Victoria: An Empire Under the Sun

Victoria:
An Empire Under the Sun

25.07.2025

Original Soundtrack (OST) [38 Tracks]

Komponist: Various Artists

Genres: 18. Jahrhundert, Bläser, Herrschaftlich, Klassisch, Orchestral, Percussions, Streicher

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Kolossale Klassiker

Es ist wieder passiert! Im Mai 2023 habe ich eine Review über ein Spiel einer Reihe geschrieben, ohne beim Alpha, beim Anfangspunkt, einzusteigen. So geschehen bei den Victoria-Spielen, in diesem Fall mit Victoria II aus dem Jahre 2010. Dabei begann die Serie doch sieben Jahre zuvor mit dem Erstling Victoria: An Empire Under the Sun! Gut, ich verzeihe mir, ist der Wunsch, jede Reihe von Anfang an zu beleuchten, ebenso irrwitzig wie hoffnungslos…

Eine Sinnkrise später kommen wir zum Spiel. Das wurde 2003 von Paradox Entertainment entwickelt und ist, wie so ziemlich alle Spiele des Studios, irgendeine Art von Excel-Sheet mit Grafik. In diesem Fall geht es um Globalstrategie, angesiedelt im Viktorianischen Zeitalter von ca. 1836 bis 1920. Eine Zeit, in der sich das britische Imperium über den ganzen Globus erstreckte und der Spruch „The empire on which the sun never sets“ seinen Ursprung fand. Im Übrigen eine Aussage, die Wikipedia zufolge so oder so ähnlich schon zu Zeiten Xerxes I Anwendung fand und später über das Römische Imperium gesagt wurde … Man lernt nie aus.

Spiele der Victoria-Reihe

Zwar braucht man kein BWL/VWL-Studium, um mit den Paradox-Spielen klarzukommen – es hilft jedoch ungemein. Ich selbst verstehe zwar den Appeal, ein Reich globalen Ausmaßes von der Mikro- bis zur Makroebene durchzuplanen und zu verwalten, da mir dies aber nicht mal für die Routine meines Vierbeiners gelingt, bin ich denkbar ungeeignet für das Genre.

Zum Glück braucht man auch kein Musikstudium, um den Soundtrack vom ersten Victoria genießen zu können – doch auch hier könnte es helfen. Denn anders als beim Nachfolger, der mit eigenen Kompositionen daherkommt, liefert das Serien-Alpha ein Best-of klassischer Musik. Und damit meine ich wirklich BEST-of. Von Grieg über Verdi bis zu Wagner und Mozart ist alles mit dabei, was nach imperial-kolonialistischen/aristokratischen Großmachtfantasien klingt.

Als Freund der Klassik ist der Score entsprechend ein Fest für mich. So kenne ich viele der Komponisten und ihrer Werke in der einen oder anderen Form bereits aus der Popkultur oder eben anderen Videospielen. Georges Bizets Prelude aus der Oper Carmen dürfte wohl den Meisten bekannt sein. Und Requiem in D minor, K. 626 – Seqentia – 1. Dies Irae von Wolfgang Amadeus Mozart weckt wohl nicht zuletzt bei Kennern des biografischen Musicals/Dramas Amadeus von 1984 Erinnerungen.

Mein Liebling ist – wie könnte es anders sein – natürlich Dies irae aus Guiseppe Verdis Messa da Requiem. Man beachte trotz ähnlicher Namens die unterschiedlichen Komponisten. Jedenfalls darf dieses alte Meisterwerk in keiner ‚Böses Genie mit Weltherrschaftsambitionen‘-Playlist fehlen. Ironischerweise kenne es vielleicht auch ausgerechnet Spieler*innen von Harry Potter: Quidditch-Weltmeisterschaft aus dessen Hauptmenü. Scheinbar ist man beim Dreschen auf Klatscher auch SEHR WÜTEND.

Ansonsten sind die 38 Tracks einfach ein schöner Rundumschlag, der allein schon wegen seiner zeitgenössischen Art zum Kern des Spiels und entsprechend als Untermalung taugt. Weil ich selbst kein Fachmann klassischer Musik bin, kann ich in dieser Review leider keinen informativen Mehrwert generieren und z. B. über den bekannten Radetzkymarsch von Johann Strauss II oder Richard Wagners Rule Britannia Overture philosophieren. Deshalb an dieser Stelle nur zwei kleine Kuriositäten meinerseits, die sich bei der Recherche und beim Hören des Scores entsponnen:

Zum einen taucht mit Joseph Haydns String Quartet No. 62 in C major, Op. 76/3, „Emperor“ die Vorlage der heutigen deutschen Nationalhymne in ihrer ursprünglichen (und mit 7,5 Minuten Dauer auch sehr langen Form) auf. Wie der Wikipedia-Eintrag verrät, war das Stück nämlich ursprünglich 1797 von Joseph Haydn für Franz Joseph Karl, besser bekannt als Kaiser Franz II, den letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, komponiert worden. Später kam dann noch Text in Form des Deutschlandlieds von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben hinzu. Das Resultat wurde die Nationalhymne von Österreich-Ungarn, der Weimarer Republik und später eben der BRD – nur eben die letzte Strophe.

Die andere Anmerkung meinerseits bedarf einer einleitenden, rhetorischen Frage: Kennt ihr das? Ihr erinnert euch an eure Kindheit, an die Zeiten des linearen Fernsehens und die Unmengen an Werbung, Slogans und Jingles, mit denen man in regelmäßiger Häufigkeit bombardiert wurde. Dadurch wissen wir alle noch, wo das Schöfferhofer Weizen so schön prickelt oder welche Töne das Telekom-Logo macht. Und dann habt ihr dieses eine Lied im Ohr und wisst einfach nicht, ob es das wirklich gibt oder sich euer Hirn in einem Anflug kreativen Overloads einfach etwas ausgedacht hat. Spoiler: In 99 Prozent der Fälle wart ihr es nicht selbst. Aber zurück zur Frage: Kennt ihr sicher, oder?

So ging es zumindest mir, bis ich gerade Tannhauser: Festive March von Richard Wagner hörte. Über Jahre, nein Jahrzehnte war ich mir nicht sicher, ob es diese einleitenden Fanfaren wirklich gab – und wo ich sie das erste Mal gehört habe. Ich bin mir zwar sehr sicher, dass es irgendeine Bierwerbung war – eine sehr sichere Annahme für die frühen 2000er – aber ich komme einfach nicht drauf. Aber immerhin weiß ich jetzt, dass die Melodie nicht meiner Einbildung entsprang. Mit anderen Worten: Ich bin mal googeln und entlasse euch mit einer Empfehlung dieses Albums für alle Klassik-Enthusiasten.

Original Soundtrack (OST)
Original Soundtrack (OST)
Victoria: An Empire Under the Sun
(38 Tracks)
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