Über Schlager
Ich bin gerade dabei, eine Fallstudie zum Thema ‚Schlager‘ zu machen, aka ich habe mir unnötig Musik angehört und wollte die Zeit nicht verschwendet wissen. Denn ja, ich höre auch andere Sachen als nur Soundtracks, aber darum geht es ja auf dieser Seite nicht … egal. Beim Blick auf die Alben habe ich mehrere Beobachtungen gemacht, die ich gerne mit euch teilen würde. Dazu muss ich wohl kurz eine Einordnung verfassen, denn Schlager sind ja an sich ein recht spezielles, fast schon deutsch-kulturelles Phänomen, bei denen einfache Texte mit einfachen Melodien Ohrwürmer erzeugen, auf die man nicht stolz ist und trotzdem nicht aus dem Kopf kriegt.
Der Schlager lebt also von seiner Wiedererkennbar- und Austauschbarkeit, damit trotz Alkoholpegel jenseits der empfohlenen Tagesdosis die mehr oder minder korrekte Ausführung vom Schritt-Schritt-Tap des Discofox gewährleistet werden kann. Doch auch diese geringe musikalische Schöpfungshöhe wird noch durch die im Bereich der Covergestaltung unterboten. So lässt sich auch dort die Formelhaftigkeit des Schlagers wiederfinden. Im Folgenden möchte ich die sechs augenscheinlichsten Motivausprägungen präsentieren und bewerten:
Das Schräge
Damit ist nicht gemeint, dass uns etwas ‚abgefahrenes‘ auf dem Cover erwartet. Nein, diese Bilder haben eine Neigung zur Neigung und präsentieren den oder die Protagonist*innen mit einem ausgeprägten Muskelschwund im Nacken oder direkt im Körper. Das Ergebnis ist eine angeschrägte Körperhaltung, die Dynamik und Lockerheit suggerieren soll. Funktioniert für mich nicht, 2/5.
Die Brille
Klar, Schlager heißt häufig Sonne, Sand und Malle. Da braucht’s das entsprechende Accessoire, und das ist neben lustig gemeinten Ausrüstungsgegenständen wie Schnorchel und Tauchermaske natürlich die Sonnenbrille. Mal locker auf der Nase, mal cool gehalten, ist die Sonnenbrille das Sinnbild für Urlaub und die manifestierte Klimax pragmatischer Kleidungsbewusstseins. Zudem verdeckt sie viel vom Gesicht des oder der Protagonist*innen, deshalb 4/5 Punkte von mir.
Der Zeiger
Gerne gesehen in Kombination mit der Sonnenbrille ist auch ‚der Zeiger‘. „Hey du“, scheint uns das Cover sagen zu wollen, „ich weiß genau, was du willst. Komm her und hab‘ eine gute Zeit!“ Und es funktioniert! Direkt habe ich Lust, mir nach diesem Übergriff auf meine Sehnerven die Augen mit ordentlich Alkohol auszuwaschen und fühle mich gleichzeitig benutzt – aber auch gesehen. Mit 3/5 belohne ich diese bildgewordene Nötigung und weiß nun endlich, was die meisten Frauen im Club erdulden müssen.
Die Gruppe
Wie die Philosophin Kathi Kess schon konstatierte: „Zwei sind ein Paar, drei eine Party, mach einfach mit, dann sind wir zu dritt.“ In diesem Sinne zeigen uns die Gruppen-Cover entweder die Sänger*innen des Songs, ihre Beziehung zueinander oder eine Mischung daraus. Bonuspunkte, wenn man noch möglichst gleich angezogen ist oder sich einfach direkt mehrfach selbst abdruckt. Da das Ganze jedoch selten ansprechender ist als der Blick ins Jahrbuch einer handelsüblichen Klassenpflegschaft, muss ich die 1/5 zücken.
Der Sitzende
„Wer sitzt, kann nicht gehen.“ So besagt es als ein altes west-ost sudanesisches Sprichwort. Da beim Tanzen allerdings die Brettspielweisheit „Berührt – geführt“ gilt, lässt sich in der Hocke schlecht das Tanzbein schwingen. Entsprechend wenig überkommt mich der Bewegungsdrang beim Anblick von Leuten, die mich anschmachten, während ihre Körperhaltung eigentlich Stuhlgang signalisiert. 0/5!
Die Grafik
Manchmal als einfache Visualisierung des Titels gedacht, dann wieder als karikaturistisches Zerrbild der Wirklichkeit, sind diese Cartoons für mich eine absolute 10/5! Schließlich gibt es nichts Ansprechenderes als leichtbekleideten Frauen in Zeichnungen zu verewigen, deren geistige Schöpfungshöhe ähnlich hoch liegt wie der Blutspiegel im Körper des Künstlers beim Erstellen des Werkes. Und außerdem sorgt diese Art der Covergestaltung dafür, dass ich weniger von den echten Interpret*innen sehen muss. Win – Win.