich dem Score dementsprechend nur eine mittlere Wertung verpassen, in Kombination mit dem Spiel gibt’s indes eine Empfehlung!
Nostalgiewarnung
Die Wertung der einzelnen Tracks ist rein subjektiv und durch meine eigene Erfahrung mit dem Spiel deutlich gefärbt. Mehr dazu findest du in dem Artikel Über Nostalgie.





